Reisen in Corona-Zeiten: Der Rekordflug einer Ente von Hessen nach Russland
2.250 Kilometer in nur zwei Tagen – Die oberste Jagdbehörde im Hessischen Umweltministerium fördert ein Forschungsprojekt zum Schutz von Stockenten an der Universität Gießen
Nr. 78 • 6. Mai 2020
Während Fernreisen für Menschen während der Corona-Einschränkungen zurzeit nicht möglich sind, lassen sich Tiere nicht davon abhalten, ihre jährlichen Zugwege zu verfolgen. So auch eine Stockente, die im Rahmen eines Forschungsprojekts der AG Wildtierforschung an der Klinik für Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) Mitte November des vergangenen Jahres mit einem GPS-Sender versehen wurde. Diese Daten zeigen nun einen Rekordflug der Ente nach Russland.
Der Wasservogel hatte den gesamten Winter zwischen Grünberg und Lich verbracht und sich die meiste Zeit im Naturschutzgebiet „Wirtswiesen bei Lich“ aufgehalten. Dort bieten die Kleingewässer und überfluteten Wiesen einen idealen Lebensraum für Wasservögel.
Anfang April blieben dann die regelmäßigen Datenlieferungen aus. Die Gießener Forscherinnen und Forscher befürchteten schon einen technischen Defekt an dem solarbetriebenen Sender. Umso überraschter war Arbeitsgruppenleiter Johannes Lang, als Anfang Mai ein großes Datenpaket ankam und die Aufenthalte des Vogels in den vergangenen Wochen verriet: Nach der Überwinterung in Hessen hatte sich die Ente nämlich auf den Weg in ihr Brutgebiet gemacht und das liegt im Norden Russlands.
Die Reisestrecke von den Wirtswiesen bei Lich zu einem See im Oblast Jaroslawl (ca. 300 Kilometer nördlich von Moskau) war insgesamt etwa 2.250 Kilometer lang und wurde von der Ente in nur zwei Tagen und drei Stunden zurückgelegt. Dabei flog die Ente während der Ostseequerung mit rekordverdächtigen 125 Kilometern pro Stunde. Ihre höchste Flughöhe erreichte sie mit 780 Metern bei der Überquerung des Harzes.
Das Projekt wird vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) aus Mitteln der Jagdabgabe gefördert. Es dient der Erforschung der Zugwege von Stockenten, die in den vergangenen Jahren immer seltener in Hessen überwintert haben. Unter anderem wollen die Gießener Wildbiologinnen und -biologen herausfinden, wie hoch im Winter der Anteil von Enten ist, die nicht in Hessen brüten, sondern nur hier überwintern. Die Ergebnisse sollen dazu dienen, die Nachhaltigkeit der jagdlichen Nutzung von Stockenten in Hessen sicherzustellen und wo nötig Schutzmaßnahmen einzuleiten.
- Kontakt
Johannes Lang
Klinik für Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische
Arbeitskreis Wildbiologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen e.V.
Telefon: 0641 99-37722
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