2. Förderphase (2012-2016): Fremde Gewalt – Grenzkriegergruppen im Binnenraum des europäischen Kriegstheaters im 17. und 18. Jahrhundert
Die Analyse von Gewaltpraktiken und -wahrnehmungen sowie die Rolle von Gewalt für Identität und Kohärenz von kriegerischen Gewaltgemeinschaften bilden für das Teilprojekt weiterhin den roten Faden. Im Mittelpunkt der beiden Arbeitsvorhaben stehen die „Kroaten“ im Dreißigjährigen Krieg sowie Kroaten und Panduren als Akteure des Kleinen Krieges im 18. Jahrhundert.
Waren in der ersten Förderperiode Söldner in der „klassischen Phase“ deseuropäischen Söldnertums im 16. und frühen 17. Jahrhundert Gegenstand der Analyse, so sollen in einer zweiten Phase Kriegergruppen, die von der europäischen Peripherie – konkret der habsburgisch-osmanischen Militärgrenze – rekrutiert wurden, zwischen Dreißigjährigem und Siebenjährigem Krieg thematisiert werden. Analysiert werden soll dabei, in welchem Maße hier differente Gewaltkulturen importiert wurden und wie sich die Wahrnehmung solcher „Gewaltgemeinschaften“ in den europäischen Kriegen der Frühen Neuzeit wandelte. Die Spannweite reicht dabei von Berichten einer spezifischen „barbarischen“ Grausamkeit, die die Kroaten im Dreißigjährigen Krieg ausgezeichnet habe, bis zu Momenten einer Faszination am „Exotischen“, die gerade von diesen Kriegergruppen im sich ausdifferenzierenden Kleinen Krieg des 18. Jahrhunderts ausging.
Die Analyse verknüpft dabei drei Gegenstandbereiche miteinander verknüpfen: 1) Die Rekonstruktion der Gewaltpraktiken der Gewaltgemeinschaften, 2) die Wahrnehmung der „fremden“ Gewaltgemeinschaften durch die „einheimische“ Zivilbevölkerung wie auch durch die militärischen Vorgesetzten der regulären Armeen, sowie 3) die Diskurse um die Genese einer als „europäisch“ deklarierten Gewaltkultur, die in Abgrenzung zu solchen alterierenden Gewaltkulturen konstruiert wurde.
Dissertationsprojekte:
Michael Weise, Kroatenjahre“ – Gewalthandeln und Gewaltwahrnehmung einer „fremden“ Kriegergruppe im Dreißigjährigen Krieg.
Philipp Batelka, Gewaltakteure im „Kleinen Krieg“ – Kroaten und Panduren in den Kabinettskriegen des 18. Jahrhunderts.
Publikationen:
Philipp Batelka, Michael Weise, Stephanie Zehnle (Hg.), Zwischen Tätern und Opfern. Gewaltbeziehungen und Gewaltgemeinschaften, Göttingen 2017.
Philipp Batelka, Michael Weise, Stephanie Zehnle, Einleitung, ebd. S. 9-21.
Philipp Batelka, „Kroaten und dergleichen Gesindel“. Grenzkrieger als Gewalttäter im Österreichischen Erbfolgekrieg, ebd. S. 107-126.
Michael Weise, Grausame Opfer? Kroatische Söldner und ihre unterschiedliche Rollen im Dreißigjährigen Krieg, ebd. S. 127-148.
Patricia Bobak, Horst Carl, Außer Rand und Band? Frühneuzeitliche Söldner als Gewaltgemeinschaften im niederländisch-spanischen Krieg , in: Winfried Speitkamp (Hg.), Gewaltgemeinschaften. Von der Antike bis ins 20. Jahrhunderts, Göttingen 2013, S. 163-183.
Horst Carl, Landfriedensbrecher und „Sicherheitskräfte“: Adlige Fehdeführer und Söldner im 16. Jahrhundert, in: in: Christoph Kampmann, Ulrich Niggemann (Hgg.), Sicherheit in der Frühen Neuzeit. Norm – Praxis – Repräsentation (Frühneuzeit-Impulse 2), Köln et al. 2013, S. 273-287.
Horst Carl, Exotische Gewaltgemeinschaften – Krieger von der europäischen Peripherie im 17. Jahrhundert, in: Philippe Rogger, Benjamin Hitz (Hgg.), Söldnerlandschaften. Frühneuzeitliche Gewaltmärkte im Vergleich (Zeitschrift für Historische Forschung Beih. 49), Berlin 2014, S. 157-180.
Horst Carl, Philipp Batelka, Michael Weise, Stefan Xenakis, Berufstätige Gewalttäter. Wie Söldnergewalt in der Frühen Neuzeit entfesselt und begrenzt wurde, in: Winfried Speitkamp (Hg.), Gewaltgemeinschaften in der Geschichte. Entstehung, Kohäsionskraft und Zerfall, Göttingen 2017, S. 83-100.