Matthias Schmidt, Hochschulprofessor
Was darf in keinem guten Leben fehlen?
Etwas auszulassen.
Im Film Being John Malkovich findet der Protagonist zufällig einen geheimen Eingang zum Kopf des Schauspielers John Malkovich. In wessen Kopf wären Sie gern mal für einen Tag?
Das finde ich eher gruselig. Ich möchte in gar keinen Kopf hinein. Den Kopf einer öffentlich nicht bekannten Person, deren Name nichts zur Sache tut, könnte ich vielleicht ertragen.
Was ist für Sie ein perfekter Tag?
Morgens ausgeschlafen mit Freude und Lust auf den Tag beginnen und abends in Dankbarkeit und ohne große Erschöpfung auf einen gefüllten Tag zurückblicken, um sich einem erholsamen Schlaf zu übergeben.
Wo/an welchen Orten findet man ein gutes oder besseres Leben?
Bei guten Freundinnen und Freunden
Was ist für Sie ein gutes Buch bzw. eine gute Lektüre?
Ein Buch, das ich zu Ende lese, ohne einen Absatz, da ich abgeschweift bin, zweimal zu lesen, ein Buch, bei dem ich im Erzählten versinke, aber mit den Gedanken dennoch nebenbei reise.
Was braucht es, damit Sie am Ende Ihres Lebens zurückblickend sagen können, dass es ein gutes Leben war?
Einen nicht zu großen Saldo auf den Konten der Engstirnigkeit und der Hartherzigkeit.
Wie muss jemand leben oder gelebt haben, damit Sie ihn als Vorbild eines guten Lebens akzeptieren?
Vorbilder werden individuell gewählt, ich könnte sie oder ihn folglich nur für mich akzeptieren, aber ich akzeptiere kein Vorbild, ich orientiere mich an Vorbildern und das zu großen Teilen unterbewusst. Personen aus meinem engeren Umfeld spielen dabei die größte Rolle, allerdings jeweils für Teilbereiche des Lebens.
Welche Rolle spielt Arbeit für ein gutes Leben?
Für diese ist sie die Droge, weil die Pause das Leben infrage stellt, für jene ist sie ein Hindernis, weil für ein gutes Leben große Teile an Müßiggang vorausgesetzt werden. Das hängt auch von der Arbeit ab. Die Zeit ganz ohne Arbeit zu füllen, ist nicht vielen vergönnt.
Am Ende von Rainer Maria Rilkes Sonett »Archaischer Torsos Apollos« heißt es: »Du mußt dein Leben ändern.« Welches Buch hat Sie aus welchen Gründen schon einmal auf den Gedanken gebracht, dass es eine gute Idee wäre, Ihr Leben zu ändern?
Eines frühes unter anderen: Torquato Tasso
Wenn Sie Ihren eigenen Grabstein, klassisch oder plurimedial, entwerfen sollten: Was sollte darauf zu stehen kommen?
Ein klassischer Stein, Vornamen und Nachname, sonst nichts, aber vermutlich wäre mir kein Stein lieber. Ich werde hier gewesen sein, wo der Name verhallen wird.
Der Tag der Pensionierung/Rente ist gekommen. Nennen Sie fünf Dinge, die Sie selbst gern noch in die Hand nähmen, um Ihr Leben schließlich als abgerundet betrachten zu können!
Möglicherweise würde ich noch etwas schreiben, etwas zu Ende führen, was ich zumindest im Kopf begonnen habe. Aber vielleicht würde ich auch die zehn Finger von mir strecken. Ich würde noch ein paar Menschen besuchen, noch einmal die Berge durchstreifen. Aber nichts davon rundet mein Leben ab. Es ist auch rund, wenn ich vor dem Ruhestand sterbe.
Wieviel Platz hat Leid in einem guten Leben?
Es hat bei den Starken mehr Platz, wenn das Leid wächst, und bei den Schwachen wenig Platz, wo es noch nicht richtig begonnen hat.
Wie müsste sich der Umgang mit der Zeit ändern, um Ihr Leben nachhaltig zu verbessern?
Die Freizeit mit mehr Aktivität füllen und intensiver erleben, das könnte aber schon ein Irrtum sein.
Wie viele und welche Freunde braucht man für ein gutes Leben?
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