Forschung
Die physikalischen Institute forschen auf den Gebieten Festkörperphysik und Materialwissenschaten (I. Physikalisches Institut, Institut für Angewandte Physik, Institut für theoretische Physik), subatomare Physik (II. Physikalisches Institut, Institut für theoretische Physik), Raumfahrt- und Plasmaphysik (I. Physikalisches Institut, II. Physikalisches Institut, Institut für Angewandte Physik, Institut für theoretische Physik) sowie physikbezogener Lehr- und Lernprozesse (Institut für Didaktik der Physik). Sie beteiligen sich an verschiedenen nationalen und internationalen Verbundforschungsvorhaben.
Festkörperphysik und Materialwissenschaften
Das Verständnis der physikalischen Eigenschaften kondensierter Materie trägt wesentlich hohen Lebensstandard und Wohlstand unserer Gesellschaft bei. Es bildet die Grundlage für viele Hochtechnologien, die uns unsere moderne Lebensweise ermöglichen, Bereiche wie Kommunikation und Digitalisierung prägen und in andere Bereiche wie Verkehr und Gesundheit ausstrahlen. Das detaillierte Verständnis mikroskopischer Mechanismen hinter makroskopischen Eigenschaften erlaubt die Entwicklung neuer Werkstoffe und Konzepte sowie deren innovative Anwendung, vorhersagekräftige Modelle können so implementiert werden und die Entwicklung von Technologien weiter vorantreiben.
Als Querschnittsdisziplin nutzt die Festkörperphysik experimentelle und theoretische Entwicklungen aus den unterschiedlichsten Teilgebieten der Physik. Dazu zählen beispielsweise die Nutzung von Röntgenstrahlen, Elektronen oder auch Neutronen für die Strukturanalyse. Optische Methoden adressieren typischerweise elektronische Zustände; je nach Spektral- bzw. Energiebereich können sie auch die Korrelationsdynamik unterschiedlicher Anregungen in Festkörpern aufzeigen.
Das Gießener Kompetenzspektrum deckt dabei die gesamte Wissens- und Prozesskette von der Materialsynthese über die strukturelle, elektronische Charakterisierung über die Herstellung mikro- und nanotechnologischer Bauteile bis hin zur Untersuchung der Physik fertiger Bauelemente ab. Modernste Messmethoden mit hohen räumlichen oder zeitlichen Auflösungen werden zur experimentellen Untersuchung der mikroskopischen Prozesse in Materie eingesetzt. Im Zusammenspiel mit mikroskopischen theoretischen Betrachtungen auf Basis aktueller festkörpertheoretischer Forschungsansätze können die mikroskopischen Prozesse im Festkörper aufgeklärt werden und Modelle mit Vorhersagekraft entwickelt werden. Die Forschungsthemen reichen von Optoelektronik (Laser, Solarzellen) über Materialien für Energiespeicher (Batterien) bis hin zur Sensorik und Umweltdiagnostik. Dieses breite Portfolio verbunden mit dem mikroskopischen Verständnis physikalischer Vorgänge eröffnet viele Anknüpfungspunkte an benachbarte Disziplinen aus den Natur- und Lebenswissenschaften.
Subatomare Physik
"Was die Welt im Innersten zusammenhält?", dies ist eine beliebte und zutreffende Überschrift für das Forschungsprogramm in der subatomaren Physik. Unsere Forschung ist darauf ausgerichtet die Struktur von Atomkernen und Nukleonen sowie die Dynamik von Quarks und Gluonen, den elementaren Bausteinen der Materie, aufzuklären. Diesen Fragestellungen gehen wir in internationaler Zusammenarbeit an auswärtigen Beschleunigeranlagen nicht nur in Deutschland (GSI, FAIR, DESY), sondern auch in der Schweiz (CERN), USA (JLAB), Japan (KEK) oder Kanada (TRIUMF) mit Großexperimenten nach und erforschen die vielen Facetten der starken Wechselwirkung über den gesamten Energiebereich von MeV bis TeV. Die Forschungsvorhaben werden gefördert von der BMBF Verbundforschung, der EU und der DFG. Eine enge Verzahnung von Experiment, Theorie und materialwissenschaftlichen Aspekten bringen hier das Verständnis des Aufbaus der Materie sowie technologische Anwendungen im Detektorbau voran. Insbesondere sind Forschungsprojekte im Rahmen der zukünftigen FAIR Anlage bei Darmstadt im Helmholtz International Center HIC for FAIR gebündelt.
Raumfahrt- und Plasmaphysik
Die Raumfahrt zählt zu den forschungs- und entwicklungsintensivsten Anwendungsfeldern unserer Zeit. Hier werden nicht nur spannende, „unbekannte Dimensionen“ entdeckt, sondern Materialien und Prozesse extremsten Bedingungen ausgesetzt. Zusammen mit der THM gibt es rund 15 Professuren, die wichtige Forschungsbeiträge zum Themenfeld „Raumfahrt“ leisten und das Studienprogramm Physik und Technologie für Raumfahrtanwendungen begleiten. Das Spektrum reicht von hocheffizienten Solarpaneelen zur Energiewandlung über Laser für Kommunikationssysteme bis zu elektrischen Raumfahrtantrieben - hier forscht die JLU Gießen seit mehr als 50 Jahren. Zusätzliche Forschungsgebiete in angrenzenden Technologien wurden sukzessive erschlossen. Dazu zählen insbesondere Grundlagen und Anwendungen der Plasmaphysik. Sie ist Grundlage und Kernbestandteil der Ionenstrahlantriebe, die hier erfunden wurden. Ionenstrahlen und Plasmen finden mittlerweile vielfältige Anwendungen von der Plasmamedizin über die Materialbearbeitung und die Beschichtungstechnik. Das tiefgehende Verständnis der zu Grunde liegenden physikalischen Effekte erlaubt die weitergehende Innovationen dieser Zukunftstechnologie.
Physikdidaktik
Ein zentrales Anliegen der Forschung in der Physikdidaktik ist es, Prozesse des fachbezogenen Kompetenzaufbaus von Schüler*innen theoretisch zu modellieren und empirisch zu untersuchen. Der Fokus liegt dabei nicht nur auf dem Verständnis und die Nutzung von fachinhaltlichen Konzepten, sondern bezieht auch fachmethodische Denk- und Arbeitsweisen, z. B. das Experimentieren und Argumentieren sowie Erlebensprozesse mit ein. Neben Tests und Befragungen werden Videoaufzeichnungen von Lernsituationen genutzt, die mit unterschiedlichen Verfahren ausgewertet werden. Einen weiteren Fokus der Arbeit am Institut bildet die Untersuchung des Aufbaus von fachdidaktischen Kompetenzen, z. B. der Diagnostik, Förderung und Reflexion, bei (angehenden) Lehrkräften im Rahmen von Lehr- und Fortbildungsangeboten. Die theoretischen Annahmen und empirischen Befundlagen liefern Ansatzpunkte für die Strukturierung von Lernmaterialien und fließen in die Ausgestaltung der universitären Lehre ein.