Heike, 49, Diplom-Kauffrau
Was darf in keinem guten Leben fehlen?
Zufriedenheit, Gemeinschaft, Familie und Freunde, Güte, Gelassenheit.
Im Film Being John Malkovich findet der Protagonist zufällig einen geheimen Eingang zum Kopf des Schauspielers John Malkovich. In wessen Kopf wären Sie gern mal für einen Tag?
Im Kopf eines Menschen, der eine ganz andere Einstellung/ Meinung zu vielen Dingen hat. Um meine Perspektive zu erweitern.
Was ist für Sie ein perfekter Tag?
Wenn ich Zeit mit Familie und/oder Freunden verbringen kann, Zeit für mich selbst habe und Erfahrungen mit all meinen Sinnen machen kann (Wind auf der Haut spüren, raschelnden Bäumen zuhören, Sonnenaufgang ansehen, Kaffeeduft riechen…)
Wo/an welchen Orten findet man ein gutes oder besseres Leben?
In sich selbst. Es hängt wenig von äußeren Umständen ab.
Was ist für Sie ein gutes Buch bzw. eine gute Lektüre?
Wenn es mich berührt. Wenn es mich überrascht. Wenn es mir neue Perspektiven vermittelt.
Was braucht es, damit Sie am Ende Ihres Lebens zurückblickend sagen können, dass es ein gutes Leben war?
Wenn ich am Ende meines Lebens von liebevollen Menschen umgeben bin, bei denen ich mich geborgen fühle, war es ein gutes Leben. Es kommt am Ende auf die menschlichen Beziehungen an, nicht auf Erfolg, Macht, Geld, Einfluss.
Wie muss jemand leben oder gelebt haben, damit Sie ihn als Vorbild eines guten Lebens akzeptieren?
Die Person sollte ausstrahlen, dass sie mit sich und ihrem Handeln im Reinen ist; dass sie der Welt nicht schaden, vielmehr nutzen will. Aber im Grunde orientiere ich mich wenig an Vorbildern. Jeder Mensch kann auf seine eigene, ganz individuelle Art gut leben, da gibt es keine »Blaupause«.
Welche Rolle spielt Arbeit für ein gutes Leben?
Man verbringt recht viel Zeit auf der Arbeit, von daher sollte diese Zeit zumindest nicht negativ auf das Konto des guten Lebens einzahlen. Darüber hinaus halte ich verschiedene Sichtweisen für plausibel: dass Arbeit der Broterwerb ist, der das Leben finanziert, oder dass die Arbeit einen wesentlichen Baustein zur Erfüllung beisteuert.
Am Ende von Rainer Maria Rilkes Sonett »Archaischer Torsos Apollos« heißt es: »Du mußt dein Leben ändern.« Welches Buch hat Sie aus welchen Gründen schon einmal auf den Gedanken gebracht, dass es eine gute Idee wäre, Ihr Leben zu ändern?
»50 Sätze die Ihr Leben leichter machen« von Karin Kuschik enthält gute Anregungen, wie man im Umgang mit anderen Menschen mehr Klarheit, Abgrenzung und Wertschätzung reinbringt. »Finde den Job, der dich glücklich macht« von Angelika Gulder ist interessant, wenn man sich beruflich umorientieren möchte (besser noch, man liest es direkt vor der ersten Berufswahl) Das Gesamtwerk »Calvin und Hobbes« von Bill Watterson ist nicht einfach ein Comicstrip für Kinder. Gerade der Charakter »Hobbes« liefert sehr viele Denkanstöße, um etablierte Denk- und Verhaltensweisen zu hinterfragen.
Wenn Sie Ihren eigenen Grabstein, klassisch oder plurimedial, entwerfen sollten: Was sollte darauf zu stehen kommen?
Bezüglich des Grabsteins wäre ich klassisch mit Name und Daten unterwegs. Mehr Freiheitsgrade sehe ich bei der Todesanzeige. In dieser würde ich mir eine Würdigung meines Lebens wünschen, insbesondere bezüglich der Frage, wie meine Angehörigen mich wahrgenommen haben und welche Eigenschaften sie an mir schätzten. Ich mag es, wenn ich berührende Todesanzeigen lese, in denen die Liebe und Wertschätzung einer Familie deutlich zum Ausdruck kommt.
Der Tag der Pensionierung/Rente ist gekommen. Nennen Sie fünf Dinge, die Sie selbst gern noch in die Hand nähmen, um Ihr Leben schließlich als abgerundet betrachten zu können!
Am Leben der Kinder und etwaiger Enkelkinder teilhaben; ein Studium des 3. Lebensalters an einer Uni aufnehmen, um mich (im Gegensatz zum Berufsleben) endlich wieder vielseitiger weiterzubilden; ehrenamtliches Engagement; (mehr fällt mir nicht ein)
Wieviel Platz hat Leid in einem guten Leben?
Es gehört dazu. Man muss das Leben nehmen, wie es kommt.
Wie müsste sich der Umgang mit der Zeit ändern, um Ihr Leben nachhaltig zu verbessern?
Für mich persönlich: Weniger Medienzeiten. Strukturierterer Tagesablauf mit Morgen- und Abendroutinen. Gesellschaftlich/ beruflich: weniger Zeitdruck, weniger Effizienzstreben. »Momo« ist diesbezüglich sehr lesenswert.
Wie viele und welche Freunde braucht man für ein gutes Leben?
Wenige, dafür gute, mit denen ich auch tiefgründige Gespräche führen kann.