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Lena Saal, 37, wissenschaftliche Mitarbeiterin

Was darf in keinem guten Leben fehlen?

Verbundenheit mit anderen Menschen, Verantwortung und, ganz wichtig: Sicherheit für Leib und Leben, das heißt, materielle Sicherheit, politische Freiheit, ein Umfeld der sozialen Sicherheit und Gerechtigkeit (»es gibt kein richtiges Leben im falschen«)

Im Film Being John Malkovich findet der Protagonist zufällig einen geheimen Eingang zum Kopf des Schauspielers John Malkovich. In wessen Kopf wären Sie gern mal für einen Tag?

Im Kopf meines verstorbenen Großvaters. Täglicher Umgang mit ihm, aber doch so wenig verstanden und gekannt...

 Was ist für Sie ein perfekter Tag?

Jeder Tag, den ich mit meinem Mann verbringen kann und an dem wir beide bei guter Gesundheit und mit einem Gefühl der Sicherheit gelassen und heiter sind.

Wo/an welchen Orten findet man ein gutes oder besseres Leben?

An jedem Ort, der politische Freiheit, Gerechtigkeit und materielle Sicherheit bietet, lässt sich ein gutes Leben gestalten.

Eine ganz andere Frage ist, wo es einem gut gefällt... Sonne oder Schnee, Stadt oder Land, Europa oder

 Was ist für Sie ein gutes Buch bzw. eine gute Lektüre?

Das kann ich nicht so linear beantworten. Ich denke ganz besonders gerne an Romane zurück, in denen ich verschwinden konnte und für einige Stunden nicht mehr in dieser Welt war (Eskapismus im positiven Sinne!) und die ein Gefühl des Verwaistseins und Trauer zurücklassen, wenn man an ein Ende kommt (Krieg und Frieden ist ein Beispiel). Aber das bedeutet nicht, dass ich die Lektüre von Kurzgeschichten, Poesie, Fachliteratur als weniger wichtig und genußvoll betrachte: Rita Felskis »The Limits of Critique« und Edward Saids »Culture and Imperialism« ermöglichten ein ähnliches »Eintauchen«, und wenn man wieder auftaucht, ist der Blick verändert und man hat viel dazugelernt...

Was braucht es, damit Sie am Ende Ihres Lebens zurückblickend sagen können, dass es ein gutes Leben war?

Oh, fragen Sie mich, wenn's soweit ist -- hoffentlich sind es noch die 46 Jahre, auf die ich laut durchschnittlicher Lebenserwartung hoffen kann. Hab schon öfter im familiären Umfeld miterlebt, wie sich die Perspektive nochmal ändert... Manchmal überraschend, was in den letzten Wochen noch passieren kann.

Wie muss jemand leben oder gelebt haben, damit Sie ihn als Vorbild eines guten Lebens akzeptieren?


Welche Rolle spielt Arbeit für ein gutes Leben?


Am Ende von Rainer Maria Rilkes Sonett »Archaischer Torsos Apollos« heißt es: »Du mußt dein Leben ändern.« Welches Buch hat Sie aus welchen Gründen schon einmal auf den Gedanken gebracht, dass es eine gute Idee wäre, Ihr Leben zu ändern?

Darüber muss ich nachdenken. Mir fällt kein einzelnes Buch ein, das richtungsweisend ist, ich würde eher sagen: viele Texte, vielleicht sogar die Gesamtheit der Lektüre in meinem bisherigen Leben, prägen mich.

Wenn Sie Ihren eigenen Grabstein, klassisch oder plurimedial, entwerfen sollten: Was sollte darauf zu stehen kommen?

Eine Stele mit Namen und Lebensdaten wäre schön. Am besten so einen Stein wählen, an dem sich der Grünspan nicht so anheftet.

Und ein Rasengrab, damit niemand extra zum Gießen kommen muss.

 Der Tag der Pensionierung/Rente ist gekommen. Nennen Sie fünf Dinge, die Sie selbst gern noch in die Hand nähmen, um Ihr Leben schließlich als abgerundet betrachten zu können!

Mit 67 oder 70 wird die Rente vermutlich folgen. Nun... vielleicht bin ich noch körperlich und geistig fit genug, um mich weiter in meinem Beruf zu engagieren, das wäre schön.

 Wieviel Platz hat Leid in einem guten Leben?

Was soll man sagen, es gehört dazu. Bzw. man kann es ja nicht verhindern. Leider ist es nicht gerecht verteilt, und eine leidvolle Erfahrung, Verlust, Krankheit, etc. hat oft noch weiteren Schmerz im Gepäck. Man kann an leidvollen Erfahrungen reifen, natürlich, aber ich mißtraue dem Gedanken, dass es »den Blick auf's Wesentliche« lenkt, das ist Blödsinn.

 Wie müsste sich der Umgang mit der Zeit ändern, um Ihr Leben nachhaltig zu verbessern?

Weniger verdichten!!!

Mehr »Leerlauf« (der ja gar nicht leer ist)

Wie viele und welche Freunde braucht man für ein gutes Leben?

Mindestens einen.