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Tagungsbericht
Das CEFR Companion Volume: Neue Konzepte, Kompetenzen, Skalen?
Tagung des Forschungsverbundes Educational Linguistics 08. November 2019, Justus-Liebig-Universität Gießen
Am 08. November 2019 lud der Forschungsverbund Educational Linguistics der Justus-Liebig-Universität Gießen zu einer Tagung zu dem Begleitband zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (Companion Volume to the Common European Framework of Reference for Languages; kurz: CV) ein. Die Veranstaltung organisierten und moderierten Frau Prof. Dr. Eva Burwitz-Melzer (JLU Gießen) und Frau Prof. Dr. Hélène Martinez (JLU Gießen). Entsprechend des interdisziplinären Netzwerkgedankens des Forschungsverbundes treten regelmäßig die Mitglieder aller Philologischen Fächer des Fachbereichs 5 zu Tagungen, Vorträgen und Workshops zusammen. Der Einladung zu der kostenfreien Tagung folgten insgesamt rund 60 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz Deutschland.
Die Tagung wurde von Frau Prof. Dr. Eva Burwitz-Melzer eröffnet. Sie ging kurz auf die Entstehungsgeschichte des CEFR CV (2018) ein und betonte, das CV sei von den europäischen Fremdsprachendidaktikern erwartet worden, da der CEFR (2001) trotz aller Verdienste doch auch einige Schwächen und Lücken aufweise. Sie verdeutlichte die Zielsetzung der Tagung, die darin bestünde, das Ende 2018 erschienene Companion Volume aus den Perspektiven verschiedener Fachdisziplinen zu betrachten. Dementsprechend stammten die eingeladenen Redner und Rednerinnen aus der Fachdidaktik der Anglistik und der Romanistik sowie dem Bereich DaF/DaZ: Dr. Brian North (Eurocentre Foundation Zürich), Prof. Dr. Claudia Riemer (Universität Bielefeld), Prof. Dr. Daniela Caspari (Freie Universität Berlin) und Prof. Dr. Eva Wilden (Universität Duisburg Essen).
Im Folgenden sollen einige Eckpunkte der Vorträge dargestellt werden:
Dr. Brian North (Eurocentre Foundation Zürich)
Als Mitglied der Autorengruppe des Europarates gab Herr Dr. North zu Beginn einen Überblick über die Gesamtkonzeption des CV mit besonderem Schwerpunkt auf der Mediation. Er stellte den Entstehungsprozess des neuen Dokumentes sowie die Erstellung und umfassende Validierung der Deskriptorenskalen vor. In Verbindung mit dem grundlegend neugestalteten Mediationskonzept hob er hervor, dass bei der Sprachverwendung allgemeine Kompetenzen nicht mehr von Sprachkompetenzen zu trennen seien und in einem zeitgemäßen aufgabenorientierten Unterricht integriert gefördert werden sollten. Dr. North wies auf die Notwendigkeit hin, die Skalen nicht nur isoliert zu betrachten, sondern miteinander zu kombinieren. Er betonte, das CV sei – wie auch der CEFR – „a reference work, not a standard to be applied“. Dementsprechend seien die Nutzenden aufgerufen, in ihren jeweiligen Domänen Umsetzungsmöglichkeiten der Konzepte zu finden.
Prof. Dr. Claudia Riemer (Universität Bielefeld)
Frau Prof. Dr. Claudia Riemer beschäftigte sich in ihrem kritischen Vortrag mit dem CV aus der Sicht von DaF und DaZ. Als besonders löblich hob sie die Neuerung des CV hervor, Deskriptoren unterhalb des A1-Niveaus einzuführen (Pre-A1), die für den Bereich DaF und DaZ von besonderer Wichtigkeit seien. Dies läge unter anderem darin begründet, dass Deutschland bisher den Nachweis von Deutschkenntnissen auf Niveau A1 bei Fragen der Migration einfordere. Dies sei für viele nicht erreichbar, da besonders das Anfängerniveau schwierig zu erreichen sei. Mit den neuen Pre-A1-Skalen sieht sie die Möglichkeit, diese Hürde zu senken. Zugleich bedauerte sie, dass Pre-A1-Skalen nicht für alle Bereiche des CV bereitgestellt würden; hier konstatiert sie Nachbesserungspotential.
Prof. Dr. Daniela Caspari (Freie Universität Berlin)
Frau Prof. Dr. Daniela Caspari stellte das hochkomplexe Konstrukt der Mediation des CV vor, das neben der Mediation von Texten auch die Mediation von Kommunikation und Konzepten sowie zugehörige Strategien umfasst. Diese Auslegungen brachte sie anschließend in einen kritischen Abgleich mit der momentanen Konzeption der Sprachmittlung in Deutschland. Sie vertrat die Ansicht, dass das Konzept der Mediation im CV insgesamt zu weit gefasst sei. Im Anschluss an ihren Vortrag wurde in diesem Zusammenhang unter anderem die Frage diskutiert, welche Auswirkungen diese Neukonzeption auf den Fremdsprachenunterricht haben könnte.
Prof. Dr. Eva Wilden (Universität Duisburg Essen)
Frau Prof. Dr. Eva Wilden beschäftigte sich in ihrem Vortrag mit dem Konzept der Digitalisierung in dem CV. Sie merkte an, dass das Wort digital als Begriff lediglich zwei Mal im gesamten Dokument auftauche, was auf eine Marginalisierung dieser Aspekte hindeute. Zudem sehe sie einen begrenzten Mehrwert der Skalen zu Online interaction. Sie argumentierte, der Begriff „online“ in den Skalen biete kaum einen Mehrwert, da die verlangten Könnensbeschreibungen auch für „offline“ Interaktionen gölten. Abschließend plädierte sie dafür, im Bereich der Digitalisierung die im CV vorgestellten Deskriptoren und Skalen mit weiteren fachdidaktischen Modellen zu verknüpfen.
Insgesamt ergaben sich nach den Vorträgen kritische Diskussionen des engagierten Publikums, die auch während der Kaffeepausen und während des gemeinsamen Mittagessens weitergeführt wurden. Mehrfach wurde darauf hingewiesen, die Fachdiskussion intensiv und kritisch zu führen, nicht zuletzt, um einem zum Teil festgestellten fehlerhaften Gebrauch der Skalen etwa durch Politik und Materialentwicklung entgegenzuwirken, der bei dem GeR zu erkennen war. Als Beispiel wurde etwa die Nutzung der Globalskala in der Migrations- und Integrationspolitik genannt.
Die Veranstalterinnen, Frau Prof. Dr. Eva Burwitz-Melzer und Frau Prof. Dr. Hélène Martinez, möchten sich abschließend herzlich bei allen Vortragenden, Anwesenden und Organisatorinnen und Organisatoren für die gelungene Tagung bedanken.
Leonhard Krombach und Jan Simon Schäfer