Ausstellung zu Doktorgradentziehungen an der JLU
Die Ausstellung „... ein sehr lebhaftes Vielerlei“ im Rektorenzimmer der JLU Gießen erinnert vom 15. April bis zum 17. Juni an den Theatermann und Schriftsteller Dr. Rudolf Frank, dessen rechtmäßig erworbener Doktortitel in der Zeit des Nationalsozialismus durch die Universität Gießen aberkannt wurde. Er steht damit in einer Reihe von 49 Wissenschaftlern, die erst 2006 vollständig öffentlich rehabilitiert wurden.
An der Universität Gießen sind - bei lückenhafter Aktenlage - 51 Verfahren zur Entziehung des Doktorgrads seit 1935 nachweisbar. Hiervon waren vor allem jüdische Promovierte betroffen. Wegen Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit beziehungsweise wegen der Einleitung von Ausbürgerungsverfahren wurden in 35 Fällen Entziehungen ausgesprochen, in einem weiteren Fall wurde das Promotionsverfahren eingestellt. In 16 Fällen wurde der Doktorgrad unter Verweis auf andere Gründe der „Unwürdigkeit“ entzogen und in einem Fall wurde das Doktordiplom verweigert. Unter diesen Fällen befinden sich vier, die nach heutigem Kenntnisstand nicht abschließend beurteilt werden können. Ihre Namen werden deshalb hier nicht genannt.
Der Senat der Universität Gießen hat die Doktorgrad-Entziehungen bereits im Jahr 1967 für nichtig erklärt. Dieser Beschluss wurde damals weder der Öffentlichkeit noch den Betroffenen mitgeteilt. Eine Rehabilitierung fand nicht statt und wurde erst 2006 öffentlich vorgenommen, indem in den nachfolgenden Fällen die Entziehung für nichtig erklärt und in zwei Fällen posthum der Doktorgrad verliehen wurde:
Dr. Albert Aaron
Dr. Erich Alexander
Dr. Richard Aninger
Dr. Max Baumgart
Dr. Karl Becht (posthum)
Dr. Fritz Bernius
Dr. Gustav Birkman (posthum)
Dr. Felix Cahn
Dr. Karl Dahl
Dr. Alfred Dang
Dr. Hans Ebeling
Dr. Ludwig Ehrmann
Dr. Walter Eisen
Dr. Theodor Engel
Dr. Erich Escher
Dr. Walter Fabian
Dr. Heinrich Flachsbart
Dr. Rudolf Frank
Dr. Eugen Gottschalk
Dr. Walter von Hahn
Dr. Heinrich Hanau
Dr. Leo Hirschland
Dr. Hermann Holzer
Dr. Wilhelm Hopmann
Dr. Ernst Israel
Dr. Werner Joseph
Prof. Dr. Ernst Paul Kahle
Dr. Max Katten
Dr. Moritz Katz
Dr. Theodor Keller
Dr. Siegfried Klein
Dr. Hans Marcuse
Dr. Ferdinand Meyer
Dr. Ernst Morgenroth
Dr. Walter Oppenheimer
Dr. Joachim Prinz
Dr. Friedrich Quack
Dr. Felix Röttgen
Dr. Paul Rosenbaum
Dr. Walter Schirren
Dr. Johannes Schneider
Dr. Joseph Straeter
Dr. Hugo Strauss
Dr. Frieda Vogel
Dr. Franz Wasiak
Dr. Julius Weinberg
Dr. Gustav Wendel
Dr. Walter Zabolitzky
(Aus der offiziellen Stellungnahme der Justus-Liebig-Universität Gießen. Im gesamten Wortlaut nachzulesen in UNI-FORUM Nr. 1 / 16. Februar 2006)
Das Präsidium der JLU hat sich entschlossen mit einer künstlerischen Intervention an dieses historische Unrecht zu erinnern und die betroffenen Personen zu würdigen. Für den Zeitraum von zwei Wochen (26. Mai bis 9. Juni 2011) wird in Form einer „visuellen Schweigeminute“ ihr eigener Doktortitel innerhalb der schriftlichen und elektronischen Korrespondenz verdeckt.
Ziel ist es dabei, den Leser stolpern zu lassen - durch eine ungewohnte Leerstelle im Alltag, Raum zum Nachdenken, Erinnern und Gedenken zu geben. Die direkte Verbindung der Universität zu ihrer eigenen Geschichte, als Ort von lebendiger Wissenschaft und dem Dialog der mit ihr in Verbindung stehenden Menschen wird darin betont.
Besonderer Dank für die Durchführung gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung der JLU.
Konzept und Realisation: Oliver Behnecke und Christian Grammel
Wissenschaftliche Beratung: Dr. Eva-Marie Felschow
Weitere Informationen zur Ausstellung "...ein sehr lebhaftes Vielerlei" finden Sie hier.