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Salzige Böden – toxische Bakterien

Studie von Forschenden aus Gießen und Köln liefert Erkenntnisse für die Pflanzengesundheit in Zeiten des Klimawandels

Nr. 90 • 4. Juni 2024 

Sammlung von Wurzel-assoziierten Bakterien in Kultur. Foto: Stéphane Hacquard
Sammlung von Wurzel-assoziierten Bakterien in Kultur. Foto: Stéphane Hacquard

Salzige Böden können dazu führen, dass Bakterien für Pflanzen toxisch wirken. Für diesen Effekt ist ein einziges bakterielles Stoffwechselprodukt verantwortlich, wie Forschende des Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und angewandte Oekologie, des Max-Planck-Instituts für Pflanzenzüchtungsforschung und der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) in einer Studie gezeigt haben. Sie liefern damit wichtige Erkenntnisse für die Landwirtschaft und die Pflanzengesundheit in Zeiten des Klimawandels.

Der Klimawandel und insbesondere die steigenden Temperaturen werden das Pflanzenwachstum zunehmend belasten und Auswirkungen auf die Pflanzenproduktion haben. Eine unmittelbare Folge steigender Temperaturen ist ein erhöhter Wasserbedarf für die Pflanzen auf den Feldern. Mehr Bewässerung führt jedoch zu höheren Salzgehalten im Boden, da sich die im Wasser enthaltenen Nährsalze in den landwirtschaftlichen Böden anreichern. Darüber hinaus beeinflusst der Klimawandel die Pflanzengesundheit, indem er sich auf die Lebensgemeinschaften zahlreicher Mikroorganismen auswirkt, die mit den Pflanzen in enger Verbindung leben. Sie machen die Pflanzen widerstandsfähiger gegen krankheitserregende Bakterien, weshalb Pflanzen auch mit bestimmten Bakteriengemeinschaften als Probiotika beimpft werden. 

„Es ist wichtig, dass wir mehr darüber lernen, wie die von Mikroben produzierten Naturstoffe die Pflanzenphysiologie beeinflussen“, sagt Prof. Dr. Till Schäberle, Professur für Naturstoffforschung im Institut für Insektenbiotechnologie der JLU sowie Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie, der an der Studie beteiligt war. „Dies ermöglicht es uns, wirksame Biologika für den Pflanzenschutz zu entwickeln.“

Einen wichtigen Schritt hierzu haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun getan. Frühere Untersuchungen hatten ergeben, dass Salzstress die bakterielle Infektion von Pflanzen erleichtern kann. Die Forschenden konnten auch in ihrer aktuellen Studie zeigen, dass Salz das Pflanzenwachstum in Gegenwart des Bakteriums Pseudomonas brassicacearum R401 negativ beeinflusste. P. brassicacearum R401 ist ein gramnegatives Bakterium, das im Boden vorkommt und ein dominantes Mitglied der Pflanzenmikrobiota ist. Häufig werden Bakterien für Pflanzen virulent, in dem sie krankheitsverursachende Proteine direkt in das Zytoplasma der Wirtszelle injizieren, ihren pflanzlichen Wirt überwuchern oder dessen Immunreaktion dämpfen. Dies alles war beim Stamm R401 nicht der Fall. Die Forschenden kamen hier einem ungewöhnlichen Mechanismus auf die Spur: Sie identifizierten einen phytotoxischen Metaboliten, den sie Brassicapeptin nannten und konnten zeigen, dass allein dieses Molekül in Verbindung mit einem hohen Salzgehalt ausreicht, um Pflanzenkrankheiten zu verursachen.

Auch den Wirkmechanismus hat das Forschungsteam aufgeklärt: Das Molekül Brassicapeptin ist durch seine Struktur in der Lage, Poren in Membranen zu bilden. „Dies könnte erklären, warum die Toxizität des Moleküls erst bei Salzstress für die Pflanzen sichtbar wird“, erläutert Prof. Schäberle. Brassicapeptin war nicht nur für im Fokus der Untersuchungen stehende Ackerschmalwand toxisch, sondern auch für Tomatenpflanzen, die unter Salzstress leiden, sowie für andere Mikroorganismen.

„Es ist bemerkenswert, dass ein einziges bakterielles Molekül gleichzeitig Pflanzen für osmotischen Stress sensibilisieren, die bakterielle Fähigkeit zur Besiedlung von Wurzeln fördern und das Wachstum von konkurrierenden Bakterien und Pilzen behindern kann“, so Mit-Autor Stéphane Hacquard vom Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln. 

 

  • Publikation

Getzke, F., Wang, L., Chesneau, G. et al. Physiochemical interaction between osmotic stress and a bacterial exometabolite promotes plant disease. Nat Commun 15, 4438 (2024). https://doi.org/10.1038/s41467-024-48517-5

 

  • Kontakt

Prof. Dr. Till Schäberle
Institut für Insektenbiotechnologie der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU)
Naturstoffforschung 
Telefon: 0641 99-37140
E-Mail: Till.F.Schaeberle

 

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