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„Spurensuche Gartenschläfer“ hinterlässt internationalen Fußabdruck

Erfolgreicher Projektabschluss in Frankfurt – Auftakt zur Internationalen Schlafmauskonferenz in Wetzlar

Nr. 131 • 2. September 2024
Gemeinsame Pressemitteilung von BUND, Justus-Liebig-Universität Gießen, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

Die „Spurensuche Gartenschläfer“ wurde nach sechs Jahren beendet. Foto: Jiří Bohdal
Die „Spurensuche Gartenschläfer“ wurde nach sechs Jahren beendet. Foto: Jiří Bohdal

Sechs Jahre lang hat ein Team aus Wissenschaft und Naturschutz das Verschwinden des Gartenschläfers untersucht und auf Grundlage ihrer Erkenntnisse Maßnahmen zum Schutz des kleinen Bilchs erarbeitet. In dieser Zeit haben tausende Menschen einen Beitrag zur „Spurensuche Gartenschläfer“ geleistet und damit das erfolgreiche Citizen-Science-Projekt , das im Bundesprogramm Biologische Vielfalt gefördert wurde, ermöglicht. Das erfolgreiche Artenschutzprojekt erhielt am Montag im Rahmen einer Wissenschaftstagung in Frankfurt zum Auftakt der Internationalen Schlafmauskonferenz einen würdigen Abschluss. 

Ein großer Teil der ursprünglich in ganz Mittel- und Osteuropa heimischen kleinen Schlafmäuse (auch Bilche genannt) lebt heute in Deutschland. Damit tragen wir eine besondere Verantwortung für die Tierart. Doch auch hierzulande werden zum Teil drastische Bestandsrückgänge gemeldet: Die „Spurensuche Gartenschläfer“ musste auch für Deutschland Rückgänge der Art feststellen, vor allem in den Wäldern der Mittelgebirge. Die Ursachen sind vielfältig. Unter anderem der Verlust von Strukturen in seinen Lebensräumen und der Einsatz von Pestiziden wie Insekten- oder Nagergifte setzen dem Gartenschläfer stark zu. 

Auf der Suche nach den Ursachen haben der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (SGN) und die Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) zahlreiche Menschen zur Mithilfe gewinnen können. Die Freiwilligen übernahmen den Einsatz von Spurtunneln, die Kontrolle von Nistkästen und Wildtierkameras sowie die Überwachung von speziellen Geräten zur Dauerbeobachtung von Gartenschläfern. Direkt zu Projektbeginn wurde außerdem eine Meldestelle eingerichtet (meldestelle.gartenschlaefer.de), bei der die Bevölkerung seitdem Sichtungen des Bilches melden kann. Im Juli 2024 erreichte das Team über diese Meldestelle die zehntausendste Gartenschläfermeldung. 

„Die vielen freiwilligen Helfer haben maßgeblich zum Gelingen des Projekts beigetragen. Der Erfolg der Meldestelle hat beispielsweise alle Erwartungen übertroffen. Vor sechs Jahren war über den Rückgang der Art noch nicht viel bekannt. Heute haben wir aufbauend auf den Erkenntnissen wirkungsvolle Schutzmaßnahmen erarbeitetet und umgesetzt, die eine Grundlage bilden, um das Wildtier des Jahres 2023 vor dem weiteren Rückgang zu retten“, stimmen BUND, Senckenberg Gesellschaft und Justus-Liebig-Universität überein. 

Dass die „Spurensuche Gartenschläfer“ weite Kreise zieht, zeigt sich auch darin, dass die Internationale Schlafmauskonferenz diese Woche vom 2. bis zum 6. September bereits zum dritten Mal in Deutschland stattfindet. Das Event startete am Montag mit der Tagung „So kann Artenschutz gelingen?!“ im Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt. Diese Tagung markierte nicht nur den Auftakt der Konferenz, sondern gleichzeitig auch das Ende des sechsjährigen Projekts „Spurensuche Gartenschläfer“. 

Auch JLU-Präsidentin Prof. Dr. Katharina Lorenz hielt ein Grußwort bei der Eröffnungsveranstaltung und zeigte sich beeindruckt davon, dass auch die Studierenden der JLU im Rahmen der forschungsorientierten Lehre aktiv eingebunden wurden: „Das freut mich sehr, denn das fördert zum einen ihre wissenschaftliche Ausbildung und trägt auf der anderen Seite auch maßgeblich zur Breitenwirkung der Projekterkenntnisse bei“, betonte sie. 

Projektleiter Dr. Johannes Lang (AG Wildtierforschung der JLU-Klinik für Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische) erinnerte an die gelungene Kooperation mit Senckenberg und dem BUND: „Gerade der Citizen-Science-Aspekt wurde von den Partnern vorbildlich umgesetzt“, betonte er. „Dass es gelungen ist, so viele Menschen zum Mitmachen zu motivieren, hat mich als Wissenschaftler tief beeindruckt. Alle Projektbeteiligten haben in dieser Zeit viel voneinander lernen können.“

Zu den Höhepunkten der Auftakttagung zählten die Grußworte der Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz, Sabine Riewenherm, und der Vortrag der Biodiversitätsexpertin Dr. Frauke Fischer. Das Publikum erhielt die Möglichkeit, gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Naturschutz notwendige Schritte zum Erhalt der Biodiversität zu diskutieren. In der kommenden Woche werden sich über 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Europa und Asien zu ihren Erfahrungen zum Schutz der Schlafmäuse austauschen. Das Interesse an den deutschen Erfahrungen zum Gartenschläfer ist dabei besonders groß.

Internationale Schlafmauskonferenz vom 3. bis 6. September in Wetzlar

Im Rahmen der anschließenden 12. Internationalen Schlafmauskonferenz (International Dormouse Conference, IDC) in der Naturschutzakademie des Hessischen Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) in Wetzlar tauschen sich vom 3. bis zum 6. September 2024 über 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Europa und Japan über ihre Erfahrungen zum Schutz der Schlafmäuse aus. Das Interesse an den deutschen Erfahrungen zum Gartenschläfer ist dabei ein zentrales Thema. 

Die IDC bringt alle drei Jahre weltweit führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zusammen, um neueste Forschungsergebnisse und Ideen zur Paläontologie, Genetik, Physiologie, Verhalten, Morphologie und Ökologie der Schlafmausarten auszutauschen und Strategien zu ihrem Schutz zu diskutieren. Ausgerichtet wird die Konferenz in diesem Jahr von der JLU, dem Senckenberg Forschungsinstitut, dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. sowie der Naturschutzakademie Hessen als Austragungsort.

Im Projekt „Spurensuche Gartenschläfer“ untersuchte der BUND gemeinsam mit der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung zwischen 2018 und 2024 das Verschwinden des Gartenschläfers und entwickelte Schutzmaßnahmen, um ihm zu helfen. Das Projekt „Spurensuche Gartenschläfer“ wurde im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert.

Und schon jetzt steht fest: Der kleine Bilch mit der charakteristischen schwarzen Zorro-Augenbinde wird auch weiterhin ein Superhelden-Team im Rücken haben, das ihm durch schwere Zeiten hilft. Auch wenn das Projekt „Spurensuche Gartenschläfer“ beendet ist, wird es beispielsweise weiterhin die Möglichkeit geben, Sichtungen über meldestelle.gartenschlaefer.de anzugeben. „Wir haben unsere Projektziele erreicht und darüber hinaus eine tolle Grundlage für weitere Artenschutz-Projekte geschaffen“, freut sich der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt. Der BUND wird seinen Einsatz für den Gartenschläfer fortsetzen.

 

  • Weitere Informationen

www.dormouseconference.net – Konferenz-Webseite
www.meldestelle.gartenschlaefer.de 

  • Kontakt

Dr. Johannes Lang 
AG Wildtierforschung in der Klinik für Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische der JLU
Telefon: 0641 99-37722
Email: Johannes.Lang

 

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