Trauer um Prof. Dr. Dr. h. c. Lore Steubing
Die weltbekannte Botanikerin und Professorin der Justus-Liebig-Universität Gießen verstarb am 1. Januar 2012 kurz vor ihrem 90. Geburtstag
Nr. 02 • 4. Januar 2012
Die Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) trauert um Prof. em. Dr. Dr. h. c. Lore Steubing. Die weltbekannte Botanikerin starb am 1. Januar 2012, nur wenige Wochen vor Ihrem 90. Geburtstag, an den Folgen eines Unfalls während einer Reise.
Prof. em. Dr. Dr. h. c. Lore (eigentlich Eleonore) Steubing (geboren am 1. Februar 1922) kann zweifelsohne als Wegbereiterin der deutschen Ökologie bezeichnet werden. Ihr Weg führte sie über Stationen in Berlin, Greifswald und Potsdam nach Gießen, wo sie 1958 Assistentin am Botanischen Institut der Universität wurde. Nach ihrer Ernennung zur ordentlichen Professorin war sie von 1969 bis 1988 Direktorin des Instituts für Pflanzenökologie. Die Neugründung eines botanischen Instituts mit ökologischer Ausrichtung war eine Pioniertat, der weitere folgen sollten. So rief Lore Steubing zum Beispiel im Jahr 1970 die Ökologinnen und Ökologen des deutschsprachigen Raums nach Gießen, um die Gründung einer wissenschaftlichen Gesellschaft vorzubereiten und damit die Umweltforschung in Deutschland zu befördern. Die im darauffolgenden Jahr gegründete Gesellschaft für Ökologie (GfÖ) hat sich inzwischen als weltweit drittgrößte Vereinigung ihrer Art zu einer breiten Plattform für ökologische Forschung entwickelt und bietet – ganz im Sinne Lore Steubings – insbesondere jungen Menschen Orientierung und ein Forum für den wissenschaftlichen Austausch.
„Nach ihrer Emeritierung wurde Lore Steubing 1990 zur Honorarprofessorin an der East China Normal University in Shanghai (China) ernannt. Im Januar 1994 folgte die Ernennung zur Honorarprofessorin an der Universidad Austral de Chile in Valdivia (Chile), deren Leitspruch „Conocimiento y Naturaleza“ (Wissen und Natur) auch ein Lebensmotto der Gießener Ökologin hätte sein können. Wenige Monate später verlieh ihr die Agrar-Universität Gödöllö (Ungarn) für ihre Verdienste um die Umweltforschung die Ehrendoktorwürde. Es schlossen sich viele aktive und produktive Jahre an, in denen Lore Steubing stets durch Tatkraft, Scharfsinnigkeit, Engagement und Redegewalt beeindruckte. Viele werden sich noch an den brillanten Vortrag erinnern, den Lore Steubing als 88-jährige während der Jahrestagung der GfÖ 2010 in Gießen hielt: eine 45-minütige Lehrstunde zur Geschichte der Ökologie – ohne Manuskript und ohne sich auch nur ein einziges Mal aufzustützen oder gar anzulehnen.
Zusätzlich zu ihrem wissenschaftlichen Oeuvre hat Lore Steubing durch ihre anschaulichen und enorm sachkundigen Lehrbücher ganze Generationen von Ökologinnen und Ökologen geprägt. Als eine der ersten Professorinnen an der Justus-Liebig-Universität hat sie aber auch nie vergessen, dass ihr als Frau in einer von Männern dominierten Wissenschaftswelt eine besondere Rolle zukam. So nahm sie im Oktober 2008 an dem Festakt „100 Jahre Frauenstudium an der Universität Gießen“ teil und berichtete als Zeitzeugin über ihre persönlichen Erfahrungen als Wissenschaftlerin an einer mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät. Durch ihren Tod haben die JLU eine ihrer herausragendsten Wissenschaftlerinnen, die deutschsprachige Ökologie eine vorbildhafte Persönlichkeit und wir alle einen großartigen Menschen verloren.
„Prof. Lore Steubing hat sich bis zuletzt in ganz besonderer Weise um die Justus-Liebig-Universität und ihr Fachgebiet Biologie verdient gemacht. Die Pionierleistungen der langjährigen Direktorin des Instituts für Pflanzenökologie bleiben unvergessen“, sagt JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee. Die Justus-Liebig-Universität Gießen wird Prof. Lore Steubing ein ehrendes Andenken bewahren.
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