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Nobelpreisträgerinnen und -träger

Eine Reihe von Persönlichkeiten, die im Laufe der Geschichte an der Justus-Liebig-Universität Gießen geforscht und gelehrt haben, und von ihnen gegründete Einrichtungen sind mit Nobelpreisen ausgezeichnet worden.

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Walther Bothe

Walther Bothe kam 1929 nach seiner Habilitation 1925 bei Max Planck an der Universität Berlin als außerordentlicher Professor für Physik an die Universität Gießen. 1930 wurde er zum Ordinarius und Direktor des Physikalischen Instituts in Gießen ernannt. Hier gelang ihm 1930 die Entdeckung des angeregten Atomkerns, wodurch Gießen zu einer Forschungsstätte größter Aktualität wurde. Von 1932 bis 1934 lehrte Bothe als ordentlicher Professor für Physik an der Universität Heidelberg, ab April 1934 war er Leiter des Instituts für Physik der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft für medizinische Forschung in Heidelberg (später ging aus einem Teil dieser Einrichtung das Max-Planck-Institut für Kernphysik hervor). 1954 erhielt Bothe für die Entwicklung der Koinzidenzmethode und der damit verbundenen Entdeckungen den Nobelpreis für Physik. Die Koinzidenzmessung ist heutzutage eine wichtige Methode zur Untersuchung der kosmischen Strahlung und aller Arten von Kern- und Elementarteilchenprozessen. Für seine herausragenden Leistungen an der Universität Gießen erhielt Bothe 1956 von dieser die Ehrendoktorwürde. Bothes Arbeiten waren ein wichtiger Beitrag zur Begründung der modernen Kern- und Elementarteilchenphysik.

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Wangari Muta Maathai

Wangari Muta Maathaikam absolvierte nach dem Abschluss ihres veterinärmedizinischen Studiums in den USA einen Großteil ihrer akademischen Karriere im Rahmen der Universitätspartnerschaften Gießen – Nairobi. 1965 wurde Maathai Assistentin bei dem früheren Gießener Veterinärmediziner Prof. Dr. Reinhold Hofmann in Nairobi. Von 1967 bis 1969 hielt sie sich mit einem Doktoranden-Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) in Gießen und München auf und erhielt als erste Frau 1971 den Doktortitel der University of Nairobi, Kenia. Zwei Jahre später übernahm sie die Leitung des von Reinhold Hofmann mit deutscher Hilfe aufgebauten Instituts für Veterinärmedizin der Universität Nairobi bis 1981. Maathai war Sprecherin der kenianischen Menschenrechts- und Demokratiebewegung „Forum of the Restitution of Democracy“ und stellvertretende Umweltministerin in Kenia. 1992 wurde ihr vom Fachbereich Veterinärmedizin der Universität Gießen die Ehrendoktorwürde verliehen. Für ihre Verdienste um Umweltschutz, Menschenrechte und Demokratie erhielt sie zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen, darunter 2004 als erste Afrikanerin den Friedensnobelpreis. Bereits im Jahr 1985 hatte Maathai den Alternativen Nobelpreis erhalten, 2004 den Petra-Kelly-Preis der Heinrich-Böll-Stiftung und 2007 den Nelson Mandela Award for Health and Human Rights.

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Ilja Iljitsch Metschnikow

Ilja Ijitsch Metschnikow studierte 1864/65 an der Universität Gießen bei Rudolf Leuckart, dem Begründer der Parasitologie, am Zoologischen Institut. Er entdeckte die Immunabwehr-Mechanismen gegen Bakterien durch die weißen Blutkörperchen und erforschte die Heilung und Bekämpfung der Cholera. Während seiner zwei Semester in Gießen machte Metschnikow die bahnbrechende Entdeckung der intrazellulären Verdauung durch Phagozyten („Fresszellen”). Sie geschah eher zufällig bei der mikroskopischen Untersuchung eines freilebenden Plattwurms, der Europäischen Landplanarie. Diese Entdeckung sollte später Grundlage seiner „Phagozytentheorie” sein, die besagte, dass „Fresszellen“ auch lebende, aktive Krankheitserreger aufnehmen und nicht nur die abgestorbenen entsorgen. Für diese Entdeckung wurde er 1908 gemeinsam mit Paul Ehrlich mit dem Nobelpreis für Medizin geehrt. Die Rolle der Phagozyten in der Reaktion auf Krankheitserreger, Bakterien, Viren sowie Krebszellen und bei Autoimmunkrankheiten ist heute in der Immunologie und Molekularbiologie ein allgemein akzeptiertes Grundlagenwissen. Es zählt zu den aktuellen Forschungsgebieten, bei welchen Metschnikows Pionierleistung anerkannt wird. Metschnikow erhielt etwa 80 Auszeichnungen aus zahlreichen Ländern, darunter Ehrendoktorate von Cambridge und St. Petersburg.

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Horst-Eberhard Richter

Horst-Eberhard Richter wurde 1962 auf den neuen Lehrstuhl für Psychosomatik in Gießen berufen. Hier baute er ein dreigliedriges
interdisziplinäres Zentrum für Psychosomatische Medizin mit einer Psychosomatischen Klinik und den Abteilungen für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie auf, dessen Direktor er wurde. Richter gehörte zu den Wegbereitern der Gruppen- und Familientherapie sowie der psychosomatischen Medizin. Sein Wirken, auch nach seiner Emeritierung 1991, reichte weit über die Grenzen seines Faches hinaus in die Gesellschaft hinein. So engagierte er sich für soziale Brennpunktprojekte, in denen er seine wissenschaftlichen Erkenntnisse erfolgreich mit gesellschaftlicher Stadtteilarbeit verband. Im Rahmen der Initiativgruppe Eulenkopf begleitete er z. B. in einer Brennpunkt-Siedlung lebende Familien psychoanalytisch. Er war Gründungsmitglied der deutschen Sektion der „Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges /Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.“. 1984 erhielt die Organisation den UNESCO-Preis für Friedenserziehung, 1985 den Friedensnobelpreis. Richter selbst erhielt zahlreiche Ehrungen, Auszeichnungen und Rufe an auswärtige Universitäten. Eine Büste auf dem Gelände vor dem Neuen Schloss am Brandplatz erinnert in Gießen an ihn. Im Jahr 2007 wurde er zum Gießener Ehrenbürger ernannt und erhielt die erstmals vergebene Ehrenmedaille des Fachbereichs Medizin der Justus-Liebig-Universität.

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Wilhelm Conrad Röntgen

Wilhelm Conrad Röntgen war von 1879 bis 1888 ordentlicher Professor der Physik an der Universität Gießen. Später lehrte er als Professor an den Universitäten in Würzburg und München. Für die Entdeckung der nach ihm benannten Röntgenstrahlen im Physikalischen Institut der Universität Würzburg am 8. November 1895 erhielt er 1901 als Erster den Nobelpreis für Physik. Röntgen selbst nannte seine Entdeckung „x-Strahlen“, so werden sie heute noch im Englischen als „x-rays“ bezeichnet. Während seiner Zeit in Gießen bewirkte Röntgen den Umzug des Physikalischen Instituts von der Frankfurter Straße in das neue Universitätshauptgebäude. Er veröffentlichte in dieser Zeit etwa zwanzig wissenschaftliche Aufsätze, darunter Arbeiten zum „Röntgenton“, in denen er zeigte, dass Gase Wärmestrahlen absorbieren, und die Arbeiten zum Nachweis des Magnetfeldes, das von einem Verschiebungsstrom erzeugt wird („Röntgenstrom“). Röntgen zu Ehren werden heute noch zahlreiche Ehrungen und Preise vergeben, so u. a. die Röntgen-Plakette der Stadt Remscheid, der Wilhelm-Conrad-Röntgen-Preis der Universität Würzburg und der Röntgenpreis der Universität Gießen für hervorragende Arbeiten zur strahlen-physikalischen und strahlen-biologischen Grundlagenforschung. Darüber hinaus wird ihm in einer Vielzahl deutscher Städte durch ein Denkmal gedacht, so u. a. auch in Gießen.

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Wilhelm Wien

Wilhelm Wien arbeitete nach seiner Habilitation an der Universität Berlin im Jahr 1892 an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen und wurde 1899 zum ordentlichen Professor der Physik an die Universität Gießen berufen, wo er den Neubau des Physikalischen Instituts einweihte. Am 1. April 1900 trat er an der Universität Würzburg die Nachfolge Wilhelm Conrad Röntgens an. 1919 folgte Wien einem Ruf an die Universität München, wiederum als Nachfolger Röntgens. Der deutsche Physiker erforschte vor allem die Gesetzmäßigkeiten der Wärmestrahlung und erhielt dafür 1911 den Nobelpreis für Physik. In den Jahren 1893 und 1894 entwickelte er das Wien‘sche Verschiebungsgesetz und 1896 das Wien‘sche Strahlungsgesetz. Wien war überzeugter Anhänger eines elektromagnetischen Weltbildes und setzte sich somit auch intensiv mit den Problemen damaliger Äthertheorien auseinander. Er entwickelte 1904 „Differentialgleichungen zur Elektrodynamik bewegter Körper“ und zählt deshalb zu den Vorläufern der speziellen Relativitätstheorie. Von 1910 bis 1928 war Wien Mitglied der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften.