Inhaltspezifische Aktionen

Gießener Allgemeine vom 16.11.2006

Die Flöte klingt fröhlich, die Tuba wie ein Opa

Auftakt für »Justus’ Kinder-Uni« im Wintersemester: Stefan Ottersbach dirigierte 150 junge Topf-Schlagzeuger

Gießen (kw). Um Pauken und Trompeten ging es in der ersten Wintersemester-Vorlesung von »Justus’ Kinder-Uni«. Universitätsmusikdirektor Stefan Ottersbach beantwortete die Frage »Wie funktioniert eigentlich ein Orchester?« Sein lebhaftes Publikum hatte -- wie verlangt -- Töpfe, Pfannen, Löffel und Schlegel mitgebracht. Als Ottersbach schließlich seine rund 150 jungen Zuhörer dirigierte, waren die Erwachsenen im Interesse ihrer Ohren ganz froh, dass sie zu Beginn von Organisator Günter Sikorski auf die hinteren Bänke verbannt worden waren.

»Wer spielt ein Instrument?« Auf diese Frage gehen fast alle Finger im Hörsaal im Philosophikum II nach oben. Kein Wunder, dass viele der Acht- bis Zwölfjährigen sogar ein Cello oder eine Oboe sofort erkennen. Schwieriger ist es für sie, die verschiedenen Klänge zu charakterisieren. »Wie eine kreischende Mädchenstimme« mutet die Geige an, die Bratsche wirkt auf den einen »glücklich«, auf den anderen »traurig«. Die Tuba erinnert an einen gemütlichen Großvater, die Klarinette kann quäken, aber auch samtig klingen, und die Querflöte hat etwas Fröhliches.

Die gehört übrigens trotz ihres metallischen Silberglanzes zu den Holzbläsern: Das hat historische Gründe, erläutert der Leiter des Universitätsorchesters. Die Quer- sei eine Weiterentwicklung der Traversflöte -- und die war tatsächlich aus Holz. Neu ist für die meisten Zuhörer auch, dass die meisten Instrumente umso tiefer klingen, je größer sie sind: Das macht Ottersbach anhand der Streicher deutlich. Dass auf der Bühne hinten rechts »nur« Pauken, Trommel und Becken ihren Platz haben, überrascht die Nachwuchs-Musiker. »Wo ist denn das richtige Schlagzeug?«, fragt ein Mädchen verblüfft und erfährt, dass das »Drum-Set« der Popbands im klassischen Orchester ebenso wenig zu suchen hat wie zum Beispiel das Saxofon.

Nach einer halben Stunde ist der Lärmpegel im Hörsaal gestiegen, der eine oder andere Löffel wird auf dem mitgebrachten Kochgeschirr warmgespielt. Und endlich lässt Ottersbach die Kinder selbst aktiv werden. Gemeinsam lernen sie, wie man einen Viervierteltakt dirigiert und dass das auch ohne Taktstock geht. Und schließlich dürfen sie im Wechsel auf ihre Töpfe schlagen und geben damit den Takt vor für Alexander Padva und Jochen Müller-Cohrs. Die Mitglieder des Universitätsorchesters zeigen ihr Können mit der Geige und Klarinette. Ottersbach legt seinen jungen Zuhörern schließlich ans Herz: »Man braucht nicht unbedingt ein Instrument zu beherrschen, um Musik zu machen.«

Den zweiten der insgesamt vier Kinder-Uni-Vorträge hält am Dienstag, 28. November, die Bildungsforscherin und CDU-Bundestagsabgeordnete Prof. Erika Schuchardt. Die Braunschweigerin spricht unter dem Titel »Leben ist schön! -- Und dann?« über Tod und Trauer.

Ganz schön laut wurde es zum Auftakt des Semesters in »Justus’ Kinder-Uni«: 150 Acht- bis Zwölfjährige nutzten mitgebrachte Töpfe mit Begeisterung als Schlagzeug.