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Rundgang

Ein Rundgang durch den Botanischen Garten der Justus-Liebig-Universität Gießen

Das Freiland

Gingko biloba im Herbst

Auffällig ist der alte Baumbestand, der weite Teile des Gartens einnimmt. Schon aus einiger Entfernung grüßt am Eingang ein großer Berg-Mammutbaum (Sequoiadendron giganteum) die Besucher. Wenige Schritte weiter umrahmen zwei mächtige Platanen (Platanus x hispanica) das Denkmal für FRIEDRICH LUDWIG WALTHER (1759-1824), dem Gründer des Forstbotanischen Gartens. Gegenüber dem Alten Schloß befindet sich der älteste Baum im Garten, ein männlicher Ginkgo (Ginkgo biloba), der nachweislich 1816 gepflanzt wurde. Vor der Gartenverwaltung, die fast komplett von der Dreispitz-Jungfernrebe (Parthenocissus tricuspidata) eingehüllt wird, steht eine große Chinesische Flügelnuß (Pterocarya stenoptera). Nicht weit davon entfernt befinden sich ebenfalls große Exemplare von Japanischem Korkbaum (Phellodendron japonicum), Kaukasischer Flügelnuß (Pterocarya fraxinifolia), Katsurabaum (Cercidiphyllum japonicum) und Amerikanischem Amberbaum (Liquidambar styraciflua).  Insgesamt umfasst der Gehölzbestand ca. 400 Baum- und Straucharten.


Am Konzertplatz befindet sich seit eine Blumenuhr. Schon der griechische Philosoph Threophrastos berichtet über einen Tagesverlauf der Blütenöffnung. Linnaeus brachte im 18.Jahrhundert viele solcher Beobachtungen in einer Blumenuhr zusammen, die er im Botanischen Garten Uppsala anpflanzen ließ. Dabei wurde das zeitlich versetzte Öffnen und Schließen bestimmter Blüten benutzt um die Uhrzeit anzuzeigen. In der Gießener „Maxi-Blumenuhr“ nach einem Entwurf von Prof. Aart van Bel stellt der äußere Kreis die klassische Blumenuhr dar, im mittleren Kreis sieht man anhand von Zwiebelblumen die Monate und die Sträucher in der Mitte sind die Vertreter der Jahreszeiten.  


Passend zum Leitbild des Botanischen Gartens als „Garten der Evolution“ findet der Besucher einen Evolutions-Denkpfad vor. Der von hohem Bambus gesäumte, als Labyrinth angelegte Sandweg repräsentiert den Sandpath von Darwins Down-House. Der Besucher wird an verschiedenen Stationen mit den zentralen Fragen des Lebens konfrontiert, um in der letzten Station „Denkmal an Darwin“ Antworten zu finden.

Blindengarten

Ein blindengercht gestalteter Duft- und Tastgarten lädt seit 2007 die Besucher zum Verweilen ein. Finanziert durch die ortsansässige Gruppe des Blindenbundes Hessen wurde hier nach professioneller Planung eine beispielhafte Anlage geschaffen. Blinde und sehbehinderte Menschen finden sich dank entsprechender Wegegestaltung sowie der Beschilderung in Braille-Schrift eigenständig zurecht. Gemauerte Hochbeete erleichtern den Zugang zu den ca. 100 verschiedenen Pflanzenarten. Alle Besucher erfreuen sich an der überwältigenden Duftfülle und nutzen gerne die unter einer Pergola befindlichen Sitzgelegenheiten.


Systematische AbteilungIm zentralen, sonnendurchfluteten Gartenteil befindet sich eine große, durch Plattenwege streng gegliederte systematische Abteilung. Bedingt durch die vielfältigen neuen Erkenntnise aus der molekularen Forschung wurde die Sammlung in den vergangenen Jahren komplett umgestaltet.

Ebenfalls streng gegliedert, in diesem Fall nach den Inhaltsstoffen, ist die Medizinalpflanzenabteilung, der ursprüngliche „hortus medicus“. Fußend auf der Erkenntnis von PARACELSUS (1493-1541), dass „All´ Ding sind Gift und nichts ohn´ Gift; allein die Dosis macht, das ein Ding kein Gift ist“ gibt es keine Aufteilung in Heil- und Giftpflanzen.


Die geografischen sowie pflanzensoziologischen Abteilungen sind aufgrund der beschränkten Flächen nur kleinräumig vorhanden. Steppe und Prärie, durch einen schmalen Weg getrennt, laden zu einer vergleichenden Betrachtung ein. Die Bereiche mit Sandtrocken- sowie Kalkmagerrasen sollen Studierende wie Besucher auf die Flora dieser in der Natur gefährdeten Standorte hinweisen.

Das Alpinum zeigt eine reiche Auswahl von Pflanzen der Hochgebirge. Die Spanne reicht von den Pflanzen der Alpen und Pyrenäen, von Balkan und Kaukaus, über Rocky Mountains, Anden und Neuseeländischen Alpen bis hin zum Himalaja.

Kulturhistorischer Garten

 

Eine Besonderheit stellt die kulturhistorische Abteilung dar. Beginnend von der Jungsteinzeit über die von den Römern über die Alpen gebrachten Pflanzen (z.B. Esskastanie, Pfirsich, Walnuss) bis hin zu den infolge von Columbus´ Reisen eingeführten südamerikanischen Arten (z.B. Kartoffel, Mais, Tomate) sind hier die für die Ernährung des Menschen in Mitteleuropa  bedeutsamen Pflanzen zusammen gefasst.


Blütenbiologische Erkenntnisse können in der Abteilung mit Vogelblumen gesammelt werden.
Das in Form einer Hagebutte angelegte Rosarium zeigt exemplarisch die Entwicklungsgeschichte der Rosen anhand deren Wildformen.

Die Gewächshäuser

Besucher*innen finden im Bot. Garten vier Gewächshäuser, die sich auf den ersten Blick deutlich voneinander unterscheiden.

1. Palmenhaus (2021)

Das aktuelle Haus zitiert in Form und Größe das Palmenhaus von 1907. Von Oktober bis Mai beherbergt es die umfangreiche Kübelpflanzensammlung. In der übrigen Zeit wird es für Ausstellungen und die "Grüne Schule" genutzt.

2. Ernst-Küster-Haus (2021)

Das Haus geht von seiner Grundstruktur auf  Vorgängerbauten von 1858 und 1936 zurück. In drei unterschiedlich temperierten Abteilungen werden Pflanzen der Tropen und Subtropen gezeigt

3. Victoriahaus (2021)

Im Victoriahaus wird die namensgebende tropische Riesenseerose Victoria amzonica kultiviert. Dazu zahlreiche weitere tropische Wasser- und Nutzpflanzen.

4. Adolph-Hansen-Haus (1980)

Die Konstruktion ist wie der Vorgängerbau von 1900 an gleicher Stelle etwa einen Meter in den Boden eingesenkt. Neben Anzuchtbereichen befinden sich hier Sammlungen für Lehre und Forschung. Das Nutzpflanzenhaus mit unterschiedlichsten Pflanzenarten der Tropen und Subtropen ist nur im Rahmen von Führungen zugänglich.

 

Seit 1609 ist der Botanische Garten Gießen fester Bestandteil und zentraler Ort von Forschung und Lehre der Universität Gießen. In keinem anderen Zentrum bilden sich die Schwerpunkte der Universitätsentwicklung  hin zum heutigen universitären Leitbild und Zukunftskonzept Human Life and its Resources  so deutlich ab wie hier. Forschung und Lehre zur Biodiversität der Pflanzen und das Verständnis der Mechanismen der Evolution des Lebendigen als Grundlage der Ressourcen menschlichen Lebens  prägen die Entwicklung des Gartens vom Hortus medicus zum “Garten der Evolution”.

Holger Laake – Technischer Leiter