Tiere in der Lehre
Im Bereich der Lehre wird an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) so weit wie möglich auf den Einsatz von Wirbeltieren im Studium verzichtet. Wir sind bemüht, die Zahl der Tierversuche in der Ausbildung auf ein Minimum zu reduzieren und sie durch Filme, Computersimulationen und Phantome zu ersetzen. Dennoch ist ein vollständiger Verzicht auf den Einsatz von Tieren in der Lehre weder möglich noch sinnvoll: Die Studierenden erwarten von uns eine fundierte theoretische und praktische Ausbildung. Viele Studierende werden für Berufsfelder ausgebildet, in denen sie später einmal mit Tieren oder tierischen Produkten arbeiten. Den Umgang mit Tieren zu üben, halten wir daher für unverzichtbar – insbesondere für Berufsgruppen die in ihrem späteren Arbeitsleben mit Tieren umgehen.
Im Folgenden sind exemplarisch der Tiereinsatz sowie eingesetzte Alternativmethoden in den verschiedenen Fachgebieten der JLU beschrieben.
Phantome |
Freilandforschung |
Landwirtschaft |
Simulationen |
VETERINÄRMEDIZIN
Im Fachbereich Veterinärmedizin werden tierersetzende Methoden sowie lebende und tote Tiere für die Ausbildung angehender Tiermediziner und Tiermedizinerinnen verwendet.
Übung an einem Phantom
Abbildung 1:
Skills Lab:
Skills Lab PETS (
Practical Experience of Technical Skills
)
am Fachbereich Veterinärmedizin der JLU Gießen - Studierende üben hier an
Tier-Simulatoren. Hier Intubation eines Hundes.
Quelle: Rolf K. Wegst
Tierersetzende Methoden:
Die Studierenden der Veterinärmedizin haben die Möglichkeit, wichtige Fertigkeiten an tierfreien Modellen zu trainieren. Der Film „ Tierfreie Alternativmethoden in der Ausbildung – wie Tierärzt*innen die Praxis lernen “ gibt einen guten Eindruck wie die Lehre auch an der JLU gestaltet wird.
Tierfreie Alternativmethoden in der Ausbildung der Veterinärmedizin
Film 1: Tierversuche im Studium - welche Alternativen es heute schon gibt
Quelle: Tierversuche Verstehen
In den vorklinischen Semestern werden Simulationen an Computern zur Nerven-, Herz-, Muskel-, Gefäßphysiologie (siehe Abbildung 8 , Virtual Physiology ) sowie der Physiologie des Magen-Darm-Trakts (eigene Entwicklung durch das Institut für Veterinär-Physiologie und -Biochemie) durchgeführt, zudem kommt Filmmaterial zum Einsatz. In der anatomischen Ausbildung kommen verschiedene Organmodelle (Abbildung 2) und Lehrvideos sowie ein virtuelles Mikroskop (siehe Abbildung 3 und Film 2) zum Einsatz. In der klinischen Ausbildung werden Phantome zur Übung von Geburtshilfe und Palpation sowie Computersimulationen zur Vorbereitung auf praktische Übungen verwendet. Überdies kommt auch hier Filmmaterial, z.B. zum Erlernen von Untersuchungsgängen zum Einsatz. In den verschiedenen Kliniken werden beispielsweise Übungsmodelle (z.B. Breed`n Betsy, ausgestopfte Puppen von Fohlen, Kälbern und Lämmern mit orthopädischen Gelenken als Phantome in der Geburtshilfe, Eutermodelle, Pferdesimulatoren, Phantome von Reptilien für Handlingübungen) zur gezielten Vorbereitung der Studierenden auf Patientenkontakt eingesetzt.
Organmodelle in der Veterinäranatomie
Abbildung 2: Veterinäranatomie: Organmodelle - Studierende üben hier an verschiedenen Modellen von Tieren.
Quelle: Prof. D. Fietz, Veterinäranatomie der JLU Gießen
Übungen unterschiedlichster medizinischer Techniken (z.B. Injektionen, Nahttechniken, Intubation, Reanimation, Auskultation, usw.) werden im Clinical Skills Lab (PETS, Practical Experience of Technical Skills ) verpflichtend an Silikonmodellen und Phantomen geübt, bevor die Studierenden an praktischen Übungen mit Tieren teilnehmen. Das Repertoire wird fortlaufend erweitert. Die Angebote des Skills Lab erleichtern den Studierenden durch ein frühzeitiges Heranführen an die praktischen Tätigkeiten und Inhalte der tierärztlichen Praxis die Vorbereitung auf den Umgang an den lebenden Patienten.
Das virtuelle Mikroskop
Abbildung 3: Veterinäranatomie: Das virtuelle Mikroskop: der Einsatz macht die regelmäßigen Anfertigung neuer Gewebeschnitte aus tierischen Organen zur histologischen Ausbildung überflüssig.
Film-Clip zum virtuellen Mikroskop
Film 2: Virtuelles Mikroskop
Quellen:
Die Plattform ILIAS ermöglicht es den Studierenden
sich online auf Kurse vorzubereiten.
Verwendung von Tieren:
In der vorklinischen Ausbildung finden praktische physiologische Übungen für die Diagnostik an Ziegen statt (Abhören des Herzens und Betrachtung des Augenhintergrunds). In den praktischen biochemischen Übungen werden für labordiagnostische Untersuchungen Schweinelebern (Lebensmittelhandel) und Rattenlebern verwendet. Die Rattenlebern stammen dabei ausschließlich von Tieren, die primär zu Forschungszwecken genutzt wurden. Für die Praktikumsversuche selbst werden keine Tiere getötet. In den Präparierkursen der Veterinäranatomie stammen die Wirbeltiere aus dem Institut für Veterinär-Pathologie der JLU oder von niedergelassenen Tierärztinnen und Tierärzten, in beiden Fällen mussten die Tiere aus Krankheitsgründen zuvor eingeschläfert werden. Lediglich Schafe, Ziegen und Hühner, die aus Alters- und Krankheitsgründen aus den landwirtschaftlichen Betrieben abgegeben wurden, werden für Lehrzwecke zugekauft. Wo möglich, werden Dauerpräparate (z.B. Plastinate, Trockenpräparate von Knochen und Gelenken sowie Organpräparationen) verwendet. Im Rahmen der klinischen Propädeutik und klinischen Ausbildung werden bei Klein-, Groß-, Heimtieren und Vögeln praktische Übungen zur Diagnostik und Therapie durchgeführt (siehe Abbildung 4). Zusätzlich werden Schlachthofmaterial und aservierte, totgeborene Tiere für Lehrzwecke eingesetzt.
Untersuchung eines Beagles zu Demonstrationszwecken
in der Veterinärmedizin
Abbildung 4
: Der Hund lernt, sich ohne Fixierung abhören zu
lassen. Siehe hierzu auch
hier
.
Quelle: ICAR 3R Zentrum , Gießen, Prof. Stephanie Krämer
Übersicht Initiative |
---|
BIOLOGIE
Im Fachgebiet Biologie werden tierersetzende Methoden angewendet, darüber hinaus aber auch lebende und tote Tiere für die adäquate Ausbildung in verschiedenen Lehrveranstaltungen eingesetzt.
Tierersetzende Methoden:
An Hand von Computersimulationen werden Simulationen zur Herzphysiologie seit Jahren routinemäßig durchgeführt – somit konnte ein Tierversuch bzw. eine Tiertötung und anschließende Organentnahme zu Lehrzwecken vollständig ersetzt werden. Überdies konnte durch den Einsatz von Filmmaterial und Simulatoren in der Lehre der Tierphysiologie 2021 der Einsatz von larvalen Krallenfröschen und Goldfischen ersetzt werden.
Studierende der Biologie erlenen den tierschutzgerechten Umgang mit wildlebenden Kleinsäugern zunächst theoretisch. Die artspezifischen Kenntnisse zum Umgang werden zunächst mittels Phantomen/Stellvertretern wie z.B. Stofftieren sowie Videodarstellungen vermittelt.
Die Studierenden, die sich im Rahmen des Studiums für eine Spezialisierung im Fach Immunologie entscheiden, erhalten Einblicke in das Fachgebiet und lernen den Aufbau und die Lage der Organe anhand von Bildmaterial kennen.
Verwendung von Tieren:
Darüber hinaus werden den Studierenden in verschiedenen Modulen die nötigen wissenschaftlichen Kenntnisse in Anatomie, Histologie und Physiologie an Organen und toten Tierkörpern vermittelt. Die Studierenden, die sich im Rahmen des Studiums für eine Spezialisierung im Fach Immunologie entscheiden, lernen außerdem Techniken zur Präparation von Organen der Maus, isolieren primäre Zellen und arbeiten an unterschiedlichen Zelllinien. Außerdem können Studierende der Biologie den tierschutzgerechten Umgang mit wildlebenden Kleinsäugern (z.B. verschiedene Fledermäuse und Wildnager, Abb. 5 und 6) auch praktisch erlernen, dies erfolgt erst nach dem Erlernen der nötigen theoretischen Kenntnisse.
Abbildung 5 und 6:
Mitarbeiterinnen bei der Demonstration der Vermessung von Fledermäusen im Freiland gegenüber Studierenden.
Um unsere einheimischen Fledermäuse nicht mit COVID-19 zu infizieren, arbeiten wir mit Mund-Nasen-Schutz (Abb. 5). Eine sehr
kooperative Bechsteinfledermaus beim Wiegen (Abb. 6).
Quelle: Jorge Encarnação, Tierökologie der JLU Gießen
Übersicht Initiative |
---|
AGRARWISSENSCHAFTEN
Im Fachgebiet Agrarwissenschaften werden neben tierersetzenden Methoden auch lebende Tiere für die adäquate Ausbildung in verschiedenen Lehrveranstaltungen eingesetzt.
Tierersetzende Methoden:
Es werden beispielsweise Filme zur Erläuterung von metabolischen Prozessen in der Tierernährung, Ernährungsphysiologie und Anatomie gezeigt.
Verwendung von Tieren:
In den praktischen Übungen wird das Verhalten und die Haltung von landwirtschaftlichen Nutztieren in Hinblick auf die Tierhaltung und die Haltungsbiologie vermittelt. Weiterhin wird zu Demonstrationszwecken Schlachthof- und Kadavermaterial verwendet.
Kühe auf der Lehreinrichtung Oberer Hardthof
Abbildung 7: Studierende der Agrarwissenschaften lernen den Umgang mit und das Verhalten von Kühen
Quelle: Christian Lademann
Übersicht Initiative |
---|
HUMANMEDIZIN
Im Fachbereich Humanmedizin werden tierersetzende Methoden sowie tote Tiere für die Ausbildung von Studierenden verwendet.
Tierersetzende Methoden:
Die physiologischen Praktikumsversuche zu Nerv, quergestreifter Muskulatur und Herz, bei denen ehemals Tierversuche durchgeführt wurden, sind ebenso wie im Fach Veterinärmedizin durch Computer-Simulationen ersetzt worden (Abbildung 8). Im pharmakologischen Praktikum wird auf den Versuch der „Mastzelldegranulation durch Arzneimittel“ seit Jahren verzichtet. Seither kommt eine primäre Zelllinie sowie eigenes Bild- und Filmmaterial zum Einsatz.
Verwendung von Tieren:
In den praktischen Übungen im Seminar zur Physiologie „Glatter Muskel“ wird Kadavermaterial von Tieren verwendet, die primär zu Forschungszwecken getötet wurden. Für den Praktikumsversuch selbst wird kein Tier getötet. Histologische Präparate verschiedener Gewebe und Organe werden hergestellt, damit den Studierenden der Humanmedizin und der Zahnmedizin eine Vorstellung über Bau- und Funktionsweise der Zellen, Gewebe und Organe vermittelt werden kann. Übungen im Fach Augenheilkunde finden an Schlachthofmaterial (Schweineaugen) statt.
SimNerv Computersimulation
Abbildung 8: Nutzung von Computersimulationen. Interaktiv können Studierende hier virtuelle Experimente durchführen.
Das Programm SimNerv ersetzt den schon lange nicht mehr durchgeführten "Froschversuch".
Quelle: Hans A. Braun. Virtual Physiology Reihe .
Übersicht Initiative |
---|
ANZAHL DER VERSUCHSTIERE 2022
Anhand von behördlich genehmigten Lehranzeigen bzw. genehmigten Tierversuchen zum Zweck der Aus-, Fort- und Weiterbildung liegen den Tierschutzbeauftragten die Zahlen über den Einsatz von Wirbeltieren zu Lehrzwecken im Rahmen der studentischen Ausbildung im Jahr 2022 an der Justus-Liebig-Universität vor. Für dieses Kalenderjahr wurden auf den behördlich genehmigten Lehrvorhaben insgesamt 404 Wirbeltiere gemeldet.
Tiere gelten rechtlich bereits als Versuchstiere, wenn sie im Rahmen der Ausbildung genutzt werden. Viele Tiere werden insbesondere im Rahmen der Ausbildung bzw. in der Lehre an der Universität am Ende eines Tierversuchs jedoch nicht getötet, sondern dürfen in ihrem gewohnten Umfeld weiterleben. Es handelt sich meist um klinikseigene Tiere oder Tiere von Mitarbeitenden, Studierenden oder Patientenbesitzerinnen oder -besitzern, die zuvor ihre Zustimmung z. B. zu einer Blutabnahme gegeben haben. Wildnager und Fledermäuse werden nach einer kurzen Untersuchung und Registrierung wieder in die Natur entlassen ( Abbildung 5 und 6 ).
Einige der oben erwähnten Tiereinsätze gelten rechtlich nicht als Tierversuch (z.B. Verhaltensbeobachtungen von Rindern in ihrer gewohnten Umgebung, Abbildung 7 ). Diese Tiere, ebenso wie Material von bereits verstorbenen oder zur Lebensmittelgewinnung geschlachteten Tieren sind in Tabelle 1 nicht berücksichtigt.
Verwendete Tiere in der Lehre
Tierart |
Biologie |
Agrarwissenschaften |
Tiermedizin |
GESAMT |
Pferd |
0 |
77 |
4 |
81 |
Rind |
0 |
87 |
6 |
93 |
Ziege |
0 |
0 |
4 |
4 |
Schaf |
0 |
15 |
12 |
27 |
Hund |
0 |
0 |
6 |
6 |
Katze |
0 |
0 |
4 |
4 |
Vogel |
0 |
78 |
70 |
148 |
Fledermaus |
41 |
0 |
0 |
41 |
GESAMT |
41 |
257 |
106 |
404 |
Tabelle 1:
Anzahl der als Versuchstier verwendeten Tiere im Rahmen der
Ausbildung von Studierenden 2022 nach Fachgebieten und Tierarten.
Übersicht Initiative |
---|
ANZAHL DER VERSUCHSTIERE 2021
Anhand von behördlich genehmigten Lehranzeigen bzw. genehmigten Tierversuchen zum Zweck der Aus-, Fort- und Weiterbildung liegen den Tierschutzbeauftragten die Zahlen über den Einsatz von Wirbeltieren zu Lehrzwecken im Rahmen der studentischen Ausbildung im Jahr 2021 an der Justus-Liebig-Universität vor. Für dieses Kalenderjahr wurden auf den behördlich genehmigten Lehrvorhaben insgesamt 221 Wirbeltiere gemeldet.
Tiere gelten rechtlich bereits als Versuchstiere, wenn sie im Rahmen der Ausbildung genutzt werden. Viele Tiere werden insbesondere im Rahmen der Ausbildung bzw. in der Lehre an der Universität am Ende eines Tierversuchs jedoch nicht getötet, sondern dürfen in ihrem gewohnten Umfeld weiterleben. Es handelt sich meist um klinikseigene Tiere oder Tiere von Mitarbeitenden, Studierenden oder Patientenbesitzerinnen oder -besitzern, die zuvor ihre Zustimmung z. B. zu einer Blutabnahme gegeben haben. Wildnager und Fledermäuse werden nach einer kurzen Untersuchung und Registrierung wieder in die Natur entlassen ( Abbildung 5 und 6 ).
Einige der oben erwähnten Tiereinsätze gelten rechtlich nicht als Tierversuch (z.B. Verhaltensbeobachtungen von Rindern in ihrer gewohnten Umgebung, Abbildung 7 ). Diese Tiere, ebenso wie Material von bereits verstorbenen oder zur Lebensmittelgewinnung geschlachteten Tieren sind in Tabelle 1 nicht berücksichtigt.
Verwendete Tiere in der Lehre
Tierart |
Biologie | Tiermedizin |
GESAMT |
Pferd |
0 |
4 |
4 |
Rind |
0 |
6 |
6 |
Ziege |
0 |
4 |
4 |
Schaf |
0 |
16 |
16 |
Hund |
0 |
4 |
4 |
Katze |
0 |
3 |
3 |
Vogel |
0 |
21 |
21 |
Maus |
17 |
0 |
17 |
Wildnager und Fledermäuse |
146 |
0 |
146 |
GESAMT |
163 |
58 |
221 |
Tabelle 1:
Anzahl der als Versuchstier verwendeten Tiere im Rahmen der
Ausbildung von Studierenden 2021 nach Fachgebieten und Tierarten.
Übersicht Initiative |
---|