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Gesundheit und Pandemievorsorge im Fokus

Institut für Geschichte der Medizin der Justus-Liebig-Universität Gießen am German-Latin American Centre of Infection & Epidemiology Research and Training (GLACIER) beteiligt – DAAD fördert Aufbau von Globalen Zentren für Gesundheit und Pandemievorsorge

Nr. 45 • 22. April 2021

Zur Vorbeugung, Eindämmung und Bekämpfung von Epidemien oder Pandemien müssen auch die sozialen und politischen Dimensionen systematisch berücksichtigt werden. Der Medizinhistoriker Dr. Michael Knipper vom Institut für Geschichte der Medizin der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) bringt gemeinsam mit dem Politikwissenschaftler Prof. Dr. Bert Hoffmann (German Institute for Global and Area Studies/GIGA, Hamburg) die sozial- und kulturwissenschaftliche Expertise in das neue German-Latin American Centre of Infection & Epidemiology Research and Training (GLACIER) ein. Die Federführung liegt bei der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie, Halle (Saale) und der Charité Universitätsmedizin Berlin.

Globale Herausforderungen können nur gemeinsam bewältigt werden. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) fördert den Aufbau von vier Globalen Zentren für Gesundheit und Pandemievorsorge (Global Centre for Health and Pandemic Prevention), darunter das GLACIER-Konsortium, zunächst für fünf Jahre bis Ende 2025 mit Mitteln des Auswärtigen Amtes. Die Zentren für Gesundheit und Pandemievorsorge sollen in Schwellen- und Entwicklungsländern entstehen, sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit der Prävention und Behandlung übertragbarer Krankheiten befassen und eine internationale und interdisziplinäre Vernetzung ermöglichen. Die Gesundheitszentren werden einen integrativen und ganzheitlichen One-Health-Ansatz verfolgen und eng mit nationalen wie auch internationalen Behörden der Seuchenbekämpfung zusammenarbeiten.

Das Zentrum GLACIER soll an zwei Standorten – an der Universität Havanna (UH), Kuba, und an der Nationalen Autonomen Universität Mexico (UNAM) – aufgebaut werden, letztere ist eine Partneruniversität der JLU. Im Konsortium wird es darum gehen, die translationale Forschung zur Entdeckung von Antiinfektiva auszubauen und die Entwicklung von Impfstoffen zu beschleunigen. Gleichzeitig werden strategische Maßnahmen zur Pandemieprävention und -kontrolle eine Rolle spielen. Dabei soll ein Fokus auf die Aufklärung der Zivilgesellschaft und der politischen Entscheidungsträger über die globalen Herausforderungen im Zusammenhang mit Infektionskrankheiten gelegt werden. Neben den Hochschulen werden außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sowie Akteurinnen und Akteure aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft einbezogen.

Den Gießener und Hamburger Beitrag im Zentrum erläutert Medizinhistoriker Knipper: „Pandemien ebenso wie Epidemien sind bio-soziale Phänomene. Bei der Prävention und Bekämpfung, aber auch zum Aufbau funktionierender Gesundheitssysteme müssen sowohl biomedizinisches Wissen, etwa aus der Virologie, als auch soziale, politische und strukturelle Aspekte systematisch beachtet werden. Wir werden in das Konsortium die bio-soziale Perspektive auf Krankheit und Bevölkerungsgesundheit/Public Health einbringen.“

Gleichzeitig verweist der Experte auf die soziale Ungleichheit und Ungerechtigkeit. Die aktuelle Corona-Pandemie zeige deutlich, dass das Risiko für die gesundheitlichen, aber auch die sozialen und ökonomischen Folgen von COVID-19 in verschiedenen Bevölkerungsgruppen ungleich verteilt ist. Dieses auch von anderen Infektionskrankheiten wie Tuberkulose oder HIV/AIDS bekannte und bei allen Pandemien/Epidemien zu erwartende Phänomen resultiere aus sozialen, ökonomischen, kulturellen und politischen Aspekten, die sich je nach Kontext (Land, Region etc.) unterscheiden. Soziale Faktoren wie Ethnizität, Gender/Geschlecht oder Migrationsstatus spielten ebenfalls eine wichtige Rolle. Es gelte, ethisch und menschenrechtsbasierte Ansätze zur Vermeidung oder Überwindung vermeidbarer, ungerechter Risiken und Belastungen in Präventions- und Bekämpfungsstrategien zu finden.

In Lateinamerika und der Karibik gebe es vielfältige Vorerfahrungen sowohl mit Epidemien und Pandemien als auch mit sozial angepassten, zum Beispiel gemeindeorientierten Gesundheitsstrategien („community health“), ergänzt Knipper. Kenntnisse der regionalen Geschichte, Politik und Gesellschaft sowie Medizin- und Gesundheitspolitik seien daher für das GLACIER-Konsortium von besonderer Bedeutung. Insofern ist die Expertise am Institut für die Geschichte der Medizin der JLU hier sehr gefragt. Umgekehrt wird die Projektarbeit in das Schwerpunktcurriculum (SPC) „Global Health“ des Fachbereichs Medizin der JLU mit einfließen und wertvolle Impulse geben.


  • Weitere Informationen

https://www.daad.de
https://www.uni-giessen.de/fbz/fb11/institute/histor
https://www.uni-giessen.de/fbz/fb11/studium/medizin/klinik/spc/spc-global


  • Jüngste Beiträge von Dr. Michael Knipper (mit Lateinamerikabezug):

https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(21)00629-2/fulltext
https://www.ijidonline.com/article/S1201-9712(21)00265-4/fulltextX


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