A7 - Polyphenole in Artischocke und Buchweizen
Projektverantwortlicher: Prof. Dr. Bernd Honermeier
Projektbearbeiter: Sajid Ali (MSc.)
Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung I
Justus-Liebig Universität Giessen
Ludwigstraße 23, 35390 Giessen
Einleitung und Hintergrund
Polyphenole gehören zu den sekundären Pflanzeninhaltsstoffen und sind
im Pflanzenreich ubiquitär verbreitet. Sie besitzen in den Pflanzen vielfältige biologische Funktionen wie z. B. als Aromastoffe, Farbstoffe, Signalstoffe, Gerb- und Bitterstoffe. Innerhalb der Polyphenole stellen die Flavonoide (Phenylchromanderivate), die mit mehr als 5000 Verbindungen in vielen Obst-, Gemüse-, Getreide- und Leguminosenarten sowie in Arznei- und Gewürzpflanzen vorkommen, die größte Gruppe phenolhaltiger Substanzen dar. Das zunehmende Interesse an diesen sekundären Pflanzeninhaltsstoffen resultiert aus verschiedenen in vivo und in vitro Studien, in denen u. a. antikanzerogene, antimutagene, antioxidative, antivirale, antiproliferative, antithrombotische und lipidsenkende Effekte nachgewiesen wurden.
Zwei bedeutsame polyphenolhaltige Nahrungspflanzen sind die Artischocke (Cynara cardunculus L. ssp. flavescens WIKL) und der Buchweizen (Fagopyrum esculentum L.), die unterschiedlichen Nutzungsrichtungen zugeordnet werden können. Ihre Ernteorgane können als Pseudocerealien (Buchweizensamen), als Gemüse (Blütenköpfe oder Blätter der Artischocke) oder zur Herstellung von Phytopharmaka als Blattdroge (Artischocke) bzw. als Krautdroge (Buchweizen) genutzt und für verschiedene diätetische, präventive und therapeutische Anwendungen empfohlen werden. Beide Kulturpflanzen besitzen eine sehr lange Tradition in der Ernährung des Menschen.
Bei der Artischocke sind nach jetzigem Erkenntnisstand folgende phenolische Inhaltsstoffe für gesundheitsfördernde Wirkungen und für phytotherapeutische Maßnahmen von Bedeutung: Caffeoylchinasäuren (Ccs), vor allem 3-Ccs (Chlorogensäure), 1,5-di-Ccs (Cynarin) und 1,3-di-Ccs, Flavonoide vom Luteolin-Typ, vor allem Cynarosid und Scolymosid und die Sesquiterpenlacton-Bitterstoffe, vor allem Cynaropikrin (BRAND 1997). Das Cynarin (1,5-di-Ccs) ist dabei kein nativer Inhaltsstoff der Blätter, sondern wird erst während der Heißwasserextraktion durch Umesterung aus 1,3-di-Ccs gebildet. Bei Untersuchungen zur Modifikation und pflanzenbaulichen Optimierung der Pflanze sollte somit nicht nur der Gesamtgehalt, sondern auch die Zusammensetzung der Ccs-Verbindungen berücksichtigt werden.
Zielstellung
Die Polyphenolgehalte von Arznei- und Gemüsepflanzen unterliegen starken Schwankungen, die vor allem durch entwicklungsphysiologische, genetische, umweltbedingte, kulturtechnische und verarbeitungstechnologische Einflussfaktoren bedingt sind.
Im Rahmen der geplanten Untersuchungen sollten am Beispiel der polyphenol- bzw. flavonoidhaltigen Modellpflanze Artischocke Untersuchungen durchgeführt werden, die folgende Ziele verfolgen:
- Klärung des Einflusses von Entwicklungsverlauf und Morphogenese der Pflanze bzw. Droge auf den Gehalt und die Zusammensetzung von Polyphenolen (inkl. Flavonoiden).
- Quantifizierung der genotypischen Variabilität hinsichtlich des Gehaltes und der Zusammensetzung von Polyphenolen.
- Analyse des Einflusses von N-Ernährung und abiotischen Stressfaktoren auf die Gehalte an phenolischen Verbindungen.
Bisherige Ergebnisse
Im Ergebnis der durchgeführten Arbeiten konnte eine HPLC-Analyse zur Detektion von Polyphenolen und Flavonoiden in Gemüse- und Arzneipflanzen (Artischocke) erfolgreich etabliert werden. Mit dieser Methode konnten bislang mehr als 3000 Blatt- und Fruchtproben analysiert und ausgewertet werden. Darüber hinaus wurde der Nachweis erbracht, dass die Expression von Polyphenolen durch entwicklungsphysiologische Prozesse beeinflusst wird (Entwicklungstermin, Wachstumsdauer, Blattinsertion). Die höchsten Wirkstoffgehalte konnten in den physiologisch jüngsten Pflanzenorganen (Blättern) sowie in den Blattspreiten nachgewiesen werden. Die Gesamt-CCS-Gehalte lagen hier z. T. auf einem Niveau von > 5 %. Basale Blattsegmente sowie die Blattrippen wiesen geringere Anteile an CCS-Verbindungen auf.
Ein weiteres Ergebnis bezieht sich auf die Wirkung der N-Versorgung der Pflanzen (N-Dosis und N-Form) auf die Polyphenol- und Flavonoidgehalte in den Blättern der Artischocke. Es wurde festgestellt, dass bei allen geprüften N-Düngerformen die Erhöhung der N-Konzentration zu einer signifikanten Abnahme der Gehalte an phenolischen Verbindungen (CCS + Flavonoide) führt. Die gefundenen Ergebnisse belegen somit eine negative Korrelation zwischen der N-Dosis und den Wirkstoffgehalten in der Pflanze.
Daneben deuten die Ergebnisse darauf hin, dass auch eine Beeinflussung der Wirkstoffgehalte in den Blattdrogen durch Wachstums- und Stressfaktoren (UV-Licht-Angebot, Stickstoff-Ernährung, Wasserversorgung) gegeben ist.
Weitere Informationen erhalten Sie im Institut für Planzenbau und Pflanzenzüchtung (AG Honermeier).
Dissertation
Göttmann, S.: Einfluss von Sorte, Saatzeit und Standraum auf Blattertrag und wirkstoffgehalt der Artischocke (Cynara cardunculus ssp. flavescens WIKL.), Diss. Gießen 2006.
Publikationen
Durch die Arbeitsgruppe wurden im Rahmen der Forschungsarbeiten zu Polyphenolen folgende Beiträge veröffentlicht:
Matthes, Ch. & B. Honermeier, 2005: Wirkung differenzierter N-Düngung auf Inhaltsstoffgehalt und Morphologie der Artischocke (C. cardunculus L. ssp flavescens Wikl.) in einem Gefäßversuch, Mitt. Ges. Pflanzenbauwiss. 17, 156-157.
Matthes, Ch. & Honermeier, B. (2004): Entwicklungsphysiologische und morphologische Einflüsse auf die Bildung von phenolischen Verbindungen in der Artischocke (Cynara scolymus L. ssp. flavescens Wikl.). Fachtagung für Arznei- und Gewürzpflanzen , Abstracts, Jena 7.-9. Sept.: 77
Matthes, C. & Honermeier, B. (2004): Bildung pharmazeutisch relevanter Wirkstoffe in der Blattdroge der Artischocke (Cynara cardunculus L. subsp. flavescenz Wikl.). Mitteilungen der Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften 16: 237-238.
Göttmann, S.& Honermeier, B. (2004): Populationsgenetische Charakterisierung unterschiedlicher Akzessionen und Sorten der Artischocke (Cynara cardunculus L. ssp. Flavescens Wikl.). Fachtagung für Arznei- und Gewürzpflanzen , Abstracts, Jena 7.-9. Sept.: 20
Göttmann, S. & B. Honermeier, 2003: Einfluss von Bestandesdichte und Standraumverteilung der Pflanzen auf Ertrag und Qualität der Blattdrogen bei der Artischocke (Cynara scolymus L.), Mitt. Ges. Pflanzenbauwiss., 15, 211-214
Matthes, Ch. & B. Honermeier, 2003: Untersuchungen zum Einfluss des Erntetermins auf Ertrag und Qualität der Blattdrogen bei der Artischocke (Cynara cardunculus L. subsp. flavescens WIKL.), Mitt. Ges. Pflanzenbauwiss., 15, 336-337
Göttmann, S., B. Honermeier, 2002: Untersuchungen zur Optimierung von Anbau
und Qualität der Artischocke (Cynara cardunculus L. subsp. Flavescens Wikl.)
als Arzneipflanze. Mitt. Ges. Pflanzenbauwiss. 14, 312-313.