Inhaltspezifische Aktionen

Informationen zur 12. AMG-Novelle (GCP-Novelle)

Mit der 12. AMG-Novelle ist die Bundesrepublik Deutschland ihrer Verpflichtung nachgekommen, die Verwaltungsvorschriften für die Durchführung klinischer Prüfungen von Humanarzneimitteln entsprechend den Vorgaben der europäischen GCP-Richtlinie umzugestalten. Die Europäische Union strebt mit dieser Richtlinie die Schaffung eines eindeutigen, transparenten und effizienten Verfahrens an, durch das die bisherigen Verzögerungen und Komplikationen infolge erheblich abweichender Verwaltungsvorschriften in den Mitgliedstaaten beseitigt werden sollen. Die folgenden Seiten sind als orientierender Überblick darüber gedacht, in welcher Weise diese europäischen Vorgaben in Deutschland umgesetzt wurden:

AMG.12 Seit wann gilt die 12. AMG-Novelle und wie werden Altfälle behandelt?

Die 12. Novelle des AMG durch das Zwölfte Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 30. Juli 2004 ist am 6. August 2004 in Kraft getreten, die zugehörige GCP-Verordnung am 11. August 2004 (Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums über die Anwendung der Guten Klinischen Praxis bei der Durchführung von klinischen Prüfungen mit Arzneimitteln zur Anwendung am Menschen vom 9. August 2004, GCP-V). Grundlage dieser Novelle ist die GCP-Richtlinie vom 4. April 2001, die als EU-Richtlinie lediglich den nationalen Gesetzgeber bindet und daher noch der Umsetzung in nationales Recht bedurfte (Richtlinie 2001/20/EG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung der guten klinischen Praxis bei der Durchführung von klinischen Prüfungen mit Humanarzneimitteln).

Für den zeitlichen Anwendungsbereich der Novelle ist der Zeitpunkt der Antragsvorlegung bei der zuständigen Ethik-Kommission ausschlaggebend. Für Anträge, die der zuständigen Ethik-Kommission vor dem 6. August 2004 vorgelegt wurden, gilt das alte AMG, für ab dem 6. August 2004 vorgelegte Anträge gilt das neue AMG nebst neugeschaffener GCP-Verordnung. Bei multizentrischen klinischen Prüfungen ist ausschlaggebend, zu welchem Zeitpunkt der Antrag bei der für den Leiter der klinischen Prüfung zuständigen (federführenden) Ethik-Kommission vorgelegt wurde. Lag dieser Zeitpunkt vor dem 6. August 2004, werden hieran anknüpfende Anträge auf Abgabe eines Zweitvotums also unabhängig von ihrem Zeitpunkt der Antragstellung weiterhin nach altem AMG beurteilt (vgl. § 138 AMG mit § 17 GCP-V); gleiches gilt für amendments zu klinischen Prüfungen, für die das alte AMG gilt.

AMG.12 Welche Änderungen ergeben sich im Verfahren insgesamt?

Die Durchführung einer klinischen Prüfung setzt weiterhin die Genehmigung der zuständigen Bundesoberbehörde (in Deutschland also regelmäßig das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM) voraus, ferner auch – nun aber zwingend – eine zustimmende Bewertung durch die zuständige Ethik-Kommission. Solange ein positives Votum der Ethik-Kommission fehlt, darf mit der klinischen Prüfung nicht begonnen werden (§ 40 Abs. 2 Satz 2 AMG).

Antragsteller (sowohl gegenüber der Ethik-Kommission wie gegenüber dem BfArM) ist künftig allein der Sponsor, also die natürliche oder juristische Person, die die Verantwortung für die Veranlassung, Organisation und Finanzierung einer klinischen Prüfung übernimmt (§ 42 Abs. 1 Satz 1 mit § 4 Abs. 24 AMG). Soweit die Ethik-Kommission Prüfärzte anhört und mit ihnen korrespondiert, die in den Antragsunterlagen als lokal zuständig benannt sind, geht sie von einer insoweit bestehenden Vertretungsbefugnis für den Sponsor aus.

Bei multizentrischen Prüfungen, die innerhalb Deutschlands in mehr als einer Prüfstelle durchgeführt werden, entscheidet künftig allein die für den Hauptprüfer oder Leiter der klinischen Prüfung zuständige (federführende) Ethik-Kommission (§ 42 Abs. 1 Satz 2 AMG). Allerdings trifft diese Ethik-Kommission ihre Entscheidung im Benehmen mit den Ethik-Kommissionen der einzelnen Prüfstellen. Der Prüfungsumfang dieser beteiligten Ethik-Kommissionen beschränkt sich darauf, die Qualifikation der lokalen Prüfer und die Geeignetheit der lokalen Prüfstelle zu beurteilen (§ 8 Abs. 5 GCP-V). Im Interesse eines hohen Qualitätsstandards besteht allerdings Einigkeit zwischen den deutschen öffentlich-rechtlichen Ethik-Kommissionen, dass die beteiligten Ethik-Kommissionen eventuell aufgetretene Bedenken in medizinisch-wissenschaftlicher, rechtlicher oder ethischer Hinsicht ihrer Stellungnahme gegenüber der federführenden Ethik-Kommission informell anfügen.

Für die zustimmende Bewertung durch die Ethik-Kommission gelten künftig enge zeitliche Vorgaben. So übermittelt die Ethik-Kommission ihre Entscheidung über den Antrag im Regelfall innerhalb einer Frist von 30 Tagen an den Antragsteller, wobei der Ablauf dieser Frist allerdings im Fall der Anforderung ergänzender Unterlagen beim Antragsteller gehemmt wird (§ 8 Abs. 3 Satz 1 GCP-V). Die Frist von 30 Tagen gilt auch im Rahmen multizentrischer Prüfungen, wenn die klinische Prüfung in Deutschland lediglich in einer Prüfstelle durchgeführt wird. Sind hingegen mehrere Prüfstellen innerhalb Deutschlands beteiligt, gilt die 30-Tage-Frist nur für die beteiligten Ethik-Kommissionen, während der federführenden Ethik-Kommission eine Frist von 60 Tagen zukommt (§ 8 Abs. 5 mit Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 GCP-V). Für die klinische Prüfung von somatischen Zelltherapeutika, von Arzneimitteln, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten, von Gentransfer-Arzneimitteln und xenogenen Zelltherapeutika gelten Besonderheiten (§ 8 Abs. 4 GCP-V). Für amendments gilt eine Regelbearbeitungsfrist durch die Ethik-Kommission von 20 Tagen (§ 10 Abs. 2 GCP-V).

AMG.12 Welche formalen Änderungen ergeben sich speziell für die Antragstellung?

Der Antragsteller hat seinem Antrag ein von ihm oder seinem Vertreter unterzeichnetes Begleitschreiben in deutscher Sprache voranzustellen, das den Prüfplancode des Sponsors und den Titel der klinischen Prüfung angibt, Besonderheiten der klinischen Prüfung hervorhebt und auf die Fundstellen der diesbezüglichen Informationen in den weiteren Unterlagen verweist (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 GCP-V). Außerdem ist darin die zuvor erteilte EudraCT-Nummer mitzuteilen, also die Nummer, unter der die klinische Prüfung in der Europäischen Datenbank für klinische Prüfungen (EudraCT-Datenbank) geführt wird. Diese EU-Datenbank ist bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur angesiedelt und erfasst insbesondere Auszüge aus dem Genehmigungsantrag, die befürwortende Stellungnahme der Ethik-Kommission, die Mitteilung über den Abschluss der klinischen Prüfung und Hinweise auf durchgeführte Inspektionen. Zugriff auf diese Datenbank haben neben der Europäischen Arzneimittelagentur die national zuständigen Behörden und die EU-Kommission.

Der Antrag auf zustimmende Bewertung selbst soll künftig entsprechend den einschlägigen EU-rechtlichen Vorgaben (Detailed Guidance ENTR/CT-2, 6.1.2.1, Seite 4) aus zwei Modulen bestehen:

  • Modul 1 ist europaweit identisch abgefasst und stimmt mit dem vom Sponsor gegenüber dem BfArM zu verwendenden Antragsformular inhaltlich überein (vgl. Detailed Guidance ENTR/CT-2, 7.3, Seite 23 und Detailed Guidance ENTR/CT-1, Annex 1, Seiten 28 ff.).??
  • Modul 2 ist seitens der EU-Kommission lediglich als Vorschlag an die Mitgliedstaaten ausgearbeitet worden (vgl. Detailed Guidance ENTR/CT-2, 7.3, Seiten 23-25). Im Sinne einer weitreichenden Verfahrensstraffung geht die Tendenz der europäischen Ethik-Kommissionen allerdings dahin, auf eine nationale Anpassung dieses Moduls zu verzichten und es in der vorliegenden Form zu gebrauchen.

Der deutsche Gesetzgeber hat davon abgesehen, diese europäischen Vorgaben durch rechtsverbindliche Musterformulare umzusetzen. Maßgeblich für Sie als Antragsteller sind daher allein unsere Musterunterlagen für die Antragstellung, die im Hinblick auf einen deutschlandweiten Konsens der beteiligten Behörden und Ethik-Kommission erarbeitet wurden.

AMG.12 Haben sich die Einschlusskriterien für Prüfungsteilnehmer geändert?

In ihrer Präambel betont die GCP-Richtlinie das Anliegen, nicht einwilligungsfähige Personen einerseits optimal zu schützen, andererseits aber auch ihre Behandlungsmöglichkeiten zu verbessern, insbesondere die Behandlung von Kindern. Daher hat der Gesetzgeber die Anforderungen an eine Einbeziehung von Patienten in engen Grenzen auf das Erfordernis eines Gruppennutzens abgesenkt.

Bei volljährigen Teilnehmern ist künftig wie folgt zu differenzieren:

  • Volljährige Probanden dürfen auch künftig nur dann in eine klinische Prüfung eingeschlossen werden, wenn sie einwilligungsfähig sind, klinische Prüfungen an einwilligungsunfähigen gesunden Personen bleiben verboten (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AMG).
  • Bei der Teilnahme volljähriger Patienten, die an einer Krankheit leiden, zu deren Behandlung das zu prüfende Arzneimittel angewendet werden soll, ist zu differenzieren:
    • Die Teilnahme einwilligungsfähiger Patienten ist künftig auch dann zulässig, wenn für den Patienten infolge seiner Teilnahme kein individueller Nutzen zu erwarten ist, wohl aber ein direkter Nutzen für die Gruppe der Patienten, die an der gleichen Krankheit leidet (im einzelnen § 41 Abs. 1 AMG);
    • Die Teilnahme einwilligungsunfähiger Patienten setzt hingegen auch weiterhin die Aussicht auf einen individuellen Nutzen der betroffenen Person durch die Teilnahme an der klinischen Prüfung voraus (im einzelnen § 41 Abs. 3 AMG).

Bei minderjährigen Teilnehmern ist wie folgt zu differenzieren:

  • Minderjährige Probanden dürfen auch weiterhin nur dann in klinische Prüfungen eingeschlossen werden, wenn die Anwendung des Arzneimittels medizinisch indiziert ist, um bei dem betroffenen Minderjährigen Krankheiten zu erkennen oder ihn vor Krankheiten zu schützen (im einzelnen § 40 Abs. 4 AMG).
  • Minderjährige Patienten dürfen künftig hingegen auch dann in klinische Prüfungen eingeschlossen werden, wenn für den betroffenen Minderjährigen infolge seiner Teilnahme kein individueller Nutzen zu erwarten ist, wohl aber ein direkter Nutzen für die Gruppe der Patienten, die an der gleichen Krankheit leidet. In diesem Fall gelten jedoch zusätzliche Restriktionen, insbesondere das Erfordernis einer minimalen Belastung und eines minimalen Risikos (im einzelnen § 41 Abs. 2 AMG).

Soweit volljährige oder minderjährige Personen nicht einwilligungsfähig sind, ihre Teilnahme aber nach den vorstehend skizzierten Anforderungen zulässig ist, sind zur Durchführung von Aufklärung und Einwilligung die bei Schritt 3 der Antragstellung aufgeführten Besonderheiten bei der Einbeziehung nicht einwilligungsfähiger Personen strikt zu beachten.

AMG.12 Haben sich die Anforderungen an die Prüfärzte gewandelt?

Bei der Durchführung der klinischen Prüfung haben der Sponsor, der Prüfer und alle weiteren an der klinischen Prüfung beteiligten Personen künftig die Anforderungen der guten klinischen Praxis, also die Grundsätze der guten klinischen Praxis und die ausführlichen Leitlinien einzuhalten, die diesen Grundsätzen entsprechen und seitens der EU-Kommission veröffentlicht werden.

Darüber hinaus ist auf eine umfangreiche Regelung der Anzeige-, Dokumentations- und Mitteilungspflichten seitens des Sponsors und der Prüfer hinzuweisen, die überwiegend gegenüber den zuständigen Überwachungsbehörden einzuhalten sind. Für Krankenhäuser, die klinische Prüfungen mit Arzneimitteln zur Anwendung am Menschen durchführen, ist insbesondere § 12 GCP-V von Bedeutung, worin Mitteilungspflichten über unerwünschte Ereignisse geregelt werden, die der Prüfer unverzüglich zu erfüllen hat, und zwar im Regelfall gegenüber dem Sponsor, darüber hinaus je nach Sachlage aber auch gegenüber dem BfArM, der Ethik-Kommission oder sämtlichen beteiligten Ethik-Kommissionen (vgl. die Hinweise zur Meldung von SUSARs bei multizentrischen Arzneimittelprüfungen; Quelle: Arbeitskreis medizinischer Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik Deutschland). Zudem haben Sponsor und Prüfer nach § 11 GCP-V unverzüglich alle gebotenen Maßnahmen zum Schutz von Prüfungsteilnehmern vor unmittelbarer Gefahr zu treffen, wenn neue Umstände die Sicherheit der Teilnehmer beeinträchtigen können.

Die grundlegenden Anforderungen an die Herstellung, Freigabe und Einfuhr der Prüfpräparate sind in der Betriebsverordnung für pharmazeutische Unternehmer geregelt. In § 10 AMG und §§ 4 bis 6 GCP-V sind darüber hinaus ergänzende Vor schriften zur Kennzeichnung der Prüfpräparate enthalten.

Zuständige Überwachungsbehörde für die klinische Prüfung von Humanarzneimitteln ist auf Landesebene in Hessen weiterhin das Regierungspräsidium Darmstadt, zuständige Bundesoberbehörde grundsätzlich das BfArM, ausnahmsweise das Paul-Ehrlich-Institut (für Sera, Impfstoffe, Blutzubereitungen, Knochenmarkzubereitungen, Allergene, Testsera, Testantigene, Gentransfer-Arzneimittel, somatische Zelltherapeutika, xenogene Zelltherapeutika und gentechnisch hergestellte Blutbestandteile ).