UTP
Entwicklungspolitischer Einfluss von Regulierungen zu unlauteren Handelspraktiken auf Produzentinnen und Produzenten in globalen Agrarrohstoff-Wertschöpfungsketten.
Die Produktion und der Export von Agrarrohstoffen wie Kakao und Bananen sind essenzielle Einnahmequellen für Anbauländer des Globalen Südens und die dort ansässigen Erzeuger*innen. Dabei sind die erzielten Einnahmen oft nicht existenzsichernd. Diese Problematik wird durch eine sehr ungleiche Verteilung der Verhandlungsmacht, der Wertschöpfung und der Margen entlang der Wertschöpfungsketten zu Gunsten von Akteur*innen im Globalen Norden bedingt. Aufgrund der Ungleichgewichte zwischen kleinen und großen Unternehmen in der Lebensmittelversorgungskette ist diese auch besonders anfällig für unlautere Handelspraktiken. Unlautere Handelspraktiken (UTP) sind Transaktionen zwischen Unternehmen, die von guter Handelspraxis abweichen und gegen das Gebot von Treu und Glauben verstoßen.
Neue Regulierungsansätze wie etwa die EU-Richtlinie über unlautere Handelspraktiken (Directive on unfair trading practices in the agricultural and food supply chain, 2019) sowie nationale Gesetze der EU-Mitgliedsstaaten, wie etwa das deutsche Agrar-Organisationen-und-Lieferketten-Gesetz (AgrarOLkG), verfolgen das Ziel, die im Vergleich zu den einkaufenden Unternehmen kleineren landwirtschaftlichen Betriebe und Zulieferunternehmen durch ein Verbot bestimmter UTP zu schützen. Sie schützen auch Erzeuger*innen, die ihren Sitz außerhalb der Europäischen Union haben. Damit haben UTP-Gesetze auch Bedeutung für globale Wertschöpfungsketten (WSK) von Agrarrohstoffen.
Allerdings sind Anwendung und Bedeutung von UTP in relevanten Agrarrohstoff-WSK, wie denen von Kakao oder Bananen, derzeit nicht systematisch erforscht. Ebenso ist unklar, inwieweit die EU-Richtlinie und das AgrarOLkG zur Bekämpfung von UTP in globalen Agrarrohstoff-WSK geeignet und effektiv anwendbar sind, und was für erfolgreiche Regulierung aus der Handelspraxis der Fair Trade Economy gelernt werden kann. Aufgabe dieses Forschungsprojekts ist daher die Analyse von Handelswegen und Handelspraktiken in den globalen Kakao- und Bananen-WSK, anhand derer sowohl UTP als auch Preisfestsetzungsmechanismen und Regulierungen zum Verbot von Preisen unter Produktionskosten identifiziert und untersucht werden.
Ziel dieser Begleitforschung ist, das entwicklungspolitische Potenzial gesetzlicher Regelungen zur Vermeidung von UTP und für Preisfestsetzungsmechanismen in ausgewählten globalen Agrarrohstoff-WSK aufzuzeigen. Es werden die Möglichkeiten und Grenzen zu Vermeidung von unlauteren Handelspraktiken durch die EU-UTP-Richtlinie und das AgrarOLkG ermittelt. Im Zentrum steht die mögliche Verbesserung der Einkommenssituation (etwa bezogen auf Einkommensniveau und -stabilität) für Erzeuger*innen sowie daraus folgende entwicklungspolitische Implikationen.
Projektpartner: Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE)
Projektteam: Carola Schafhausen (Projektmitarbeiterin), Dr. Christina Weber (Projektleitung), Prof. Dr. Christian Herzig (Projektleitung)
Laufzeit: 10/2024 bis 09/2027 (36 Monate)
Zugehöriger Forschungsschwerpunkt der Professur: Transformation und Organisation von Wertschöpfungsketten und Ernährungssystemen
Das Projekt wird als Begleitforschungsvorhaben vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gefördert.
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