Das Gießener Modell der Lehramtsausbildung
Das Problem
Die fachwissenschaftliche Ausbildung in Chemie war bisher sehr strikt in die einzelnen Teildisziplinen der Chemie aufgeteilt und wurde von den einzelnen Instituten der Chemie weitgehend unabhängig voneinander durchgeführt. Mögliche übergreifende Themen wurden entweder mehrfach (sehr oft mit fehlendem Verweis auf die jeweilige Fachrichtung) oder überhaupt nicht gelehrt. Ebenfalls war ein sinnvoller Bezug zur Alltagschemie fast nicht vorhanden. In den einzelnen fachwissenschaftlichen Lehrveranstaltungen wurde zu wenig auf neue Methoden der Vermittlung des Chemie-Stoffs, wie z. B. Chemie-Software, eingegangen. Der Einsatz von neuen Medien beschränkte sich allenfalls auf reine Informationsbeschaffung über das Internet, so dass die Studierenden hier weitgehend auf sich alleine gestellt waren.
Die Lösung: Das Gießener Modell
Um die Chemie in ihrer vollen Breite lehren zu können, baut das Gießener Modell auf einer institutsübegreifenden Vermittlung des fachwissenschaftlichen Lehrstoffs auf. Die Dozenten stimmen die Modulinhalte weitestgehend aufeinander ab, ferner koordiniert ein Modulprüfungsausschuss die Modulinhalte. Um die Lehramtsstudierenden bereits während des Studiums auf die spätere Berufspraxis vorzubereiten, beinhaltet das Gießener Modell ein betreutes Anleiten von Schülerinnen und Schülern beim Experimentieren im Schülerlabor, so dass die Studierenden hier frühzeitig auf die spätere Praxis vorbereitet werden. Dabei lernen sie, wie Schüler angeleitet werden und wo evtl. beim Experimentieren in der Schule Probleme auftreten. Im Gießener Modell werden auch Vortrags- und Experimentierübungen angeboten. Hierbei werden die Studierenden mit der Videokamera gefilmt, um in einer anschließenden Diskussion u.a. gezielt auf den Vortragsstil einzugehen. Gleichzeitig erhält die/der Studierende dadurch die Möglichkeit, seinen Vortragsstil umfassender zu beurteilen und zielgerichteter zu verbessern.
Ferner werden im Gießener Modell separate Veranstaltungen angeboten, in denen die Studierenden schultaugliche Experimente zu vorgegebenen Unterrichtsthemen erarbeiten sollen und diese auch ihren Kommilitonninen und Kommilitonen vorführen. Dabei wird darauf geachtet, dass überwiegend Alltagsprodukte als "Chemikalien" verwendet werden dürfen, um auch hier frühzeitig auf die schulische Alltagssituation vorzubereiten. Parallel dazu werden die Studierenden angeleitet, sich möglichst frühzeitig mit den Inhaltsstoffen von Alltagsprodukten auseinanderzusetzen. Hierzu lernen die Studierenden die vielfältigen Methoden der Informationsbeschaffung kennen, wie sie das Internet, Fachbücher sowie Fachzeitschriften bieten.
Das Gießener Modell geht noch weiter
Die universitäre Lehramtsausbildung endet an der JLU zur Zeit mit dem Ablegen des Ersten Staatsexamens. Das Fachgebiet Chemie der JLU möchte sich auch danach in der Phase II (Studienseminare) und Phase III der Lehrerbildung am Prozess des lebenslangen Lernens beteiligen. Wir betreuen daher unsere Absolventen auch nach dem Studium in vielfältiger Form weiter. Dies erfolgt u. a. durch den Alumni-Verein Freunde der Chemischen Institute, der den Ehemaligen einen ungezwungenen Kontakt zu Dozenten sowie Industriechemikern eröffnet.
Zur Zeit besteht hier folgendes Angebot:
- Fortbildungsveranstaltungen der chemischen Institute (z. B. NMR-Kurs)
- Ausleihe von Literatur sowie Experimentiergeräten
- Außerschulisches Lernen im Schülerlabor
- Individuelle Kooperationsmöglichkeiten
Der Verein informiert seine Mitglieder regelmäßig über aktuelle Angebote.