Vom Verschwinden der Sturmschwalben
Langzeitstudie unter Federführung der Universität Gießen zum kleinsten antarktischen Seevogel zeigt über 90 Prozent Rückgang der Population
Um die Auswirkungen von Umweltveränderungen auf Seevogelpopulationen zu verstehen, sind Langzeitstudien unerlässlich, aber selten. Biologinnen und Biologen aus Deutschland, Polen und Argentinien haben über vier Jahrzehnte Daten zur Populationsdynamik und zum Bruterfolg von Buntfuß-Sturmschwalben in der Antarktis zusammengetragen und nun unter der Leitung von Prof. Petra Quillfeldt, Institut für Tierökologie und Spezielle Zoologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), analysiert. Das Ergebnis: ein dramatischer Rückgang der Art. Die Studienergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Polar Biology“ veröffentlicht worden.
Von 1978 bis 2020 hatten Forscherinnen und Forscher die Population von Buntfuß-Sturmschwalben (Oceanites oceanicus) von der King-George-Insel (Südshetlandinseln, Antarktis) untersucht. Diese Region ist sehr stark vom Klimawandel betroffen, insbesondere sind die Wintertemperaturen dort schon um mehr als sechs Grad angestiegen und die Bedeckung mit Meereis ist stark rückläufig. In der Folge ist mehr Luftfeuchtigkeit zu verzeichnen und dies führt zu vermehrtem Schneefall, der die Eingänge der Nester blockiert. In manchen Jahren konnten die Sturmschwalben erst sehr spät brüten, in anderen wurden brütende Altvögel oder Küken vom Schnee in ihren Nestern eingeschlossen.
Oft fanden die Sturmschwalben auch zu wenig Nahrung, weil ihre Hauptnahrungsquelle, der Antarktische Krill, unter dem Rückgang des Meereises leidet. Diese Umweltfaktoren hatten deutliche Auswirkungen auf die Sturmschwalben-Bestände: Die Studie ergab einen Rückgang der Population um 90 Prozent in zwei Kolonien und beträchtliche Schwankungen im Bruterfolg und den Wachstumsraten der Küken.
„Mit dem erwarteten weiteren Anstieg der Luft- und Meerestemperaturen ist eine weitere Zunahme der Niederschläge über der antarktischen Halbinsel und erhöhte Häufigkeit von Schneestürmen zu erwarten“, so Prof. Quillfeldt. „Darüber hinaus werden die steigenden Temperaturen wahrscheinlich die Verfügbarkeit von Krill weiter verringern. Die aktuellen Umweltveränderungen können daher zu einem weiteren Rückgang der Sturmschwalben-Population führen und wir erwarten, dass sich dieser Trend in Zukunft fortsetzt oder sogar beschleunigt.“
- Publikation
Ausems, A.N.M.A., Kuepper, N.D., Archuby, D. et al. Where have all the petrels gone? Forty years (1978–2020) of Wilson’s Storm Petrel (Oceanites oceanicus) population dynamics at King George Island (Isla 25 de Mayo, Antarctica) in a changing climate. Polar Biol (2023). https://doi.org/10.1007/s00300-023-03154-4 - Kontakt
Prof. Dr. Petra Quillfeldt
AG Verhaltensökologie und Ökophysiologie
Institut für Tierökologie und Spezielle Zoologie
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E-Mail: Petra.Quillfeldt@bio.uni-giessen.de