Optimal foraging
Optimierte Nahrungssuche – Anpassungen pelagischer Seevögel an Energielandschaften und ihre biogeographische Umwelt
Die Effizienz des Beuteerwerbs bestimmt, ob Tiere erfolgreich Nachkommen großziehen und gleichzeitig ihre eigene Körperkondition erhalten und Prädation vermeiden können, ob sie also eine hohe Fitness (gemessen als lebenslangen Fortpflanzungserfolg) erreichen können. Um inter- und intraspezifische Unterschiede in morphologischen Merkmalen zu untersuchen, wurden deshalb in einer Studie1 die Schnabelform drei verschiedener Sturmvogelarten (Procellariidae) verglichen. Die Schnabelform hat Auswirkungen auf die Effizienz der Nahrungsaufnahme. Für die Untersuchung wurden die Schnäbel von Sturmvögeln Pachyptila belcheri, Halobaena caerulea und Pachyptila desolata verschiedener Populationsstandorte mittels geometrisch-morphometrischen Methoden vermessen. Dabei ergaben sich nicht nur interspezifisch deutliche Unterschiede in Größe, Form und Länge, sowie intraspezifische Unterschiede zwischen verschiedenen Populationen. So waren beispielsweise die Schnäbel von Pachyptila desolata der Kerguelen-Inseln länger und schmaler als die einer Population auf Bird Island (Südgeorgien/Sandwichinseln). Es ist davon auszugehen, dass die Schnabelformen Anpassungen an das geographisch unterschiedliche Nahrungsangebot und somit eine Form der Nischendifferenzierung sind.1
Abb. 1: Morphospace des rechten Profils der Schnäbel von Pachyptila belcheri (TBP), Halobaena caerulea (BP) und Pachyptila desolata (AP) verschiedener Populationen; Form der Nares, Größe der Unguis maxillaris und mandibularis und Länge der Hakenspitze auf der x-Achse (RW1); Schnabeltiefe und Form der Unguis maxillaris auf der y-Achse (RW2)1
Es gibt zudem zahlreiche Studien zum Beuteerwerb von Tieren, die sich darauf konzentrieren, die räumliche Verteilung der Tiere zu beschreiben. Dagegen sind die Mechanismen, welche zu dieser Verteilung führen, weitgehend noch nicht untersucht. Diese Lücke könnte durch den Einsatz neuer Methoden in der Analyse von Tierbewegungen geschlossen werden. Daten des Habitats können mit Beschleunigungsdaten der Tierbewegungen verschnitten werden, um energetische Kosten der Bewegungen im potenziellen Beuteraum zu berechnen und diese in eine Energie-Landschaft (energy landscape) zu übertragen.
Eselspinguine (Pygoscelis papua), welche eine hohe Flexibilität in ihrem Nahrungssuchverhalten zeigen, eignen sich besonders für solche Untersuchungen. Im Rahmen einer Studie2 wurden deshalb über einen Zeitraum von zwei Jahren Individuen aus zwei getrennten Brutkolonien auf New Island (Falklandinseln) mit GPS-TD-Loggern und Accelerometern ausgestattet sowie Isotopanalysen von Kükenfedern durchgeführt. Aus den gewonnenen Daten erstellte Energie-Landschaften (energy landscapes) unterschieden sich zwischen den Jahren und Kolonien. Sie änderten sich mit Variationen in Tauchtiefe, Jagdgebiet und weiteren Parametern und zeigten zudem Auswirkungen auf den Bruterfolg.2
In einer weiteren Untersuchung3 wurde deshalb der Zusammenhang zwischen energy landscapes und der Populationsdynamik an verschiedenen Brutplätzen untersucht. Neben P. papua von New Island und der Livingston-Insel wurden Zügelpinguine (P. antarctica) auf Deception Island mit GPS-TD-Loggern und Accelerometern ausgestattet. Es wurden zudem Isotopanalysen, molekulare Kotanalysen und Blutanalysen durchgeführt. Eselspinguine von der Livingston-Insel, einem Standort mit positiven Populationstrends, fanden Nahrung in Sektoren der Energy landscapes, die niedrigere Suchkosten pro gewonnene Energie implizierten, im Vergleich zu denen um New Island, einem Brutplatz mit schwankenden Energiekosten für die Nahrungssuche, den Bruterfolg und die Populationen. Zügelpinguine von Deception Island wandten für ihre Beutezüge noch geringere Kosten auf als Eselspinguine von der Livingston-Insel, hatten weniger Stress und waren in besserer physischer Verfassung. Ihre Brut war zudem erfolgreicher. Die geringeren Kosten für die Nahrungssuche der Eselspinguine aus Livingston könnten einen höheren Bruterfolg begünstigen, was den positiven Populationstrend dieser Art auf der Antarktischen Halbinsel erklären würde. Die geringeren Kosten für die Nahrungssuche bei Zügelpinguinen könnten auch ihren höheren Bruterfolg im Vergleich zu den Eselspinguinen aus der Antarktis erklären, nicht aber ihren negativen Populationstrend. Insgesamt konnten die Ergebnisse einen Zusammenhang zwischen energy landscape, Kosten für die Nahrungssuche, Stress und physischer Verfassung verdeutlichen, welcher sich unmittelbar auf den Fortpflanzungserfolg und damit auf die Populationsdynamik auswirkt. Diese Ergebnisse sollen dazu beitragen zu verstehen, wie Tiere auf unterschiedliche Umweltbedingungen reagieren. Dies ist in Zeiten sich ständig verändernder Bedingungen, wie sie derzeit durch die Einflüsse des Klimawandels entstehen, besonders relevant.3
Quellen
1. Laranjeiro MI, Farré M, Phillips RA, Quillfeldt P, Bonadonna F, Gémard C, Daigre M, Suazo CG, Barbraud C, Navarro, J. (2022). Variation among species and populations in bill shape and size in three planktivorous petrels. Marine Biology, 169: 1-12. DOI:https://doi.org/10.1007/s00227-021-04014-7.
https://link.springer.com/article/10.1007/s00227-021-04014-7
2. Masello JF, Kato A, Sommerfeld J, Mattern T, Quillfeldt P (2017): How animals distribute themselves in space: variable energy landscapes. Frontiers in Zoology, 14: 33. DOI:https://doi.org/10.1186/s12983-017-0219-8.
https://frontiersinzoology.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12983-017-0219-8
3. Masello JF, Barbosa A, Kato A, Mattern T, Medeiros R, Stockdale JE, Kümmel MN, Bustamante P, Belliure J, Benzal J, Colominas-Ciuró R, Menéndez-Blázquez J, Griep S, Goesmann A, Symondson WOC, Quillfeldt P (2021): How animals distribute themselves in space: energy landscapes of Antarctic avian predators. Movement Ecology 9: 24. DOI: 10.1186/s40462-021-00255-9.
https://movementecologyjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/s40462-021-00255-9