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Farblabor
Im Farblabor stehen uns vierlei Möglichkeiten zur Darbietung von Farbe zur Verfügung (Abb. 1). Diese beinhalten einerseits farbige Oberflächen und Materialien und andererseits farbige Beleuchtungen.
Die dunkle Seite des Farblabors
Zu Betriebszeiten ist das Farblabor allerdings beinahe vollständig farblos (Abb. 2). Das liegt daran, dass während eines Farbexperiments genau kontrolliert wird, welche Lichtsignale das Auge des Betrachters erreichen. Dies ist gerade deshalb so wichtig, da Farben stets relativ zu ihrer Umgebung wahrgenommen werden. Um störende Lichtquellen auszuschließen, sind im Farblabor daher die Wände schwarz angestrichen und die Fenster lichtdicht verschließbar. Weiterhin sind die Computer-Bildschirme mit schwarzausgekleideten Sicht-Tunneln ausgestattet, durch die die Versuchsteilnehmer auf den Bildschirm schauen. Schließlich wird durch Kinnstützen der Abstand zum Bildschirm kontrolliert. Mit dem Abstand verändert sich nämlich die wahrgenommene Größe der auf dem Bildschirm dargebotenen Bilder. Und diese Größe hat aufgrund des Aufbaus der Netzhaut, also der lichtempfindlichen Rezeptoren im Auge, auch einen Einfluss auf die wahrgenommenen Farben.
Experimente am Computer
Die Grundlage vieler Untersuchung im Farblabor stellen die Monitore dar (Abb. 2). Durch sie werden farbige Reize wissenschaftlich kontrolliert dargeboten. Um diese wissenschaftliche Kontrolle zu gewährleisten, wird sich sowohl besonderer Geräte wie auch besonderer Kalibrierungsprozeduren bedient. Die auf einem Monitor gezeigten Farben werden durch die Einstellung dreier Farbwerte, R, G und B, bestimmt. Jedoch sind diese RGB-Werte spezifisch für einen Monitor. Dass bedeutet, dass die gleichen RGB Einstellungen eines Monitors auf einem anderen Monitor andere Farben hervorbringen. Zum Zweck der Kalibrierung werden daher sowohl die genaue Farbigkeit der drei Werte (R, G und B) wie auch die Helligkeitsbeiträge der einzelnen Stufen dieser drei Werte gemessen. Daher sind das Spektrometer und das Photometer notwendige Accessoires des Farblabors. Mit dem Spektrometer kann man die genaue Wellenlängenzusammensetzung des Lichtes messen. Auf diese Weise kann die Farbigkeit des Monitors und insbesondere der einzelnen R, G und B Lichtquellen bestimmt werden. Das Photometer misst mit hoher Genauigkeit die Helligkeit der auf dem Bildschirm dargestellten Farben. Mit ihm können die Helligkeitsbeiträge der einzelnen Stufen der RGB-Werte bestimmt werden. Mit Hilfe dieser Angaben kann berechnet werden, welche RGB-Werte man für einen bestimmten Bildschirm verwenden muss, um eine genau definierte Farbe auf dem Bildschirm darzustellen. Diese Kalibrierungsmessungen sind allerdings nur dann brauchbar, wenn der betroffene Bildschirm über die gesamte Bildschirmoberfläche hinweg möglichst gleichmäßige Lichtsignale abgibt und außerdem seine Leistung über die Zeit der Experimente hinweg möglichst stabil bleibt. Aus diesem Grund ist das Farblabor mit den hochwertigsten CRT-Monitoren und entsprechenden Graphikkarten zum ansteuern derselben ausgestattet. Für Versuche, bei denen es um besonders geringe Farbunterschiede geht, werden zusätzlich speziell zur Farbforschung entwickelte Geräte zur Erhöhung der Farbauflösung verwendet. Jede der drei RGB-Lichtquellen kann durch ein solches Gerät dann statt 256 (8Bit) bis zu 16384 (14 Bit) verschiedene Stufen anzeigen. Auf diese Weise werden im Farblabor z.B. ganz exakt jene Farbunterschiede bestimmt, die gerade noch vom Betrachter wahrgenommen werden (sog. Diskriminationsschwellen). Je nach Versuch kommen im Farblabor außerdem regelmäßig z.B. eine hochwertige Kamera oder auch spezielle Eingabegeräte, die meist von unserem Techniker gebaut werden, zum Einsatz. Zu letzteren gehört z.B. ein hochpräzises, analoges Reaktionszeitmessgerät oder auch ein beleuchtetes Eingabegerät.
Beispielveröffentlichungen mit Experimenten am Computer sind:
Hansen, T., & Gegenfurtner, K. R. (2013). Higher order color mechanisms: evidence from noise-masking experiments in cone contrast space. Journal of Vision, 13(1). doi:10.1167/13.1.26
Hansen, T., & Gegenfurtner, K. R. (2017). Color contributes to object-contour perception in natural scenes. Journal of Vision, 17(3), 14-14. doi:10.1167/17.3.14 Witzel, C., & Gegenfurtner, K. R. (2018). Are red, yellow, green, and blue perceptual categories? Vision Research, in press. doi:https://doi.org/10.1016/j.visres.2018.04.002
Kontrolle von Beleuchtungsfarben
Neben Computerexperimenten gibt es im Farblabor auch die Möglichkeit, gezielt die Beleuchtung von Materialien zu messen und zu kontrolieren (Abb. 1). Mit einem Spektroradiometer können wir die Spektren des einfallenden und des reflektierten Lichtes genau messen. Eine hyperspektrale Kamera erlaubt es uns sogar Bilder mit spektraler Information aufzunehmen. Das bedeutet, dass an jedem Bildpunkt Information über die spektrale Zusammensetzung des einfallenden Lichtes gespeichert wird.
Beispielveröffentlichungen mit diesem Versuchsaufbau sind:
Ennis, R., Toscani, M., & Gegenfurtner, K. R. (2017). Seeing lightness in the dark. Current Biology, 27(12), R586-R588.
Ennis, R., Schiller, F., Toscani, M., & Gegenfurtner, K. R. (2018). Hyperspectral database of fruits and vegetables. Journal of the Optical Society of America A, 35(4), B256-B266.
Der "Raum im Raum"
Für einige Experimenten hatten wir einen großen Kubus, der von einer Seite zugänglich ist, aufgebaut – sozusagen ein Raum im Raum (Abb. 3). Dieser Raum diente dazu, die Stimulation (und Adaptation) über das gesamte Gesichtsfeld zu kontrollieren. Gegenüber der Öffnung des Raumes ist ein Bildschirm in die Wand eingelassen. Die Öffnung des Raumes ist mit Eingabegeräten ausgestattet, so dass der Versuchsteilnehmer von hier aus die Versuchsaufgaben bearbeiten kann. Links und rechts neben der Öffnung sind, für den Versuchsteilnehmer unsichtbar, Leuchtstoffröhren angebracht. Diese können vom Computer angesteuert und durch oben beschriebene Prozedur kalibriert werden. Auf diese Weise kann dieser kleine Raum kontrolliert beleuchtet werden. Bei Untersuchungen zum Gedächtnisfarbeneffekt, beispielsweise, müssen die Versuchspersonen die Farben von Objekten einstellen. Dabei muss der Raum genau in dem Farbton beleuchtet werden, der dem Hintergrund des Monitors entspricht, denn man soll möglichst keinen Unterschied zwischen Monitor und Wand sehen. Mit Hilfe dieses Versuchsaufbaus konnte gezeigt werden, dass man ein Objekt, das normalerweise eine bestimmte Farbe hat, auch dann noch in dieser Farbe schimmern sieht, wenn es objektiv farblos, also grau, ist.
Beispielveröffentlichungen mit diesem Versuchsaufbau sind:
Hansen, T., Olkkonen, M., Walter, S., & Gegenfurtner, K. R. (2006). Memory modulates color appearance. Nature Neuroscience, 9(11), 1367-1368.
Hansen, T., Walter, S., & Gegenfurtner, K. R. (2007). Effects of spatial and temporal context on color categories and color constancy. Journal of Vision, 7(4), 1-15.
Das ausgelagerte Farblabor
Zuweilen wird das Farblabor aber auch "ausgelagert". Dies ist dann der Fall, wenn Farbwahrnehmung in einer Alltagsumgebung untersucht werden soll. So wurden z.B. die Fenster des Kolloquiumsraumes mit speziellen Farbfiltern ausgestattet, um die Stabilität von Farbkategorisierung unter verschiedenen Beleuchtungen zu messen (Abb. 4). Dabei mussten die Versuchspersonen unter der jeweiligen Beleuchtung hunderte farbiger Chips den grundlegenden Farbkategorien, wie rot, grün, lila etc. zuordnen. Zuweilen konnte man die Welt wirklich rosarot sehen, sobald man den Kolloquiumsraum betrat. Aber Vorsicht! Nach kurzer Zeit führt ein Aufenthalt in dieser Umgebung zur Adaptation. Das bedeutet, dass die Augen sich an die rosige Beleuchtung gewöhnen. Dann erscheint das rosarote Licht völlig normal und farblos. Stattdessen sieht man alles in Grün, sobald man den Raum wieder verlässt. Das dauert dann so lange, bis man wieder an die gewöhnliche Beleuchtung adaptiert hat.
Beispielveröffentlichungen mit realistischem Versuchsaufbau sind:
Bloj, M., Weiss, D., & Gegenfurtner, K. R. (2016). Bias effects of short- and long-term color memory for unique objects. Journal of the Optical Society of America. A, Optics, image science, and vision, 33(4), 492-500. doi:10.1364/JOSAA.33.000492
Olkkonen, M., Witzel, C., Hansen, T., & Gegenfurtner, K. R. (2010). Categorical color constancy for real surfaces. Journal of Vision, 10(9), 1-22. doi:10.9.16 [pii] 10.1167/10.9.16
Abb. 1:Die farbigen Materialien des Farblaors. Im Hintergrund auf der rechten Seite sieht man eine Apparatur zur kontrollierten Beleuchtung, hier mit grünem Licht. Auf der linken Seite kann man unter einer anderen Beleuchtung Farben mit denen in der Beleuchtungsbox vergleichen, wie z.B. bei Experimenten zur Farbkonstanz. Im Vordergrund sieht man ein Kleid, wie es auf dem berühmten Photo #theDress zu sehen ist.
Abb. 2: Eine typische Versuchsanordnung für ein Experiment zur Farbwahrnehmung. Fast alles ist schwarz. Nur im Hintergrund kann man auf dem Bildschirm kalibriert dargebotene Farben sehen. Im Vordergrund kann man schwach eine Kinnstütze sowie seitlich den Sichttunnel erkennen. In diesem Beispiel werden auf dem Bildschirm Farbverteilungen zur Untersuchung der kortikalen Mechanismen der Farbwahrnehmung gezeigt (Hansen & Gegenfurtner, 2013).
Abb. 3: Der „Raum im Raum". Die Versuchsperson blickt in eine beleuchtete Kammer. Auf der gegenüberliegenden Wand ist ein Bildschirm eingelassen, auf dem die Bilder für das Experiment angezeigt werden. Die Beleuchtung dieser Kammer wird vom Computer gesteuert, so dass Bildschirm und Beleuchtung aufeinander abgestimmt werden können. Im Vordergrund sieht man wieder eine Kinnstütze sowie die Eingabegeräte, die zur Bewältigung der jeweiligen Aufgabe nötig sind. In diesem Beispiel wird eine Banane dargeboten, deren Farbe zum Nachweis der Wirkung von Gedächtnisfarben von den Versuchspersonen über die Tastatur eingestellt werden kann (vgl. Hansen et al., 2006).
Abb. 4. Das „ausgelagerte Farblabor". Die Fenster des Kolloquiumsraums sind mit rosafarbenen Folien bestückt (im Hintergrund links), so dass der Raum in rosafarbenem Tageslicht beleuchtet wird (siehe Olkkonen et al., 2010). Die Kamera ist so eingestellt, dass sie die Beleuchtung nicht vollständig automatisch ausgleicht. Dadurch sieht man einen leichten rosafarbenen Schimmer, z.B. auf der weißen Wand im Hintergrund. Im Vordergrund befinden sich standardisierte Farbplättchen, die im Experiment von den Teilnehmern verschiedenen Farbkategorien zugeteilt werden sollten. Auf dem Monitor wird eine weiße Fläche gezeigt. Da der Monitor eine Lichtquelle ist, strahlt er unbeeinflusst von der umgebenden Beleuchtung ein weißes Licht aus. Dieses erscheint dem Beobachter hier grünlich und gerade nicht weiß. Stattdessen erscheint das rosa beleuchtete Blatt Papier weiß. Der Grund dafür ist, dass der Beobachter (hier die Kamera) an die rosa Beleuchtung adaptiert.
Weitere Informationen zur Farbwahrnehmung und aktuellen Forschungsergebnissen finden Sie bitte hier.