Inhalt
Alfred Anderschs dritter Roman ‚Efraim‘ erschien erstmals 1967 im
Diogenes-Verlag. Der Roman handelt von der Suche seines Protagonisten,
des jüdischen Journalisten George Efraim, nach der eigenen Identität und
dem Sinn des Daseins. In Deutschland geboren, war Efraim von seinen
Eltern nach England geschickt worden, bevor die Nazis sie ermordeten.
Inzwischen lebt er hauptsächlich in Rom als Korrespondent einer britischen
Zeitung.
Die narratologische Besonderheit des Romans liegt in der komplexen
Zeitstruktur. Die durch eine Vielzahl von Zeitsprüngen ausgezeichnete
Romanhandlung beginnt damit, dass Efraim, der sich zu Beginn des
Romans in Berlin aufhält, um einen journalistischem Auftrag nachzugehen,
sein Elternhaus besucht. Der Besuch findet in der Nacherzählung Efraims
statt, der sich gegenwärtig zwar auch in Berlin aufhält, jedoch weil er den
Anweisungen seines Chefredakteurs Keir Horne folgt.
In Berlin soll er u.a. zur Kuba-Krise recherchieren, vor allem aber, soll er das unbekannte Schicksal von
Esther Bloch aufklären, der unehelichen Tochter Hornes und Jugendfreundin von Efraim. Als Halbjüdin,
deren Mutter in Auschwitz umgekommen ist, war sie in den Wirren des Holocaust verschollen, nachdem
die Nonnen ihrer Klosterschule, wie sich am Ende von Efraims Recherche herausstellt, das flüchtige
Mädchen abgewiesen hatten. Der Roman erzählt auf verschiedenen Zeitebenen auch die Nebenhandlung
in der Efraim seine Frau in Rom besucht und schließlich herausfindet, dass diese ein Liebesverhältnis zu
Keir hat. Alle Nebenhandlungen des Romans, die meist an verschiedenen Orten (Berlin,Rom und
London) stattfinden, werden als Binnenerzählungen auf einer metadigetischen Ebene in die
Intradiegetische Handlung eingefügt. Efraim geht im Laufe der Erzählung seiner Tätigkeit als Journalist
immer weniger nach. So entsteht in einem dreijährigen Schreibprozess ein Ich-Roman des Protagonisten
als Intradiegetische Handlung, in dem er durch Rückblenden und Nacherzählung, das Verhältnis zu
seiner Frau Meg, zu Keir und letztlich seine eigene Person zu reflektiert.