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Audio-Visionen: Bedeutungen des Akustischen in zeitgenössischen Theaterarbeiten (AT)

Promotionsprojekt von Julia Naunin.
Betreuer: Prof. Dr. Gerald Siegmund (ATW Gießen).

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Kurzdarstellung des Promotionsprojekts
Das Promotionsprojekt mit dem Arbeitstitel »Audio-Visionen: Bedeutungen des Akustischen in zeitgenössischen Theaterarbeiten« geht von Veränderungen der audiovisuellen Wahrnehmung aus. Das Interesse an diesen qualitativen Veränderungen wird am Beispiel von solchen zeitgenössischen Arbeiten verfolgt, die nicht auf der Basis von Partituren oder Dramen erarbeitet werden.

Die Vermutung von Veränderungen der audiovisuellen Wahrnehmung setzt bei der Diskussion um eine ‚Wiederentdeckung des Hörens‘ (Pavis) an. Darin wird die Aufmerksamkeit der Zuschauer und Zuhörer in einer Wechselbeziehung herausgefordert. Bedeutsam sind darüber hinaus, so die Annahme, kontinuierliche Verschiebungen zwischen auditiver und visueller Aufmerksamkeit. Beispielsweise halten zeitgenössische Arbeiten wie die des Performance-Kollektivs Velma eine Aktivität (und Aufmerksamkeit) der Zuschauer und Zuhörer in Gang, indem das Geschehen Hören und Sehen zum Thema macht. Eine Aktivität der Zuschauer und Zuhörer wird darin wirksam, die über ein (theaterkonstitutives) Bedingungsverhältnis von Hören und Sehen hinausgeht. Solche Aktivität und Bewegung der Aufmerksamkeit wird nicht allein aufgrund von Wahrnehmungskonventionen angeregt, sondern ist in den Sinnesleistungen zu vermuten. Maßgeblich rücken phänomenologische und kognitionsphilosophische Konzeptionen von Sinnesleistungen in den Vordergrund, insbesondere hinsichtlich von Imaginationen und hinsichtlich der Wahrnehmung von Atmosphären.

Die Frage, wie die audiovisuelle Wahrnehmung zeitgenössischer Theaterarbeiten sich verändert, ist verbunden mit der Konzeption des Akustischen zeitgenössischer Theaterarbeiten. Abgeleitet vom Akustik-Verständnis als Lehre vom Schall und der Ausbreitung von Schallwellen auf Resonanzkörper und –räume, geht das Akustische darüber hinaus, Schallwellen zu sein. Vielmehr sind in phänomenologischer Herangehensweise Klangkörper in Klangräumen zentral, die gleichsam in Form von medientechnischen Bearbeitungen hör- und/ oder sichtbar sind. Somit rückt die Wahrnehmung medialer Spuren ebenfalls an eine zentrale Stelle. In diesem Bezugsfeld gilt es, die besonderen Bedingungen für Hören und Sehen anhand von Beispielen zeitgenössischer Theaterarbeiten zu fokussieren und die Rolle des Akustischen in zeitgenössischen Theaterarbeiten zu profilieren.

Das Spannungsfeld zwischen ‚Liveness‘ und Mediatisierungen (Auslander) prägt die Bestimmung des Performativen in Gattungshybriden zwischen Performance, Tanz(theater) und Konzert. Die Wahrnehmungsoption der ‚Audio-Vision‘ -wie sie Michel Chion ausgehend vom Film konzeptioniert- wird zu ontologischen Bestimmungskriterien aus Theaterwissenschaft und Performance-Theorie in Beziehung gesetzt. Aufführungsanalysen spitzen am Beispiel der Aufführungen Rondo, Velma Superstar und Requiem des Schweizer Performance-Kollektivs Velma Figurationen des Hörens und Sehens als Veränderungen der audiovisuellen Wahrnehmung zu. Dabei gilt es, unter veränderten Wahrnehmungsbedingungen entlang grenzbeschreitender Aufführungspraktiken zu Analyseansätzen der audiovisuellen Wahrnehmung zeitgenössischer Theaterarbeiten beizutragen.


Kurzbiographie von Julia Naunin
Studium der Theaterwissenschaft/Kulturelle Kommunikation, Anglistik und Portugiesisch an der Humboldt Universität zu Berlin. Mitarbeiterin »spielart«-Festivals 1995 und 1997, »Theater der Welt«-Festivals 1996 und 1999, Dramaturgin für das Jugend- und Musikprogramm am HAU/Hebbel am Ufer 2003-07, Produktionsleitung und Dramaturgie in Tanz- und Theaterarbeiten von Sebastian Nübling, Jörg Buttgereit u.a., derzeit künstlerisch-wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Performative Künste und Bildung der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig.