Exkursion nach Kasachstan
Justus-Liebig Universität Gießen, Professur für Turkologie
Exkursion nach Kasachstan (Almaty, Canyon von Scharyn)
Vom 16. – 25. März 2017
Reisebericht
Vom 16. bis zum 25. März 2017 besuchten Studierende der Professur für Turkologie die kasachische Kulturmetropole Almaty, die bis 1997 kasachische Hauptstadt war. Die neuntägige Exkursion entstand durch die schon seit langem zwischen der JLU Gießen und kasachischen Universitäten bestehenden Kooperation. Gastgeber war die nach Al-Farabi benannte Kasachische Nationale Universität (Al-Farabi Kazakh National University). Der nach seiner Heimatstadt Farab (Otrar) in Kasachstan benannte Al-Farabi (872-950) war einer der bedeutendsten islamischen Philosophen und Gelehrten des Mittelalters.
Unter den 10 Gießener Studierenden, die an der Exkursion teilnahmen, befanden sich auch solche, die sich bereits mit der kasachischen Sprache befasst hatten. Kasachisch gehört wie Türkeitürkisch zu den Türksprachen. Es ist Kasachstans Staatsprache und konkurriert somit immer mehr mit Russisch, das zu Zeiten der Sowjetunion die offizielle Kommunikationssprache Kasachstans gewesen war. Wie die Studierenden bei zahlreichen offiziellen und inoffiziellen Begegnungen feststellen konnten, nimmt im Land zugleich auch die Bedeutung des Englischen zu. Dies ist Ausdruck einer Dreisprachenpolitik der kasachischen Regierung, mit deren Hilfe man das Land zu einem voll integrierten Mitglied der internationalen Staatengemeinschaft machen will.
Gegenstand der Studienreise waren zunächst Termine an der Al-Farabi-Universität. Der direkte Kooperationspartner der Professur für Turkologie, das Institut für Philologie und Weltsprachen unter der Leitung von Prof. Dr. Gul´mira Madieva, organisierte Vorträge und Führungen, bei denen die deutschen Besucher die Struktur des Instituts, die Geschichte der Universität und die Zentralbibliothek der Universität mit ihren ungefähr 2 Millionen Bänden kennenlernten.
Neben den Gesprächen und Vorträgen an der Al-Farabi-Universität gewannen die Studierenden auch direkte Einblicke in das Gießener Turkologie-Forschungsprojekt „Uighurisch im multiethnischen Kasachstan“. Das Projekt, welches von PD Dr. Michael Reinhard Heß unter der Leitung von Prof. Dr. Mark Kirchner durchgeführt wird, erforscht die sprachliche Situation der uighurischen Minderheit in Kasachstan. Wie die Kasachen sind auch die Uighuren ein Turkvolk. Die Gießener Exkursion besuchte die nach Abdulla Rozibaqiev benannte Uighurische Schule Nr. 153, an der wichtige Teile des JLU-Forschungsprojekts durchgeführt werden. Auf diese Weise gewannen die Teilnehmer einerseits einen direkten Einblick in den praktischen Ablauf eines Forschungsprojekts in einem zugegeben recht exotischen Land. Anderseits wurde ihnen auch ein plastischer Eindruck von der multiethnischen Gesellschaft Kasachstans vermittelt, in der Vertreter von über 100 Ethnien zusammenleben.
Ausser seiner akademischen Dimension hatte das Exkursionsprogramm auch einen landeskundlichen Teil, wobei beide mehr oder weniger fließend ineinander übergingen. So besuchten die Gießener Studierenden zusammen mit ihrem Betreuer das Uighurische Theater Almaty, das einzige seiner Art weltweit. Die Begeisterung war auf beiden Seiten groß. Die uighurischen Gastgeber waren über das von den Besucherinnen und Besuchern aus dem fernen Deutschland an ihrer Sprache und Kultur gezeigte Interesse glücklich, und die Theatertruppe holte sogar eine Studierende während einer Theaterperformance als Publikumsgag auf die Bühne. Andere Programmpunkte waren ein Opernabend im prachtvollen Opernhaus, das nach dem kasachischen Nationaldichter Abai (1845-1904) benannt ist und ein Stück im Auezov-Theater, wo die Gelegenheit geboten wurde, bestes Kasachisch live auf der Bühne zu erleben. Natürlich stand auch ein Besuch im Park der 28 Panfilov-Kämpfer im Herzen Almatys auf dem Exkursionsprogramm, samt der Christi-Himmelfahrt-Kathedrale und dem Musikinstrumentenmuseum.
Weitere Höhepunkte der Reise waren die Ausflüge zum Museum des in einer prähistorischen Grabanlage zutage beförderten „Goldenen Mannes“ von Esik, etwa 50 Kilometer östlich von Almaty, sowie zum Canyon von Scharyn, dessen karge Felslandschaft durchaus an seinen Namensvetter Grand Canyon erinnert.
Michael Reinhard Heß