KVV-WiSe 1997/98
Kommentiertes Vorlesungsverzeichnis des Zentrums für Philosophie und Grundlagen der Wissenschaft der Justus-Liebig-Universität Giessen
Einmalige Informationsveranstaltung: Mo 18-20, 2 st., Die Hochschullehrer und Lehrbeauftragten des Zentrums, Phil.I: A/3, ab 13.10.97
Philosophie im WS 1997/98
zugleich 1. Sitzung des propädeutischen Seminars. Das "Propädeutische Seminar" ist als Einführung in die Philosophie für Hörer aller Fachbereiche gedacht und dient dazu, einen Überblick über folgende Teildisziplinen der Philosophie zu geben: Philosophiegeschichte, Geschichtsphilosophie, Logik, Hermeneutik, Sprachphilosophie, Erkenntnistheorie und Wissenschaftstheorie, Naturphilosophie und Philosophie der Biowissenschaften, Anthropologie, Ontologie, Metaphysik, Ethik und Rechtsphilosophie, Politik, Ästhetik, Religionsphilosophie (detaillierte Terminübersicht ist im Zentrum für Philosophie erhältlich; siehe auch Aushang bei den einzelnen Fachbereichen).
V o r l e s u n g e n
Logische Propädeutik (Formale Logik)/Erkenntnistheorie und Ontologie (Wissenschaftstheorie):
Di 12-14, 2 st.Bartels Phil.I: A/5, ab 14.10.97
Einführung in die Wissenschaftstheorie
Die Vorlesung soll Sie mit den grundlegenden wissenschaftstheoretischen Begriffen vertraut machen: Hypothese, Beobachtung, Erklärung, Bestätigung, Vorhersage, Naturgesetz u.a. Es soll deutlich werden, worin der wissenschaftliche Weg der Welterschließung an die alltäglichen Formen des Wissenserwerbs anschließt - und worin er sich von diesen unterscheidet.
Literatur:
Lambert, K./Brittan, G.,G.: Eine Einführung in die Wissenschaftstheorie.Berlin: de Gruyter 1991
Kosso, P.: Reading the Book of Nature. An Introduction to the Philosophy of Science, Cambridge: Cambridge University Press 1992
Musgrave, A.: Alltagswissen, Wissenschaft und Skeptizismus. Tübingen: UTB (J.C.B. Mohr) 1993
Geschichte der Philosophie/Theoretische Philosophie/ Praktische Philosophie:
Di 14-16, 2 st.Becker, Phil.I: B/9, ab 14.10.97
Politische Philosophie II: Geschichte der Theorien anhand einer Auswahl: Plato bis Habermas
Die Vorlesung des vergangenen SS 'Politische Philosophie I' galt den systematischen Fragestellungen der Politischen Philosophie. Die Vorlesung des WS 1997/98 'Politische Philosophie II' bezieht sich auf die historische Dimension. Ich werde darin die bedeutenden Staatsphilosophen (von der Antike bis zur Gegenwart) mit ihren Ansätzen darstellen und diskutieren. Ich nenne eine Auswahl der zu behandelnden Philosophen: Plato, Aristoteles, Cicero, Augustin, Thomas v. Aquin, Thomas Hobbes, John Locke, Immanuel Kant, G.W.F. Hegel, Karl Marx, John Stuart Mill, Hans Kelsen, Joseph A. Schumpeter, John Rawls, Jürgen Habermas. Die Vorlesung ist aus sich heraus verstehbar. Man braucht, um mitzukommen, nicht an der Vorlesung 'Politische Philosophie I' teilgenommen zu haben.
Literatur:
Alle einschlägigen Geschichtswerke der Philosophie (Überweg bis Röd und Störig)
Maier, H. (Hrsg.): Klassiker des politischen Denkens. München 1966
Pipers Handbuch der politischen Ideen. München 1988
Geschichte der Philosophie (Antike/Mittelalter/Neuzeit):
Mi 18s.t.-1930, 2 st.,Meinhardt, Phil.I: A/3, ab 15.10.97
Neuplatonismus. Von Plotin bis Schelling
Der philosophiehistorische Terminus "Neuplatonismus" ist erst eine Prägung des 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Die Philosophiegeschichten behandeln unter diesem Namen primär jene außerchristliche philosophische Richtung vom 3. Bis zum 7. Jahrhundert, die, ausgehend von Platon, zu einer imponierenden Synthese der gesamten antiken Metaphysik gelangte. Die Wirkungsgeschichte dieses "Neuplatonismus" ist imponierend, deutlich nachweisbar und das Verstehen überhaupt erst ermöglichend selbst bei Autoren, die man so ohne weiteres gar nicht der platonischen Tradition zuordnen würde.
Die Vorlesung beginnt mit Plotin (gest. 270), geht über Proklos (gest. 518), (Pseudo)-Dionysius zu Scotus Eriugena (9.Jh.), über wichtige mittelalterliche Autoren zur Renaissance, zu Giordano Bruno, schließlich zu Schelling und Hegel. Sie faßt also ein gutes Stück Philosophiegeschichte unter einem nicht gerade üblichen, aber doch oft erhellenden Aspekt zusammen.
Literatur:
Die gängigen Philosophiegeschichten, zur Einführung etwa: Hirschberger, J.: Geschichte der Philosophie I, Freiburg: Herder-Verlag, 13. Auflage 1988
Beierwaltes, W.: Denken des Einen (Studien zur neuplatonischen Philosophie und ihrer Wirkungsgeschichte).Frankfurt/M. 1985
Beierwaltes, W.: Platonismus und Idealismus, 1972.
Meinhardt, H.: Artikel Neuplatonismus im L.d. MA. Artikel Platon, Platonismus im L.d. MA.
Meinhardt, H.: Artikel Neuplatonismus im HWP.
von Bredow, G: Platonismus im MA, 1972.
Seminar zur Vorlesung
Mi 1930-2015, Meinhardt ,1 st., Phil.I: C 2/29, ab 15.10.97
Das Seminar im Anschluß an die Vorlesung lädt ein zu weiterer Information und Diskussion.
Geschichte der Philosophie/Erkenntnistheorie und Ontologie/ Theoretische Philosophie:
Do 12-14, 2 st.Seel, Phil.I: A/5, ab 16.10.97
Stationen der Sprachphilosophie
Die Vorlesung behandelt wichtige Autoren der Sprachphilosophie in Form einer eingehenden Deutung weniger, ausgewählter Texte. Sie setzt im 18. Jahrhundert ein, wo sich die Philosophie der Sprache zum ersten Mal als eine eigenständige - und sogleich zentrale - Disziplin entwickelt. Sie führt bis zum Beginn dieses Jahrhunderts, in dem das Philosophieren über Sprache seine noch heute maßgebliche Form erhält. In exemplarischer Absicht werden Herder und Humboldt, Frege und der frühe Wittgenstein behandelt. In der Fortsetzung im Sommersemester werden der späte Wittgenstein und Heidegger, Habermas und Davidson im Mittelpunkt stehen. - Die Vorlesung kann als Einführung in die Sprachphilosophie gehört werden, ebenso als systematische Entfaltung eines von den Grenzen der hermeneutischen (von Herder, Humboldt und Heidegger repräsentierten) und analytischen (von Frege, Wittgenstein und Davidson vertretenen) Tradition unbeengten Begriffs von Sprache.
Literatur:
Herder, J.G.: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Hrsg. von H. D. Irmscher, Stuttgart 1989
v. Humboldt,W.: Schriften zur Sprache. Hrsg. von M. Böhler, Stuttgart 1973
Frege, G: Über Sinn und Bedeutung, in: ders. Funktion, Begriff, Bedeutung. Fünf logische Studien, Göttingen 1962
Frege, G.: Der Gedanke, in: ders., Logische Untersuchungen, Göttingen 1966
Wittgenstein, L.: Tractatus Logico-Philosophicus, in: ders., Werkausgabe Bd. I, Frankfurt am Main 1984
Taylor, Ch.: Bedeutungstheorien, in: ders., Negative Freiheit?Frankfurt am Main 1992
Diskussionsseminar zur Vorlesung
Do 1345-1430, Seel ,Phil.I: C 1/210, ab 16.10.97
Geschichte der Philosophie (Antike):
Mi 14 s.t.-1530 ,2 st, Suchla, Phil.I: A/3, ab 15.10.97
Von Aristoteles bis zum Ausklang der Antike
Die Vorlesung fragt nach den Grundlagen der abendländischen Philosophie. Unter dieser Fragestellung werden behandelt: Aristoteles, einige sokratische, platonische und aristotelische Schulen, die philosophischen Konzeptionen der Stoiker, Epikureer und Skeptiker, die frühe christliche Philosophie und konkurrierende Denkweisen wie jene der Gnosis oder des Manichäismus.
Literatur:
Totok, W.: Handbuch der Geschichte der Philosophie, Bd. I: Altertum. Indische, chinesische, griechisch-römische Philosophie. Frankfurt/M.: Klostermann 1964, ²1996
Seminar zur Vorlesung
Mi 1530-1615, 1 st, Suchla., Phil.I: A/3, ab 15.10.97
Das Seminar im Anschluß an die Vorlesung will den vorgetragenen Stoff vertiefen.
Theoretische Philosophie/Spezielle Philosophie (Biophilosophie):
Di 1800-1930, 2 st., Voland, Phil.I: A/3, ab 14.10.97
Soziobiologie (Biophilosophie III)
Die kopernikanische Wende kränkte die naive Eigenliebe der Menschheit, weil diese sich nunmehr aus der Mitte des Kosmos vertrieben sah. Darwin's Abstammungslehre kränkte die Menschen, weil sie ihrer Einzigartigkeit unter den Organismen beraubt wurden, und Freuds Psychoanalyse schließlich kränkte durch die Depotenzierung des Ichs zugunsten des Unbewußten. Die moderne Evolutionsbiologie - so wurde gesagt - stellt nun mit der ihr zugrundeliegenden Theorie vom 'egoistischen Gen' die vierte große narzistische Kränkung der Menschheit dar. Nicht um das leibliche Individuum und seine Selbsterhaltung geht es letztlich in den Lebensprozessen, sondern einzig um die Erhaltung und maximal mögliche Replikation genetischer Programme. Soziobiologie beschäftigt sich mit den Erscheinungsformen des genetischen "Prinzips Eigennutz" im Bereich des tierlichen und menschlichen Sozialverhaltens. Kooperation und Konkurrenz, Egoismus und Altruismus, Liebe und Haß, der ewige Krieg der Geschlechter und Eltern/Kind-Konflikte sind einige der Themen, um deren soziobiologischen Hintergrund es in der Vorlesung gehen wird.
Einführende Literatur:
Cronin, H.: The Ant and the Peacock, Cambridge: Cambridge University Press 1992
Dawkins, R.: Das egoistische Gen, 2. Aufl., Stuttgart: Spektrum Verlag 1994
Kotrschal, K.: Im Egoismus vereint ? Tiere und Menschentiere - das neue Weltbild der Verhaltensforschung. München/Zürich: Piper 1995
Krebs, J.R. & Davies, N.B.: Einführung in die Verhaltensökologie. 3. Aufl., Oxford: Blackwell 1996
Voland, E.: Grundriß der Soziobiologie. Stuttgart/Jena: G. Fischer 1993
Wickler, W. & Seibt, U.: Das Prinzip Eigennutz. München/Zürich: Piper 1991
Wuketits, F.M.: Soziobiologie - Die Macht der Gene und die Evolution sozialen Verhaltens. Heidelberg etc.: Spektrum Verlag 1997
Begleitseminar zur Vorlesung
Di 1930-2015, 1 st., Voland, Phil.I: C 1/210, ab 14.10.97
Das Begleitseminar dient der vertieften Diskussion des zuvor in der Vorlesung behandelten Stoffes.
Seminare
Geschichte der Philosophie (Neuzeit)/ Erkenntnistheorie und Ontologie (Wissenschaftstheorie)/Theoretische Philosophie (Naturphilosophie/Kosmologie):
Mi 10-12, 2 st., Bartels, Phil.I: C 1/3, ab 15.10.97
Immanuel Kant: Schriften zur Naturphilosophie
Immanuel Kants Beiträge zur Philosophie der Naturwissenschaft haben in den letzten Jahrzehnten eine Neubewertung durch verschiedene Autoren der Analytischen Wissenschaftstheorie erfahren (Michael Friedman, Philip Kitscher u.a.). Im Zentrum steht dabei v.a. Kants These eines teilweise apriorischen Charakters naturwissenschaftlicher Erkenntnis. Diese These ist, so die Autoren, nicht einfach überholt, sondern als Antizipation der Unvermeidlichkeit von Rahmentheorien zu lesen.
Wir wollen uns zunächst mit den "Metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft" sowie mit einigen "vorkritischen" Schriften Kants beschäftigen, um dann die Bedeutung der Kantischen Wissenschaftstheorie für die gegenwärtige Auffassung von Wissenschaft zu diskutieren.
Literatur:
Kant, I.: Vorkritische Schriften bis 1768, Werkausgabe Weischedel, Band I und II. Frankfurt: Suhrkamp (stw) 1991
Kant, I.: Schriften zur Naturphilosophie, Werkausgabe Weischedel, Band IX. Frankfurt: Suhrkamp (stw) 1991
Butts, R. E. (ed.): Kant's Philosophy of Physical Science. Dordrecht: Reidel 1986
Friedman, M.: Kant and the Exact Sciences. Cambridge/Mass.: Harvard Univ. Press 1992
Geschichte der Philosophie/Praktische Philosophie/Theoretische Philosophie:
Mo 10-12, 2 st., Becker, Phil.I: C 1/3, ab 20.10.97
Geschichtliche Grundbegriffe
Im Seminar werden zentrale Kategorien des Geschichtlichen behandelt, u.a. Fortschritt, Herrschaft, Hierarchie, Macht, Krise. Es werden Referate über die gleichlautenden Artikel der 'Geschichtlichen Grundbegriffe' (hg. von Brunner/Conzel/Koselleck), Stuttgart 1972ff. gehalten und diskutiert. Referenten sollten sich schon während der Semesterferien melden.
Literatur:
Brunner, C. & Koselleck, R. (Hrsg.): Geschichtliche Grundbegriffe. Stuttgart 1972ff.
Geschichte der Philosophie/Spezielle Philosophie (Lektürekurs):
Mo 16-18, 2 st., Becker, Phil.I: C 1/3, ab 20.10.97
Heinrich Heine, Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland
Wir werden Heines berühmte Schrift zur Geschichte der neuzeitlichen deutschen Philosophie lesen. Heine war nicht nur ein großer Lyriker, sondern auch ein philosophischer Kopf. Man kennt zwar häufig den Titel dieser Schrift, jedoch selten noch ihren Inhalt. Es gibt wenige philosophiegeschichtliche Darstellungen, die in der Weise wie bei Heine Kenntnisreichtum mit Witz und ironischer Kritik verbinden und die darüberhinaus so gut geschrieben sind.
Literatur:
alle Ausgaben der Werke von Heinrich Heine. Der Text wird den Teilnehmern gegen den Selbstkostenpreis in Kopie zur Verfügung gestellt.
Geschichte der Philosophie/Erkenntnistheorie und Ontologie/ Spezielle Philosophie/Didaktik:
Do 10-12, 2 st.Bertram, Phil.I: C 1/3, ab 16.10.97
Einführung in die Hermeneutik
Hermeneutik ist eine der Hauptströmungen insbesondere der deutschen Philosophie im 20. Jahrhundert. Zugleich erhebt sie aber auch den Anspruch, eine Metatheorie der Geisteswissenschaften zu sein. Eine Theorie des Verstehens, die sich von derjenigen der Erkenntnis in den Naturwissenschaften abgrenzt. Ursprünglich aus der Theologie und Jurisprudenz hervorgegangen, hat die Hermeneutik das gesamte Feld der Philologien und Kunstwissenschaften besetzt. So gibt es eine Text-hermeneutik genauso wie eine musikalische Hermeneutik usf.
Das Seminar wird wesentliche Positionen der Hermeneutik vorstellen und zugleich die Spezifik hermeneutischen Vorgehens zu klären suchen. Dabei geht es nicht nur um die Rekonstruktion einer philosophischen Theorie, sondern auch um diejenige einer Methodik von Philologien, Kunstwissenschaften, zuletzt auch von Soziologie. Insbesondere Wilhelm Dilthey, Martin Heidegger und Hans-Georg Gadamer sollen als Vertreter zu Wort kommen.
Literatur:
Dilthey, W.: Einleitung in die Geisteswissenschaften, Gesammelte Schriften, Band 1. Stuttgart/Göttingen: 1962
Dilthey, W.: Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften, Gesammelte Schriften, Band 7. Stuttgart/Göttingen 1958
Heidegger, M.: Sein und Zeit. Tübingen: 14. Aufl. 1977
Gadamer, H.-G.: Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik. Tübingen 1960
Grondin, J.: Einführung in die philosophische Hermeneutik. Darmstadt: WB 1991
Gadamer, H.-G./Boehm, G. (Hrsg.): Seminar: Philosophische Hermeneutik. Frankfurt: Suhrkamp 1976
Gadamer, H.-G./Boehm, G (Hrsg.): Seminar: Die Hermeneutik und die Wissenschaften. Frankfurt: Suhrkamp 1978
Gadamer, H-.G: Art. "Hermeneutik", in: Historisches Wörterbuch der Philosophie
Spezielle Philosophie/Erkenntnistheorie und Ontologie:
Do 18-20, 2 st.Hedrich, Phil.I: C 1/3, ab 16.10.97
Philosophie im Spiegel der Literatur - Die metaphysischen Träume des Jorge Luis Borges
Themen wie der Kosmos, Raum, Zeit (insbesondere Rekursivität, Zyklizität, ewige Wiederkehr), Individualität, Identität (des Autors, der Protagonisten, des Lesers), Paradoxien (Zeno), Kausalität, Emergenz, Ordnung und Chaos, Realität und Fiktionalität, mögliche Welten, die Welt als Text und die Welt als Traum gehören originär in den Kontext der Philosophie. Sie finden sich jedoch mit vielen anderen Themen aus dem Bereich der Kulturgeschichte und der Wissenschaft auch in den Erzählungen und Essays von Jorge Luis Borges, deren ideale Leser - nach Kritikermeinung - Philosophen und Kulturgeschichtler sind. Für Borges ist die Metaphysik ein Zweig der phantastischen Literatur. Konsequenterweise bettet er diese und weitere philosophisch-wissenschaftliche Elemente in einen Kontext ein, den man als Neophantastik bezeichnen könnte. Seine Erzählungen, Essays und (vermeintlichen) Rezensionen - Gattungen, die bei Borges nicht immer strikt voneinander zu trennen sind - bewegen sich, z.T. der inneren Dynamik von Träumen folgend, durch die Welt (das Labyrinth, das Netz) der (existierenden und nicht-existierenden) Texte, die für Borges die Welt schlechthin ist. Sie formulieren zu dieser Welt alternative Welten in Form von Metatexten bzw. Intertexten; ein ganzes Gewirr neuer Gänge und Verbindungstunnel wird in das bestehende Labyrinth der Textwelt eingelassen.
Literatur:
Borges, J.L.: Werke in 20 Bänden, Frankfurt ab 1991
-: Borges lesen, Frankfurt 1991
Agassi, J.: Philosophy as Literature. The case of Borges, Mind 79 (1970) 287-293
Alazraki, J. (ed.): Critical Essays on Jorge Luis Borges, Boston 1987
Barrenechea, A.M.: Borges the Labyrinth Maker, New York 1965
H. Bloom. H. (ed.): Jorge Luis Borges, New York 1986
Blüher, K.A. & de Toro, A. (eds.): Jorge Luis Borges. Variaciones interpretativas sobre sus procedimientos literarios y bases epistemologicas, Frankfurt 1992 - dort insbes.: A. de Toro: El productor 'rizomorfico' y el lector como 'detective literario': la aventura de los signos o la postmodernidad del discurso borgesiano
Dunham, L. & Ivask, I. (ed.): The Cardinal Points of Borges, Norman 1971
Fishburn, E. & Hughes, P.: A Dictionary of Borges, London 1990
Murillo, L.: Cyclical Night, Cambridge 1968
Niggestich, K.-J.: Metaphysik und Polarität im Weltbild Jorge Luis Borges',Göttingen 1976
Nuño, J.: La filosofia de Borges, Mexico 1986
Schäfer, A. Phantastische Elemente und ästhetische Konzepte im Erzählwerk von J.L. Borges, Frankfurt 1973
Stark, J.: The Literature of Exhaustion: Borges, Nabokov, Barth, Durham 1974
Sturrock, J.: Paper Tigers: The Ideal Fictions of Jorge Luis Borges
Wheelock, C.: The Mythmakers: A Study of Motif and Symbol in the Short Stories of J.L. Borges, Austin 1969
Geschichte der Philosophie (Mittelalter):
Fr 830-10 , 2 st., v. Ertzdorff- Kupffer/ Meister Eckhart, Phil.I: C 1/3, ab 17.10.97
Meinhardt
Meister Eckhart ist weder besonders deutlich noch besonders "mystisch"-tiefsinnig noch ein besonders Unangepaßter, noch ein besonders Aggressiver, noch gar der erste materialistische Atheist, sondern einer der vielen großen Gestalten der Philosophie und Theologie im Hochmittelalter. Als Universitätsprofessor lehrte und schrieb er in Latein, als praktischer Seelsorger predigte er selbstverständlich in mittelhochdeutscher Sprache. Mittelhochdeutsche Texte aus den erhaltenen Predigten werden Grundlage des Seminars sein, die gemeinsame Übersetzung soll ineins gehen mit der philosophischen und theologischen Interpretation.
Das Seminar ist eine Fortsetzung, Neueinstieg ist möglich (Protokolle).
Literatur:
Meister Eckhart: Werke I u. II. Texte und Übersetzungen von J.Quint u.a. Hg.: Nikolaus Largier, Frankfurt/M.: Deutscher Klassiker-Verlag 1993
Degenhardt, I.: Studien zum Wandel des Eckhartbildes. Leiden 1967
Fischer, H: Meister Eckhart. Einführung in sein philosophisches Denken. Freiburg 1974
Largier, N.: Bibliographie zu Meister Eckhart. Freiburg/Schweiz: Universitätsverlag 1989
Ruh, K.: Meister Eckhart. München 1985
Geschichte der Philosophie/Hermeneutik/Didaktik:
Mi 16-18, 2 st., Probst, Phil.I: A/3, ab15.10.97
Philosophie in Schillers Lyrik
Die Lyrik Fr. Schillers enthält viel philosophische Erkenntnis; diese soll an ausgewählten Beispielen erschlossen werden.
Literatur:
Schiller, F.: Gedichte. Hrsg. F. Fricke. Reclam-Bibliothek Nr. 7714
Geschichte der Philosophie/Erkenntnistheorie und Ontologie/ Theoretische Philosophie:
Do 16-18, 2 st., Seel, Phil.I: C 1/3, ab 16.10.97
Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen
Dieser klassische Text der modernen Philosophie soll in seinen zentralen Partien rekonstruiert und diskutiert werden. Wittgensteins Buch ist ein Werk, das zusammen mit einer neuen Art des Philosophierens eine Fülle origineller Thesen zu traditionellen Themen der Philosophie entwirft. An die Stelle der Entdeckung objektiver Strukturen des Seins oder Bewußtseins rückt in den "Untersuchungen" die Explikation von Grundzügen der menschlichen "Lebensform". Wichtige Themen sind dabei das Verhältnis von Sprache und Denken, von Sprache und Wirklichkeit, der Sinn von Definitionen, die Bedeutung sozialer Regeln, die richtige Art des Philosophierens und weiteres mehr.
Literatur:
Wittgenstein, L.: Philosophische Untersuchungen, in: ders., Werkausgabe Bd. I. Frankfurt am Main 1984
Wittgenstein, L.: Tractatus Logico-Philosophicus, in: ders., Werkausgabe Bd. I. Frankfurt am Main 1984
Baker, G.P. &. Hacker, P.M.S.: An Analytical Commentary on Wittgenstein's Philosophical Investigations. Oxford 1983 ff
Baker, G.P. &. Hacker, P.M.S.: Wittgenstein. Meaning and Understanding, Essays on the Philosophical Investigations. Oxford 1983 ff
Hacker, P.M.S.: Wittgenstein im Kontext der analytischen Philosophie. Frankfurt am Main 1997
Kripke, S.A.: Wittgenstein über Regeln und Privatsprache. Eine elementare Darstellung. Frankfurt am Main 1987
v. Savigny, E.: Wittgensteins "Philosophische Untersuchungen": Ein Kommentar für Leser, Band I und II, Frankfurt am Main 1993
"Der Löwe spricht…und wir verstehen ihn nicht.", Ein Symposion an der Universität Frankfurt anläßlich des 100. Geburtstages von Ludwig Wittgenstein, Frankfurt am Main 1991
Erkenntnistheorie und Ontologie/Theoretische Philosophie:
Fr 10-12, 2 st., Seel/ Liptow, Phil.I: C 1/3, ab 17.10.97
R. Brandom: Making it Explicit. Reasoning, Representing and Discoursive Commitment.
Das umfangreiche und anspruchsvolle Buch von Brandom ist die wohl bedeutendste sprachphilosophische Publikation der letzten Jahre. Mit durchweg analytischen Mitteln, aber einem jederzeit Hegelschen Systemgeist verbindet es eine neuartige pragmatische Theorie sprachlichen Handelns mit einer originellen Theorie des Geistes und der Rationalität. Der Autor verspricht nicht weniger als eine "unified vision of language and mind". Dabei kommt es zu einer detaillierten Durchführung von Gedanken, die im Pragmatismus des frühen Heidegger bis hin zu Apel und Habermas (aber auch beim späten Wittgenstein) immer nur skizziert worden sind. Es soll versucht werden, an ausgewählten Partien (mit einem Schwerpunkt in den Kapiteln 3 und 4) die Grundzüge der Theorie zu erarbeiten und ihre Plausibilität zu prüfen.
Literatur:
Brandom, R.B.: Making it Explicit. Reasoning, Representing and Discoursive Commitment. Cambridge, Mass. 1994
Logische Propädeutik/Didaktik der Philosophie:
Do 14-16, 2 st., Suchan, Phil.I: A/3, ab16.10.97
Logik
Inhalt dieses Seminars ist die moderne Logik mit dem Formalismus, wie dieser in der Aussagenlogik und in der Prädikatenlogik entwickelt wird. Neben der Darstellung dieses Teilbereichs der Logik und der Einübung technischer Fertigkeiten werden philosophische Reflexionen zu Gegenstand, Status und Ziel der (modernen) Logik behandelt. Damit stehen sowohl die Vermittlung des mathematischen Rüstzeuges für das logische Denken als auch Betrachtungen zu dessen Grundlagen im Vordergrund.
Aufgrund dieser Konzeption ist das Seminar für Studierende nicht nur der Philosophie, sondern auch aller derjenigen Disziplinen von Interesse, in denen der Gültigkeit von logischen Schlüssen und Argumenten zentrale Bedeutung zukommt.
Literatur:
v. Kutschera, F./Breitkopf, A.: Einführung in die moderne Logik. 6. Auflage. Freiburg : Alber, 1992
Quine, W. Van O.: Grundzüge der Logik. 9. Auflage. Frankfurt : Suhrkamp, 1995
Ruppen, P.: Einstieg in die formale Logik. Bern : Lang, 1996
Salmon, W. C.: Logik. Ditzingen : Reclam, 1983
von Savigny, E.: Grundkurs im logischen Schließen. 3., durchgesehene Auflage. Göttingen : Vandenhoeck und Ruprecht, 1993
Tugendhat, E./Wolf, U.: Logisch-semantische Propädeutik. Ditzingen : Reclam, 1993
Theoretische Philosophie/Spezielle Philosophie:
Di 16-18, 2 st., Suchan, Phil.I: C 1/3, ab14.10.97
David Hume: Dialoge über natürliche Religion
Mit der Etablierung des sich auf die Newtonsche Physik gründenden mechanistischen Weltbildes gewinnt ein Gottesbeweis an Bedeutung, der eng mit der theologischen Strömung des Deismus verbunden ist: Das perfekte Funktionieren aller Dinge in der Natur offenbart die Existenz eines intelligenten, allmächtigen Schöpfergottes. Wenn Gott demnach nicht nur mit dem übernatürlichen Licht der Vernunft, sondern auch mit dem natürlichen Licht der Vernunft erkannt werden kann, ist der klassische Gegensatz zwischen Glauben und Wissen insofern überwunden, als sowohl Theologie als auch Naturwissenschaft wahre Aussagen über das Wesen Gottes treffen können.
In Auseinandersetzung mit dieser theologischen Position verfaßt David Hume sein Werk Dialogues Concerning Natural Religion (1779), das zu den klassischen Texten der Philosophiegeschichte zählt. Die scharfsinnige Argumentation dieses Werkes und die glänzende Darstellung Humes werden in gemeinsamer Lektüre erschlossen. Dabei dient die Aufarbeitung von Sekundärliteratur zur Einordnung der Humeschen Gedanken in den historischen und in den systematischen Kontext.
Vorbesprechung:
Donnerstag, 17. Juli 1997, 16 c.t., Philosophikum I, Raum C 210
Nähere Informationen unter http://www.uni-giessen.de/~gde9/hume.htm
Literatur:
Hume, D.: Dialoge über natürliche Religion. 6., ergänzte Auflage. Hamburg : Meiner, 1993
Praktische Philosophie (Ethik):
Mo 1415-1545, 2 st., Voland, Phil.I: C 1/3, ab 20.10.97
Gentechnologie im Spannungsfeld von 'Können', 'Wollen' und 'Dürfen'
"Stenogramm der möglichen ethisch bedenklichen Auswirkungen [ von Bio- und Gentechnologie] auf die menschliche Kultur: schwindende Toleranz gegenüber genetisch bedingten Behinderungen oder Krankheiten, sinkende Euthanasieschwelle, Verzweckung des Menschen und der gesamten Biosphäre, weitere Industrialisierung der Landwirtschaft, technisch bestimmte Ernährungskultur, "biologischer Neokolonialismus" durch kommerzielle Ausnutzung der Bioressourcen vor allem aus den Regionen mit hoher Artenvielfalt ohne angemessene Beteiligung der Menschen der Herkunftsregionen, Veränderung des biologischen Wesens des Menschen (Eugenik)".
Christof Tannert, SPD, MdEP
"Es hieße die Bedeutung der Genforschung überzubewerten, wenn sie als völlig neuartiger, bisherige Erkenntnisse und Anwendungen sprengender Eingriff in eine bislang vom Menschen unberührte Natur eingestuft würde, und wenn ... die Gentechnik mit ... der Forderung, den unbedingten Selbstwert der Natur als Schöpfung anzuerkennen, konfrontiert wird."
Ernst-Ludwig Winnacker, Leiter des Genzentrums München, DFG-Präsident
"In Zukunft muß die Landwirtschaft gleichzeitig zwei kontradiktorische Bedingungen erfüllen: Sie muß maximal effizient, sowohl aus wirtschaftlichen als auch sozialen Gründen, und umweltschonend sein. Eine solche Landwirtschaft ist ohne Einsatz von Gentechnik in der Pflanzenzüchtung nicht zu erreichen"
Jozef Schell, MPI für Züchtungsforschung Köln
"Als klinischer Forscher und Krebstherapeut [ sehe ich] eine ethische Verpflichtung darin, nach Wegen zu suchen, vorhandene Erkenntnisse für den Menschen nutzbar zu machen".
Roland Mertelsmann, Med. Univ.-klinik, Freiburg
Einführende Literatur:
Elstner, M: (Hrsg.): Gentechnik, Ethik und Gesellschaft. Berlin etc.: Springer 1997
Gentechnik als eine Herausforderung in Deutschland. Nova acta leopoldina NF Band 70, Heft Nr. 286, 1993
Winnacker, E.-L. et al.: Gentechnik: Eingriffe am Menschen - Ein Eskalationsmodell zur ethischen Bewertung. 2. Aufl. München: Utz 1997
Spezielle Philosophie (Biophilosophie):
Mo 1945-2115, 2 st, Voland, Phil.I: C 1/3, ab 20.10.97
Darwinische Annäherungen an Darwin: Wright's 'Moral Animal'
Mit dem Titel "The Moral Animal" hat der amerikanische Wissenschaftspublizist Robert Wright ein Buch vorgelegt, in dem sowohl frühe Erkenntnisse als auch neuere Entwicklungen innerhalb von Soziobiologie und Darwinischer Psychologie zur Darstellung gelangen. Außergewöhnlich an dieser Monographie ist ihr didaktischer Aufbau, denn die Darstellung moderner Darwinischer Ideen kristallisiert sich an prägenden Ereignissen und Situationen im Leben Charles Darwins. So kommt es zu interessanten Vernetzungen in den Darstellungen der Biographie Darwins, seines Werkes und der aktuellen Bestandsaufnahme Darwinischer Verhaltensforschung am Menschen.
Literatur:
Wright, R.: Diesseits von Gut und Böse - Die biologischen Grundlagen unserer Ethik. München: Limes 1996
Oberseminare
Platons Dialog ParmenidesSa 16-19, Meinhardt, jeweils nach Vereinbarung, auch in den Semesterferien
Anmeldung in der Sprechstunde
Das Seminar ist ein "Privatissimum" nach altem Universitätsgebrauch: nichts "Elitäres", sondern eine regelmäßige Zusammenkunft von "privat" (also ohne Blick auf reglementierende Studien- und Prüfungsordnungen) an der philosophischen Wissenschaft Interessierten. Platons Parmenides ist ein ausgesprochen schwerer Text, freilich ein solcher mit einer bedeutsamen Wirkungsgeschichte. Wer sich von harten Texten nicht abschrecken läßt - sondern an ihnen vielleicht sogar gerade Freude hat, ist zur Mitarbeit eingeladen. Ein Einstieg in das laufende Seminar ist jederzeit möglich, ein Vorgespräch in der Sprechstunde wäre erwünscht.
Für Betroffene der Studien- und Prüfungsordnungen: Scheinerwerb ist möglich.
Philosophisches Kolloquium
Becker / Meinhardt / Seel / Voland
siehe Aushang und Internet
Doktorandenseminar
Becker / Voland
jeweils nach Vereinbarung
Anleitung zu philosophischer Lektüre
(individuelle Beratung)
Mo 15-16, 1 st., Becker, Phil.I: C 1/205, ab 20.10.97
Mo 11-12, 1 st.Meinhardt, Phil.I: C 2/231, ab 20.10.97
Do 15-16, 1 st.Seel, Phil.I: C 1/211, ab 23.10.97
Mo 16-17, 1 st.Voland, Phil.I: C 1/208, ab 20.10.97
VORTRÄGE DES ZENTRUMS FÜR PHILOSOPHIE UND GRUNDLAGEN DER WISSENSCHAFT
Die Hochschullehrer und Lehrbeauftragten des Zentrums
siehe Plakate sowie Internet
Prof. Dr. Bernulf Kanitscheider hat im Wintersemester 1997/98 ein Forschungssemester !
Alle Lehrveranstaltungen des Zentrums für Philosophie sind auch für das L 3-Studium der Philosophie nach der neuen Rahmenprüfungsordnung (Stand 04.08.1994) geeignet, die in ihnen erworbenen Studien- und Leistungsnachweise werden anerkannt.
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Last Updated: Wednesday, 27. June 1997 by Philosophymaster