2. Vortrag der Ringvorlesung "Facetten und Dimensionen der muslimischen Glaubenspraxis"
Vortrag von Prof. Serdar Kurnaz am 20.11.2017 im Rahmen der Ringvorlesung „Facetten und Dimensionen der muslimischen Glaubenspraxis“ Thema: Die Prinzipien des islamischen Rechts (qawāʿid fiqhiyya) – Überlegungen zur Aktualisierung tradierter Handlungsvorschriften und -anweisungen
Prof. Serdar Kurnaz führte in seinem Vortrag aus, dass sich die Rechtsmethodik über einen längeren Zeitraum entwickelte und immer offen für Veränderungen blieb, was bis heute gilt. Der Koran selbst kann nicht als Gesetzbuch bezeichnet werden, weil sich – je nach Zählung – höchstens bis zu 200 Verse mit rechtlichen Bestimmungen auseinandersetzen. Die Rechtsauslegung fand von den jeweiligen Gelehrten in ihrem persönlichen Kontext statt und war somit stets Ort und Zeit gebunden. Dies zeigt nochmals die natürliche Flexibilität der Rechtsauslegung. Die Rechtsmethodik bildete sich vor allem seit dem 10. Jahrhundert heraus, zuvor fanden vor allem Lokaltraditionen Anwendung. Die Periode vom 10. Jahrhundert bis in die Moderne wird allgemein als Periode des klassischen Rechts beschrieben, doch auch in dieser Phase gab es unterschiedliche Meinungen und Interpretationsweisen, die durch verschiedene Rechtsmethodiken entstanden. Wichtig waren bei der Rechtsfindung das Prinzip, dass es dem Gemeinwohl (maṣlaḥa) dienen musste und dass stets die fünf Grundgüter geschützt wurden (maqāsid): Leben, Verstand, Nachkommen, Eigentum und Religion.