Kopf eines Symposiasten mit Kugeldiadem
Verfasserin: Waltrud Wamser-Krasznai
Kopf eines Symposiasten mit Kugeldiadem, Inv. T I-39, alte Inv.-Nr. 28 (17-130) Provenienz unbekannt.
Vorderseite aus der Matrize, Rückseite konkav, geglättet, nicht ausgearbeitet. Hellbrauner (7,5YR 7/3-4) Ton. Rote Bemalung am Diadem und an der Lotosbekrönung; dunkelrot an Lippen und Wangen. Erhaltung: Abbruch unterhalb des Kopfes. Verletzungen am Haar und an den Kugeln der linken Seite, Bestoßungen am Untergesicht und an der Lotosblüte. Maße: H: 5,5 cm; B: 3,6 cm; T: 2,4 cm. Lit.: W. Wamser-Krasznai, Studien zu den Typen der Tarentiner Symposiasten (Diss. Justus- Liebig- Universität Gießen 2003) URL: http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2003/1184, 99. 126. 136f. 175 Abb. 13.; W.Wamser-Krasznai, Für Götter gelagert (Budapest 2013), 93-96. |
Beschreibung: Kugeln und Haar bilden gleichsinnige Bögen über der Stirn. Die zentrale Schmuckscheibe mit plastischem Rand und erhabenem Mittelpunkt, ähnlich einer Spendeschale (Omphalosschale), ist ein wenig nach der rechten Seite des Kopfes verschoben, eine Asymmetrie, die von der bekrönenden Lotosblüte noch unterstrichen wird.
Am unteren Rand des Stirnhaars sind kleine Bögen, vermutlich Reste der ursprünglichen Buckellocken, zu erkennen. Die Strähnung des Schulterhaars hat sich an der linken Seite erhalten. Das längliche Gesicht verjüngt sich zum Kinn. Aus dem fliehenden Profil ragt eine große Nase hervor. Über leicht gewölbten Augäpfeln bilden die Brauen hohe Bögen. Die Form des kleinen, waagerecht geschnittenen Mundes ist nur aus der roten Bemalung zu erschließen.
Kommentar: Wie Vergleichsbeispiele zeigen, trägt der hier bartlos wiedergegebene, mit einem Kugeldiadem bekrönte Gelagerte zumeist einen Mantel, der den Unterkörper bedeckt und als dreieckiger Zipfel über den linken Arm fällt. Das Lager besteht aus einem schlichten hochbeinigen Bett, einer Kline, die man sich aus Holz vorzustellen hat. In der linken leicht gewölbten Hand liegt eine Schale[1]. Nach den Maßen des Kopfes T I-39 dürfte die Figur zusammen mit der Kline etwa 25 cm hoch gewesen sein.
Neben der spezifischen Form des Kopfschmucks[2] bestätigen die Breite des mittleren Gesichtsabschnitts und der weite Augenabstand[3] die Zugehörigkeit zu einer Koroplastenwerkstatt in Tarent .
Mit seinem länglichen Gesicht, dessen Linien rasch nach hinten in die Tiefe überleiten, der geringen Wölbung der Augäpfel und dem gerade geschnittenen kleinen Mund, sowie dem bis zu den Ohren herab reichenden Haarbogen hat der Kopf, wie auch eine nahe Parallele in Karlsruhe[4] zeigt, die Schwelle zur Frühklassik überschritten.
Einordnung: Anfang des 5. Jh. v. Chr., aus Tarent
[1] Zum Kopf: W. Schürmann, Katalog der antiken Terrakotten im Badischen Landesmuseum Karlsruhe (Göteborg 1989) 70 Nr. 218 Taf. 38; zum Gelagerten, bärtige Version: W. Wamser-Krasznai, Studien zu den Typen der Tarentiner Symposiasten (Diss. Justus- Liebig- Universität Gießen 2003) URL: http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2003/1184, 145 Nr. 72 Abb. 14; ebenso U. Hausmann, Italische Antiken. Zeugnisse der vorrömischen Kultur Italiens aus dem Besitz des Archäologischen Instituts der Universität Tübingen. Ausstellung Februar 1971, 61 Nr. 176; ferner M. Borriello, L’Apulia. Taranto, in: St. De Caro – M. Borriello (Hrsg.), La Magna Grecia nelle collezioni del Museo Archeologico di Napoli (Neapel 1996) 99, Abb. 9.9.
[2] S. Besques, Figurines et reliefs grecs en terre cuite (Paris 1994) 82 Abb. 66; C. Iacobone, Le stipi votive di Taranto (Rom 1988) 59 f. Taf. 48 a. 49 a.
[3] s. z. B. W. Schürmann a. O. 69 f. Nr. 216-219 Taf. 38.
[4] W. Schürmann a. O. 70 Nr. 218 Taf. 38.