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Erfahrungsberichte

 

 

Henrike Alm

"Seit ich während der Schulzeit ein Jahr in Michigan auf eine High School gegangen bin, war es mein Traum, in den USA zu studieren. Daher war für mich sofort klar, mich für den UWM-Austausch zu bewerben. Nach etwas Corona-Verzögerung und sehr nervigen und aufwendigen aber machbaren (!) Vorbereitungen bezüglich Visum und Sprachnachweis ging es für mich im August 2021 los nach Milwaukee, Wisconsin.

Wir sind extra zwei Wochen vor Semesteranfang nach Milwaukee geflogen, sodass wir den Sommer mit Strand und Lake Michigan noch in vollen Zügen genießen konnten. Anfang September, nachdem wir uns in unseren Apartments in Kenilworth gut eingelebt hatten, ging dann auch die Uni, und da ich Teaching Assistant war, auch mein Teaching los.

Die Uni in den USA ist anders aufgebaut als in Deutschland. Die Kurse sind deutlich kleiner, oft nur um die zehn Studierende oder weniger, und deutlich angewandter und interaktiver. Außerdem sind regelmäßige Assignments während des Semesters üblich, sodass wir immer gut beschäftigt waren. Da die Kurse aber inhaltlich weniger anspruchsvoll sind als in Deutschland, blieb genug Zeit für andere Sachen: das Ziel, jedes Restaurant in Milwaukee auszuprobieren, haben wir zwar nicht geschafft, dafür war aber (fast) jede Woche Sport angesagt.

Die Milwaukee Bucks (NBA) haben wir entweder im Stadion oder auf ‚Watch-Parties‘ bei der Mission Titelverteidigung angefeuert und vor allem während den Playoffs war Milwaukee bei jedem Spiel im Ausnahmezustand. Auch die Greenbay Packers (NFL) im Stadion zu sehen, habe ich mir nicht nehmen lassen. Bei -15Grad mit 80.000 Menschen in der ‚Tundra‘ zu stehen, wie Wisconsiner liebevoll das Stadion nennen, war definitiv ein Erlebnis. GO PACK GO! Wer da immer noch nicht genug Sport hatte, dem stand die ganze Breite des College Sports zur Verfügung. Ob Football, Basketball, Fußball oder Volleyball, es wurde nie langweilig.

Ein weiteres Highlight war meine Graduation und die Zeugnisübergabe am Ende meines Aufenthaltes. Wir haben wie in amerikanischen Filmen mit ‚Cap and Gown‘ im vollen Panther-Stadium der Uni vor Freunden und Familie unser Masterzeugnis mit weiteren 1.200 Absolventen (Doktoranden, Master- und Bachelorstudierenden) erhalten.

Abschließend kann ich sagen, dass meine Entscheidung, ein Jahr an einer amerikanischen Uni zu studieren, richtig war und ich es immer wieder machen würde. Ich habe viele schöne Erinnerung mitgenommen."

 

 

 

Jenny Bethäuser

Drei Fragen an Jenny Bethäuser:

Wer kann sich für das Programm bewerben?

Das Programm richtet sich an VWL- und BWL-Masterstudierende. Sie können sich entweder während ihres Masters oder schon zum Ende ihres Bachelorstudiums bewerben. Jedes Jahr haben wir im Bereich Economics unbegrenzt viele und für den MBA etwa sechs Plätze. Neben guten Noten zählt besonders die Motivation, sich auf eine neue Kultur einzulassen. Wer Lust hat, kann an der UWM auch einen Nebenjob als „Teaching Assistant“ bekommen, also selbst Kurse und Übungen unterrichten. Bei der Bewerbung prüfen wir die didaktischen Skills in einer kurzen Lehrprobe.

Warum sollte jede und jeder Erfahrungen im Ausland sammeln?

Ich kann aus eigener Erfahrung sagen: das Auslandstudium war mit der beste Teil in meiner Studienzeit und ich wäre am liebsten gleich im nächsten Jahr noch einmal nach Milwaukee geflogen. Ich habe an der UWM so viele Menschen aus unterschiedlichen Kulturen kennen gelernt und konnte meine Englischkenntnisse perfektionieren. Sehr spannend fand ich auch die unterschiedlichen Blickwinkel, mit dem wirtschaftliche Themen an den unterschiedlichen Unis betrachtet werden. Während es in Deutschland häufig eher mathematisch zugeht, stand in den Kursen in den USA die Einordnung in größere unternehmerische und volkswirtschaftliche Zusammenhänge im Fokus.

Alle, die damals mit mir in den USA studiert haben, berichten übrigens das gleiche: in Vorstellungsgesprächen fragen viele Personalerinnen und Personaler interessiert nach, wenn sie im Lebenslauf einen Auslandsaufenthalt sehen. Das ist definitiv ein Pluspunkt für den Jobeinstieg!

Was war eines Deiner schönsten Erlebnisse während Deiner Zeit an der UWM?

Den Zusammenhalt unter den Studierenden fand ich super: alle waren ein Team und stolz darauf, an der UWM zu studieren. Ich war fast jedes Wochenende unterwegs und habe mit meinen Kommilitoninnen und Kommilitonen die Mannschaften des UWM-Unisports – Baseball, Basketball, Football, Volleyball oder Fußball – angefeuert. Außerdem war ich selbst im Reitsport aktiv und bin bei Turnieren für die UWM angetreten. Dadurch bin ich viel rumgekommen und habe viele Einheimische kennengelernt.

Jenny Bethäuser promoviert inzwischen an der Professur für Statistik und Ökonometrie und koordiniert das Austauschprogramm zusammen mit Prof. Dr. Alexander Haas und Prof. Dr. Jürgen Meckl.

 

 

 

Dania Eugenidis

"Seit 1990 findet der internationale Austausch zwischen der UW-Milwaukee und der JLU des Fachbereichs 02 für BWL und VWL jährlich statt, und im letzten Jahr entschied ich mich diesem auch teilzunehmen. Nach der Bewerbung wurden außer mir noch 8 weitere Kommilitonen ausgewählt, die JLU Gießen an der UW-Milwaukee zu repräsentieren. Bevor wir aber im August unseren 9-, monatigen Aufenthalt in Wisconsin beginnen konnten, startete das Programm mit dem Eintreffen von (in unserem Fall drei) amerikanischen Studierenden des dortigen Master-Programms in VWL und der Summer School, eine für alle Teilnehmenden verpflichtende Veranstaltung im Mai/Juni, bei der wir die Möglichkeit hatten, die amerikanischen Studierenden kennenzulernen, und schon im Vorfeld des US-Aufenthaltes CPs für ein Modul an der UWM zu erwerben. Dieser Teil des Austauschs war für uns sehr hilfreich, da uns unsere amerikanischen Freunde bereits eine Menge über das Leben in Milwaukee, den Mittleren Westen und der gesamten USA berichten konnten.

Neben der Summer School und unseren sonstigen universitären Verpflichtungen blieb genug Zeit um zusammen das Freizeitangebot in Gießen zu genießen oder auch größere Ausflüge zu unternehmen, wie beispielsweise einen Wochenendausflug nach Würzburg, der uns allen als sehr schön in Erinnerung geblieben ist. Ende Juni fand die Klausur eines Teils der zweiteiligen Summer School statt: In einem sechswöchigen Zeitraum fanden jeweils montags und dienstags abends eine Veranstaltung mit einem Professor aus Milwaukee statt, deren Inhalte in einer Klausur zum Schluss geprüft wurde. Zusätzlich fand an zwei Freitagen eine Vorlesung von einem Gastdozenten aus Deutschland statt, dieser Teil wurde mit einer Seminararbeit geprüft.

Nach Abschluss der Summer School und vor Abreise der Amerikaner wurden wir von Prof. Neumann, der amerikanischen Austauschdozentin, noch zu einem Umtrunk im Mr. Jones eingeladen. Diesen Teil des Austauschs haben wir alle als sehr sinnvoll empfunden, da wir dadurch bereits Ansprechpartner hatten, die uns bei persönlichen oder Uni-bezogenen Angelegenheiten helfen konnten. Beispielsweise ist es nicht ganz einfach, sich alleine auf der UWM-Online Plattform PAWS einen Stundenplan zu erstellen oder sich in die verschiedenen Kurse einzutragen.

Ende August traten wir unseren Flug von Frankfurt nach Chicago O’Hare an, von wo ein Uni-eigener Shuttle Service die internationalen Studierenden nach Milwaukee brachte. Die Meisten von unserem Jahrgang entschieden sich für das Studentenwohnheim Kenilworth als Unterkunft für die Dauer des Austauschs, in das exklusiv internationale und Master-Studenten einziehen können. Das Wohnheim wurde erst 2006 eröffnet und die Einrichtung ist mit dem mitteleuropäischen Standard vergleichbar. Es gibt allerdings auch die Möglichkeit, sich privat eine Unterkunft zu suchen.

Anders als in den meisten Städten in Deutschland gibt es in Milwaukee im Umkreis der Universität mehr als genug leerstehende Wohnungen, die auch noch vor Ort direkt angemietet werden können und eine preisgünstigere Alternative zum Kenilworth darstellen.

Haushaltsgegenstände müssen in beiden Fällen selbstständig organisiert werden, da auch im Kenilworth Handtücher, Bettlaken, Kissen, Küchen- und Kochutensilien, etc. nicht vorhanden sind.

Kurz vor Beginn der Vorlesungen Anfang September wurde uns die Möglichkeit gegeben, am Orientierungstag für internationale Studierende uns über sämtliche Angelegenheiten und Regeln zu informieren, die wir in den USA beachten müssen. Zusätzlich zu diesem Orientierungstag gab es noch Führungen durch die Bibliothek, organisierte Ausflüge zu Supermärkten, Shoppingmalls, Fahrradtouren durch die Stadt, u.v.m.

Das Studium besteht aus zwei Trimestern mit jeweils vier Modulen. Im Fall Term (Herbstsemester), dem ersten Trimester, das von Anfang September bis Ende Dezember geht, müssen zusätzlich zu zwei Wahlfächern auch ein verpflichtender Ökonometrie-Kurs (703) und ein Mikroökonomie-Kurs (701) belegt werden. Module werden im amerikanischen Universitätssystem in der Regel mit Dreistelligen Nummern abgekürzt, Master-Kurse beginnen ab 700. Im zweiten Trimester, dem Spring Term (Frühlingssemester) von Ende Januar bis Mitte Mai, muss zusätzlich zu drei Wahlkursen ein Makroökonomie-Kurs (702) absolviert werden. Pro Modul finden, ähnlich wie in Gießen, zwei Veranstaltungen pro Woche statt.

Im Gegensatz dazu gibt es neben dem Final (Abschlussklausur) auch in den meisten Fällen ein Midterm (Zwischenklausur) und diverse Assignment/Homework- Abgaben, Präsentationen oder andere Projekte. Zwar nehmen diese mehr Zeit während des Semesters in Anspruch, man hat jedoch wesentlich weniger Druck und Lernstress beim Final, da dieses meistens nur 40-50% der Gesamtnote ausmacht und die Inhalte der Klausuren nicht akkumuliert werden. Manchmal bestehen Kurse nur aus 10 oder weniger Teilnehmern, sodass Fragen ausführlich beantwortet und Inhaltsstoff ggf. wiederholt werden kann. Sofern man die Homeworks abgibt und den Inhaltsstoff regelmäßig aufbereitet, ist die Wahrscheinlichkeit, einen Kurs nicht zu bestehen, eher gering.

Die Wahlkurse überschneiden sich teilweise mit denen des VWL-Masters in Gießen (Zeitreihenökonometrie, Financial Markets oder Industrial Organization), es gibt aber auch Module wie Labor Market Economics oder Development Economics, die so an der JLU nicht angeboten werden.

Am Ende des Spring Terms findet die traditionelle Abschlussfeier mit Caps and Gowns statt, den schwarzen langen Roben und viereckigen Doktorhüten, welche den Abschluss des Masters darstellt. Dabei werden Bachelor und Master Absolventen und fertige Doktoren in der Panther Arena in Downtown Milwaukee geehrt.

Am Campus gibt es neben diversen Restaurants und der Bibliothek noch das Fittnesscenter Klotsche, das eingeschriebene Studenten täglich umsonst nutzen können und das zusätzlich mit Sauna, Basketballhalle, Laufbahn, Schwimmbad und einem üppigen Angebot an Kursen ausgestattet ist.

Ein insider-Tipp: Im Klotsche gibt es die Möglichkeit, sich für diverse Outodoor-Aktivitäten im Outdoor Pursuits-Center anzumelden, die während des Semesters und in der vorlesungsfreien Zeit stattfinden. Das Angebot ist vielfältig, es gibt Halbtages-/Tages-/Wochenend- und Wochenausflüge, die sämtliche Outdooraktivitäten von Fahrradfahren und Wandern über Kanufahren oder Paddleboard-Yoga bis hin zu Schlittenhundlaufen und Eisklettern abdecken. Bei größeren Ausflügen finden diese auch meist in anderen Bundesstaaten statt, was eine sehr gute und preisgünstige Möglichkeit ist, in den USA ohne organisatorischen Aufwand zu reisen Ich persönlich war Wandern am Great Lake in Minnesota und am Yellow River in Iowa, Kanufahren im Rio Grande in Texas und habe bei diversen anderen Ausflügen teilgenommen, die ich als wertvollste Erinnerung an die USA und den Austausch behalten habe, obwohl ich noch keine Erfahrungen im Outdoor Bereich hatte.

Zu Beginn des Fall Terms finden mehrmals die Woche am Campus Aktionen von diversen Burschenschaften, religiösen, politischen oder anderen Organisationen statt, bei denen oft gegrillt wird oder anderes Essen und Getränke neben T-shirts, Süßigkeiten und Schreibwaren umsonst angeboten werden.

In Milwaukee gibt es kein U-Bahn oder Straßenbahnsystem, man erhält jedoch am Anfang des Fall-Terms eine Busfahrkarte, mit der man überall in der Stadt kostenlos Bus fahren kann. Zusätzlich zu den regulären Linienbussen fährt vom Campus bis zum Kenilworth noch ein Shuttle, sodass man tagsüber nie länger als ein paar Minuten warten muss. Ab 19 Uhr gibt es zusätzlich den B.O.S.S.-Service (Be On The Safe Side), eine Art Taxi-Notfall-Service, der Studierende auf Anfrage von einem Punkt zu einem anderen bringt, falls kein Bus fährt.

Das Freizeitangebot in Milwaukee und der näheren Umgebung bietet alles, was es in Deutschland ebenfalls gibt. Bars, Clubs, Geschäfte, Malls und Restaurants (u.a. das legendäre Ma Fisher gegenüber vom Kenilworth, wo man sich 24/7 sämtliche amerikanischen Frühstücks- und Dinerspezialitäten servieren lassen kann) sind ähnlich zu denen in Deutschland, man sollte jedoch immer seinen Personalausweis in Bars und Clubs mitnehmen, da am Eingang das Alter überprüft wird.

Generell ist es auch empfehlenswert, sich die Uber oder Lyft- App (eine Taxi-App) herunter zu laden, da nachts Busse in eher größeren Zeitabständen fahren und die Temperaturen im Winter nachts in den zweistelligen Minusbereich fallen können.

Milwaukee liegt nahe bei Chicago, der Windy City, was auch bedeutet, dass zusätzlich zu den niedrigen Temperaturen noch ein kalter Wind weht, weswegen man unbedingt geeignete Winterkleidung mitnehmen sollte. Blizzards und Schnee im Oktober oder April sind ebenfalls keine Seltenheit, deshalb am besten rechtzeitig (c.a. bis Ende September) alles organisieren. Es ist zwar sehr warm bei der Ankunft, wird aber sehr schnell sehr viel kühler.

Bei der Ankunft im August (bis Mitte/Ende September) und ab etwa Mai ist es jedoch sommerlich heiss, sodass man sich am Bradford Beach, der nur einige Gehminuten vom Kenilworth entfernt ist, im Wasser des Lake Michigans erfrischen, im Sand liegen oder Volleyball bei den dort aufgestellten Netzen spielen kann.

Außerdem lohnen sich die Touren der regionalen und nationalen Brauereien der Beer City Milwaukee, die teilweise auch zu Bootsfahrten auf dem Milwaukee-River einladen.

Die Semesterferien erstrecken sich von Ende Dezember bis Ende Januar. In dieser Zeit ist es zu empfehlen (v.a. aufgrund der voraussichtlich eisigen Temperaturen in Wisconsin), wärmere Gebiete der USA zu besuchen. Neben dem O’Hare Flughafen in Chicago besitzt Milwaukee den Mitchell International Airport, von dem aus man sämtliche andere Städte und Gebiete der USA bereisen kann. Auch längere Flüge, die wie beispielsweise nach Los Angeles fast fünf Stunden dauern, sind in der Regel schon sehr günstig zu bekommen.

In den USA spielt Sport in der Freizeit eine große Rolle, sodass das Basketballstadium der Milwaukee Bucks in der Saison bis ins Frühjahr, das Baseballstadium Miller Park der Milwaukee Brewers im Anschluss daran und natürlich die Footballstadien gerne und oft besucht werden.

Höhepunkt ist der Superbowl Ende Februar, den man sich in diversen Sportsbars, beim Public Viewing oder Zuhause mit Freunden ansehen kann. Generell herrscht in den Stadien eine sehr ausgelassene und fröhliche Stimmung, bei der viel gegessen und getrunken wird. Bei einem Korb/Punkt, etc. wird man automatisch von der begeisterten Menge mit Klatschen und Rufen mitgerissen.

Generell sind die Amerikaner eine sehr aufgeschlossene, hilfsbereite Gesellschaft. Auch in eher ungewöhnlichen Situationen wird man in Gespräche verwickelt (beim Sitzen auf einer Bank, an der Supermarktkasse, im Bus, etc.) und die Leute zeigen sehr große Sympathie und Interesse. Im Allgemeinen hat der Austausch sehr viel Spaß gemacht, wir haben alle viele Erfahrungen gesammelt und wenn nach einigen Uni-Wochen eine gewisse Routine entstanden ist, ist das tägliche Leben zu dem in Deutschland zu vergleichen. Auch die tägliche Anwendung der englischen Sprache hat für die meisten kein Problem dargestellt und anfängliche Schüchternheit war schnell überwunden. Da die Master-Vorlesungen in VWL in Deutschland ebenfalls alle auf Englisch sind, gab es wenig Unterschiede zu den Vorlesungen in Milwaukee."

 

 

 

Sebastian Linn

"Das Department of Economics der Universität von Wisconsin – Milwaukee (UWM) und der FB02 der Justus-Liebig-Universität unterhalten seit vielen Jahren einen regen Studentenaustausch. Dieser besteht aus einer Summer School im Mai/Juni und der Möglichkeit für Giessener Studenten einen Master of Arts in Economics in zwei Semestern an der UWM zu erwerben.
Neun Monate in Milwaukee fangen natürlich nicht am Tag des Abflugs an, sondern schon mit der Bewerbung für den Austausch an. In der Vorbereitung muss man die Finanzierung auf die Beine stellen, sich um ein Studenten-Visum (F-1) kümmern, einen Sprachnachweis erwerben (z.B. TOEFL), eine Unterkunft organisieren, usw. … . Zu allen Dingen, die es zu beachten und erledigen gibt, steht einem die Professur Meckl mit Tipps zur Seite. Die Betreuung klärt über bestimmte Fristen auf, die bei der Bewerbung einzuhalten sind und gibt Erfahrungen aus teilweise erster Hand weiter.


Die Studiengebühren in den USA sind wesentlich höher als an heimischen Unis. Diese Tatsache und die relativ hohen Lebenshaltungskosten in den USA waren für mich erst mal eine harte Nuß zu knacken. Den Auslands-Bafög-Anspruch hatte ich in einem früheren ERASMUS-Studium schon aufgebraucht. Als „Arbeiterkind“ ohne größere finanzielle Rücklagen sowie leider ohne Teaching-Assistant (TA) Position mussten andere Wege der Finanzierung gefunden werden. Zum einen gibt es Stipendien wie das Deutschland-Stipendium oder das PROMOS-Stipendium des DAAD, letzteres habe ich bekommen. Zum anderen gibt es Studienkredite bei verschiedenen Kredit-Instituten wie, z.B. der KfW, oder aber der „Deutschen Bildung“. Kombiniert man diese Ressourcen sowie einen Nebenjob noch in Deutschland, so ist das Studieren in den USA durchaus auch mit ungünstigem Wechselkurs von EURO und Dollar gut bezahlbar! Ausserdem sollte man bedenken, das man das Geld ja praktisch in sich selbst investiert und danach ein Jahr Auslandserfahrung und einen US-amerikanischen Abschluss zusätzlich zum deutschen Master hat!


Mit Sprachnachweis in der Tasche und Visa-Anträgen auf dem Weg findet im Sommer eine Summer School in Gießen statt. Nach den Vorlesungen während des Tages standen abends immer mal wieder Ausflüge und Kneipenbesuche mit den Studenten aus Wisconsin auf dem Programm bei denen man wertvolle Kontakte und Infos über Milwaukee und Umgebung bekommen konnte. Für uns Giessener Studenten war es eine große Erleichterung schon „locals“ zu kennen, als wir später in Milwaukee ankamen. Auch kannten wir damit schon zumindest eine Lehrkraft der UWM und man konnte sich schon mal an eine amerikanische Vorlesung gewöhnen. Die Summer School dauerte 6 Wochen, als Abschluss standen eine Klausur und eine Hausarbeit auf dem Plan, die jedoch sehr fair benotet wurden. Die erworbenen CP und Noten flossen schon den Master in Wisconsin mit ein.


Ende August ging es dann endlich los, Abflug nach Milwaukee! Von Frankfurt aus gings in kleiner Gruppe erst nach Charlotte, North Carolina und nach kurzem Zwischenstop weiter an den Flughafen Chicago-O‘Hare. Von dort aus wurde ein Teil der Gruppe von den neuen Mitbewohnern abgeholt, der Rest von uns fuhr per US-Coach nach Milwaukee. Generell ist das Reisen mit Fernbussen in den USA eine gute Alternative zum eigenen Auto bei mittleren Strecken. Der Komfort ist ähnlich zu den deutschen Fernbussen und, in Ermangelung eines ausreichenden Schienennetzes oft auch die günstigere Option zum Mietwagen.


Mit dem Taxi ging es dann vom Bahnhof/Bus-Bahnhof zum Studenten-Wohnheim Kenilworth Apartments. Dieses ist speziell für ausländische und/oder „Graduate“, also Master-Studenten und Doktoranten gedacht. Generell hat man als ausländischer Student der UWM zwei Möglichkeiten: Entweder man ergattert ein Zimmer in einer WG in der Nähe der Uni bzw. mietet in der Gruppe ein Haus und gründet eine neue WG. Oder aber man zieht in eine WG im Studentenwohnheim Kenilworth. Die Apartments im Studentenwohnheim sind vollmöbliert und die Küche ist modern, bei den „upgrade“ Versionen sogar mit Waschmaschine und Trockner (ansonsten bleibt der Waschraum im Haus als alternative). Man wohnt entweder allein (teuerste Möglichkeit) oder in 2er- oder 3er-WG. Ich bekam eine 2er-WG im siebten Stock an der Südseite zugelost mit einem Bachelor-Studenten aus Peking. Die Räume sind gut geschnitten mit einer großen Küche, einem Badezimmer und zwei privaten Zimmern. Ausserdem hatte ich das Glück, einen schönen Blick auf Downtown Milwaukee zu haben. Andererseits ist sowohl die Küche als auch das Zimmer bei Einzug praktisch leer. Kein Besteck, keine Töpfe, im Zimmer nur Bett, Matratze, Schreibtisch. Das kann man jedoch relativ günstig in den ersten Tagen bei Walmart oder Goodwill erwerben, bzw. hält das internationale Studentenbüro (ISSS) der UWM einige Utensilien bereit.
Preislich muss man sich bei seinem Zimmer entscheiden zwischen Service und Kosten: Das Studentenwohnheim ist generell teurer als eine WG, andererseits muss man sich um Gas, Wasser, Müllentsorgung keine Sorgen machen. In der WG hingegen wohnt man im besten Fall sogar mit Amerikanern zusammen und hat direkt Kontakte. Man hat so mehr vom Studentenleben und wohnt zu relativ günstiger Miete.


Die UWM bietet schon in den Wochen vor dem eigentlichen Studienbeginn Führungen an der Uni, Ausflüge durch die Stadt sowie die Orientierungstage an. Man bekommt ein Studenten-Ticket, mit dem man den ÖPNV in der ganzen Stadt nutzen kann. Die Busse fahren ganzjährig und im Gegensatz zu mancher deutschen Stadt, auch im Winter bei Tiefschnee fast ohne Verspätung (Die sind da echt schmerzfrei!). Ausserdem gibt es den Shuttle-Service an die Wohnheime durch, die man von der Haustür bis an die Uni gebracht wird. Besonders im Winter war das ein echter Gewinn. Letzte Rettung bietet auch das B.O.S.S.-System (Be On the Safe Side) der UWM, ein Notfall-Taxi, das Studenten von A nach B bringt, sollte mal kein Bus mehr fahren.


In der ersten Woche finden ständig Messen von Studentenorganisationen, -verbinden (Greek Life) und -gruppierungen statt, zu denen man sich informieren und denen man beitreten kann.
Die Vorlesungen beginnen Anfang September und dauern bis Mitte Dezember im Fall-Semester, sowie von Ende Januar bis Mitte Mai für das Spring-Semester. Im MA müssen ingesamt 30 CP erworben werden, wobei davon 3 Kurse mit 4 CP Pflichtkurse sind, der Rest kann selbständig gewählt werden. Praktisch jederzeit stehen einem hierzu der/die Graduate-KoordinatorIn oder die jeweiligen ProfessorInnen bei Fragen zur Seite. Die Atmosphäre zwischen dem Lehrpersonal und den Graduate-Studierenden ist im allgemeinen informeller als an deutschen Universitäten.


Die Vorlesungen werden meist ohne PowerPoint Präsentation gehalten, sodass stetes Mitschreiben wichtig ist. Einige Professoren geben jedoch Handreichungen zu einigen Themen und jede Woche finden Kolloquien statt, in denen man Themen noch einmal besprechen kann. Je nach Kurs gibt es wöchentliche Arbeitsaufträge, Hausarbeiten oder Fallstudien zu erledigen. Die Note setzt sich meist aus einer Midterm- und einer finalen Klausur zusammen sowie besagten Arbeitsaufträgen (Assignments). Ich empfand diese Gestaltung angenehmer, da man durch die Assignments ständig am Thema gearbeitet hat und vor allem nicht nur an einer Klausur gehangen hat. Bei der Kurswahl ist zu beachten das einige Kurse für den Master in Giessen anrechenbar sind, andere jedoch kein Äquivalent haben. Die Kurswahl sollte man also schon mal grob vorher mit dem Koordinator in Milwaukee absprechen.


Die Universität in Milwaukee ist darauf ausgelegt, das man seinen ganzen Tag dort verbringen kann. Es gibt neben den Lehrgebäuden und Bibliotheken das Klotsche Fitnesscenter, verschiedene Restaurants, einen Kiosk, Cafés, das „Gasthaus“ (Sportsbar), Bowlingbahnen, Billard-Tische, sogar eine Uni-eigene Bank (UW Credit Union) existiert.
Die Sportangebote der University Recreation bieten viele verschiedene Kurse sowie Outdoor-Aktivitäten an. Sogar Ausflüge in andere Bundesstaaten werden angeboten. Anfang September findet das UREC Festival statt, bei dem sich die verschiedenen Sportteams vorstellen und um Mitglieder werben.


Milwaukee ist mit etwas über einer halben Millionen Einwohnern die größte Stadt des Bundesstaates Wisconsin im mittleren Westen der USA. Sie liegt am Lake Michigan im südöstlichen Teil des Staates in relativer Nähe zu Chicago in Illinois. Die Stadt ist ethnisch sehr vielfältig jedoch leider auch sehr segregiert, ein Erbe aus Zeiten vor der Bürgerrechts-Bewegung. So gibt es nach wie vor Viertel mit relativ homogener Bevölkerung. Bemerkenswert ist, das ein großer Teil der Einwanderer in den 1860er bis 80er Deutsche waren, was man heute noch an vielen Straßen- und Personennamen in der Stadt erkennen kann. Ein weiteres Erbe ist die ausgeprägte Braukultur der Stadt, was man an den vielen Craft Breweries, den MLB Baseball-Team Milwaukee Brewers und dem Spitznamen „Brew City“ sehen kann.


Die Stadt bietet en reiches Programm an Kultur und Sport. In Milwaukee beheimatet sind die Brewers (MLB, Baseball), die Bucks (NBA, Basketball) sowie die Admirals (AHL, 2. Liga, Eishockey). Die Bucks bieten z.B. den sog. Student Rush an, eine Aktion, bei der man sich als Student um besonders günstige Tickets für Heimspiele am gleichen Tag bewerben kann. Etwas weiter im Norden spielen die Green Bay Packers (NFL, Football), dort sollte man auf jeden Fall auch einmal gewesen sein!


Es gibt es verschiedene Museen, unter anderem das Kunstmuseum direkt am Lake Michigan. Im The Rave/Eagles Club treten regelmäßig verschiedene Bands und Musiker auf, mein Highlight waren Stone Sour! Es gibt jede Menge Bars und Clubs zum Weggehen, teilweise ganze Straßenzüge wie die historische Brady Street oder die Water Street.
Aus meiner Erfahrung heraus sind die Amerikaner sehr gastfreundlich und meist auch sehr aufgeschlossen. Man kommt schnell mit ihnen ins Gespräch und lernt so viel über Land und Leute. Die UWM beherbergt über 30000 Studenten aus über 80 Ländern, ständig trifft man neue Bekanntschaften und schließt Freundschaften.
Nach dem Master in Economics hat man 2 Möglichkeiten: entweder man nutzt die Zeit danach zum Reisen in den USA, dies ist mit der 60-tägigen grace period des F-1 Visums möglich, und fliegt dann nach Hause.


Oder man kann sich um ein sog. OPT (optional practical training) bewerben. Seit dem Studienjahr 2017/18 ist der MA in Economics der UWM ein STEM Studiengang (äquivalent zu deutschen MINT Fächern). Dadurch ist es auf Basis des F-1 Studenten-Visums erlaubt, ingesamt bis zu 3 Jahre in den USA in einem fach-nahen Job zu arbeiten. Dies nehme ich nun in Anspruch.


Das Jahr in Milwaukee war für mich eine sehr intensive Zeit, die mich hat wachsen lassen. Ich habe viele wertvolle Erfahrungen gemacht und interessante Menschen getroffen. Das Jahr in den USA bringt einem in so vielen Ebenen weiter, das ich es auf jeden Fall bereut hätte, wenn ich es nicht gewagt hätte."