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Presemitteilung: Betriebswissenschaftler untersuchen "Shoot the Messenger" Phänomen

Die jährlichen Leistungsbewertungen von Mitarbeitenden sind – zumindest in Teilen – subjektiv. Problematisch wird es dann, wenn Leistungsbeurteilungen systematisch verzerrt sind und daher an Aussagekraft verlieren und so Karrierewege beeinträchtigen. Drei Wirtschaftswissenschaftler der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) haben diese systematische Verzerrung am Beispiel der Leistungsbewertung von Controllerinnen und Controllern untersucht.

Die Wissenschaftler Dr. Sascha Matanovic, Dr. Maximilian Schmidt und Prof. Dr. Arnt Wöhrmann untersuchten in einer experimentellen Studie mit 122 Teilnehmenden, ob Controllerinnen und Controller, die einer Führungskraft negative Nachrichten übermitteln, eine schlechtere Leistungsbeurteilungen erhalten, als bei einer positiven Nachricht.

Das Experiment war so gestaltet, dass der Überbringer der Nachricht selbst keinen Einfluss auf das berichtete Ergebnis hatte. Daher wäre eine identische Leistungsbewertung unabhängig vom berichteten Ergebnis zu erwarten gewesen. Stattdessen konnten die Forscher im Reporting-Kontext das „Shoot the Messenger“ Phänomen zeigen: Controllerinnen und Controller, die schlechte Nachrichten überbringen, werden bei der Leistungsbewertung abgestraft. Sie werden um 15 Prozent schlechter bewertet, auch wenn sie – wie im Experiment – nur die Überbringer der Nachricht sind.

Prof. Dr. Arnt Wöhrmann ist Professor für Managerial Accounting an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Foto: JLU/Katrina Friese

Prof. Dr. Wöhrmann sieht das Ergebnis der Studie aber nicht nur als Gefahr für die Mitarbeitenden, sondern auch für die Unternehmen selbst: „Eine Controllerin oder ein Controller wird es sich zweimal überlegen, dem Management schlechte Nachrichten zu übermitteln. Oft gibt es Spielräume bei der Interpretation von Ergebnissen. Es besteht also die Gefahr, dass eine Controllerin oder ein Controller die negative Leistungsbewertung antizipiert und diesen eigenen Spielraum im Reporting entsprechend nutzt – auch zu Lasten des Unternehmens.“

Studiendesign

In einem Experiment mit 122 Studierenden mussten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für eines von zwei Investitionsprojekten entscheiden. Im nächsten Schritt erhielt die eine Hälfte einen Bericht des Controllers mit einer positiven und die andere Hälfte einen Bericht mit einer negativen Investitionsentwicklung. Mit der Ausnahme des berichteten Ergebnisses waren die Reports identisch.

Die Probandinnen und Probanden sollten anschließend die Qualifikationen des Controllers in verschiedenen Dimensionen beurteilen. Dabei zeigte sich: wurde ein Bezug zum Bericht gesehen – wie etwa das betriebswirtschaftliche Verständnis des Controllers oder seine Fähigkeit, Informationen strukturiert zu präsentieren –, wurde die Überbringenden der schlechten Nachrichten systematisch negativer beurteilt. Allerdings hat dieser Effekt auch Grenzen. Leistungsdimensionen, die kaum Bezug zum Bericht haben, wie beispielsweise die Einschätzung der Teamfähigkeit, waren nicht signifikant (ca. 6%) verzerrt.

 

Forschung

Der wissenschaftliche Artikel (peer reviewed) „How Subjective Performance Evaluations of Management Accountants can be Biased by the News that They Report” von Sascha Matanovic, Maximilian Schmidt und Arnt Wöhrmann ist im Magazin Behavioral Research in Accounting erschienen.

DOI: https://doi.org/10.2308/BRIA-2020-012

Das Forschungsprojekt wurde von der Association of International Certified Professional Accountants unterstützt.