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Gummibärchen & Co.

Zweite Vorlesung in Justus' Kinderuni mit Prof. Dr. Siegfried Schindler "Chemie für Leckermäuler"

Eigentlich wollte Prof. Dr. Siegfried Schindler all die Gummibärchen, die in kleinen Tütchen auf den Bänken lagen, gern selbst essen… Aber dann waren am 14. Juni so viele Nachwuchs-Studenten in den Chemischen Hörsaal zur zweiten Kindervorlesung von Justus' Kinderuni gekommen, dass sich der Chemiker genötigt sah, doch noch ein Weilchen zu bleiben und weit über 500 Mädchen und Jungen 45 Minuten lang "Chemie für Leckermäuler" näher zu bringen. Lakritz, Gummibärchen, Schokoküsse und Cola standen diesmal im Mittelpunkt zahlreicher Experimente. Sobald es bunt wurde, zischte, puffte, waberte, stank oder krachte, dankte das aufgeregte Auditorium dem Chemiker und seinem Team, das die Apparaturen betreute, mit tosendem Applaus.

[Prof. Schindler und Prof. Beutelspacher; Klicken zum Vergrößern]

Prof. Schindler und Prof. Beutelspacher

"Meine guten Freunde nennen mich Sigi", erklärte der Professor im grünen T-Shirt und mit Schildkappe vertrauensvoll und wenig akademisch: "Und weil ihr doch auch alle gekommen und ein bisschen meine Freunde geworden seid, dürft ihr das auch gerne tun". Nachdem der "Star" der vorherigen Kindervorlesung, Prof. Dr. Albrecht Beutelspacher, den Chemiker Prof. Schindler (Institut für Anorganische und Analytische Chemie), der übrigens in Amerika geboren wurde, kurz vorgestellt hatte, konnte es gleich losgehen mit der Eingangsfrage: "Was ist Chemie?". Dazu wusste ein älteres Mädchen von Experimenten mit Kohlenstoff zu berichten. Und einem kleinen Steppke fiel spontan das Stichwort "Rotkohl" ein. Von einprägsamen Experimenten in Sachen Rotkraut und Blaukraut mochte er vielleicht (etwa bei Vorführungen im Liebig-Jahr?) schon mal etwas gehört haben. Diesmal erinnerte er sich wohl eher vage ans Mittagessen. Der Rotkohl färbe sich, so die kindliche Erfahrung, grün, wenn man ihn mit Spiegelei vermische… Ob chemische Reaktion oder schlicht Manscherei auf dem Teller, die Frage konnte in diesem Zusammenhang nicht endgültig geklärt werden.

Zwar verschwanden keine Kinder und Hochschullehrer, stattdessen aber ging's auf den Spuren von Harry Potter mit angemessenen Zauberformeln immer wieder ums Zaubern. Lakritz (mehrheitlicher Kommentar: "iiiiiiiiii") brachte "die Geister aus der Flasche", indem Salmiaknebel aufstieg. Ammoniumchlorid oder Salmiak heißt der Stoff, den man in den ersten Reihen riechen konnte und den die meisten an Lakritz nicht mögen.

Noch größere Begeisterung lösten die chemischen Versuche mit allseits beliebten Süßigkeiten wie Schokoküsse oder Eis mit Himbeersirup aus. Schade nur, dass der Professor beim Zaubern ein wenig "geschwindelt" hatte: Genießbar waren die Objekte der Begierde keinesfalls. Dabei war die große Mehrheit zunächst reingefallen. Fast alle Kinder hatten gutgläubig ihre Hände in die Höhe schnellen lassen, als Prof. Schindler fragte, wer denn meine, dass man das Gezauberte essen kann. Irrtum! Schindler: "Ihr solltet mir nicht alles glauben!".

Eine wichtige Lektion galt der Frage, ob Süßigkeiten gut oder schlecht für Kinder sind. Der Wissenschaftler riet seinen Jung-Studenten, es mit dem guten alten Philippus Theophrastus Bombastus von Hohenheim, besser bekannt als Paracelsus, zu halten. Der Arzt und Chemiker lebte von 1493 bis 1541, wurde für die damalige Zeit relativ alt und hatte dargelegt, dass es auf die Menge ankomme, ob etwas gut oder schlecht ist. Erst wenn man zuviel von einer Substanz nimmt, kann diese giftig werden.

Dass Cola auch schon in kleineren Mengen ungesund ist, wusste der Nachwuchs längst. Immerhin hatten zumindest die Älteren den klebrigen Muntermacher schon mal probiert. Um die Inhaltsstoffe zu benennen, wurde kurzerhand der Aufdruck auf dem Flaschenetikett verlesen: Wasser, Zucker, Kohlensäure, Farbstoff E150d, Säuerungsmittel, Phosphorsäure, Aroma und Koffein. Inhaltsstoffe, die dann im Experiment analysiert wurden.

[Eindrucksvolle Experimente; Klicken zum Vergrößern]

Eindrucksvolle Experimente

Eine eindrucksvolle Zahl, die allseits Erstaunen und allgemeines Raunen auslöste: Ein Liter Cola enthält 35 Zuckerwürfel. "Zucker sind Kohlenhydrate", erklärte Prof. Schindler. Und sein Assistent Dr. Wilfried Scheld zeigte unter anderem, "wie man die Kohle aus dem Zucker kriegt". Nachdem er Schwefelsäure auf Puderzucker gegeben hatte, stieg eine schwarze Säule aus dem Glas heraus. Wiederum hieß es lautstark "iiiiiiigittt". Als die Kinder dann das Färben von Flüssigkeiten beobachten konnten und hörten, dass Cola eigentlich gar nicht dunkelbraun sein muss, dürfte vielen die Lust auf dieses Getränk zumindest kurzzeitig vergangen sein.

Zum Schluss ließ der Chemiker es noch einmal so richtig knallen. Vincent, Sebastian, Hannah und Sarah und die anderen waren restlos begeistert. Kein Zweifel, so macht ihnen Uni Spaß. Zwar hatten sie diesmal ganz weit hinten gesessen, auf großen Leinwänden aber dennoch jedes Experiment genau verfolgen können. Ein wenig anspruchsvoller gab sich eine kleine Gruppe von 12-jährigen Damen aus der sechsten Klasse: Sie hätten sich an einigen Stellen, wo kindgerecht vom "Zaubertrank" die Rede war, ein paar Erklärungen mehr gewünscht. Schließlich habe Prof. Schindler doch selbst gesagt "Chemie ist keine Zauberei." Was will der Erwachsene mehr: Kinder stellen Fragen und verlangen nach Antworten. Ein erstes Interesse für Chemie wurde bei der Vorlesung auf jeden Fall geweckt.

Die Mütter-Taxi fürs nächste Mal sind schon bestellt. Am 28. Juni wird es in der Uni-Aula um ein Thema ganz anderer Art gehen: "Wie Babys die Welt sehen?" lautet dann die Frage, gestellt von Prof. Dr. Gudrun Schwarzer.

Charlotte Brückner-Ihl