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Neuartiger elektrischer Weltraumantrieb

Verzicht auf chemische Triebwerke: Gießener Physikerinnen und Physiker untersuchen im Rahmen des EU-Projekts MINOTOR neue Antriebskonzepte für Satelliten

Nr. 243 • 12. Dezember 2016

Ionentriebwerke werden in der Raumfahrt immer häufiger eingesetzt: Führende Satellitenhersteller verzichten bereits vollständig auf chemische Triebwerke im Weltraum und setzen auf das sogenannte „All-EP“-Konzept (EP = Electric Propulsion, elektrischer Antrieb) – ein Gebiet, auf dem Physikerinnen und Physiker der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) schon lange Pionierarbeit leisten. Im Rahmen des EU-Projekts MINOTOR (Magnetic Nozzle Thruster with Electron Cyclotron Resonance) untersuchen sie nun ein neuartiges Antriebskonzept für Satelliten, das auf der Ionisation des Treibstoffs mittels Mikrowellen beruht. Das Konsortium von MINOTOR setzt sich aus sieben Partnern aus vier Ländern zusammen. Die EU fördert das Projekt mit rund 1,48 Millionen Euro. Auf die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Peter J. Klar (I. Physikalisches Institut der JLU) entfallen davon rund 153.000 Euro. Das Projekt beginnt im Januar 2017 und läuft über drei Jahre.

„Diese Bewilligung bestätigt eindrucksvoll die Gießener Expertise bei der Erforschung und Entwicklung von Raumfahrtantrieben, die eine lange Tradition an unserer Universität hat“, so JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee. „Ich gratuliere den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern herzlich zu diesem Erfolg.“

Ionentriebwerke basieren auf dem Ausstoß eines ionisierten Treibstoffs über elektromagnetische Felder. Bei dem neuen Antriebskonzept ermöglicht die geschickte Anordnung von Magneten eine sehr effiziente Treibstoffionisation durch die Ausnutzung der Elektron-Zyklotron-Resonanzbewegung von Elektronen. Die Magnetstruktur bildet zudem eine düsenartige Feldkonfiguration aus, durch die der Treibstoff ausgestoßen wird. Ein Vorteil dieses Konzepts ist der gleichzeitige Ausstoß von positiv und negativ geladenen Teilchen. Dadurch werden keine weiteren Komponenten zur Strahlstrom-Neutralisation benötigt, die oftmals eine kritische Komponente von Triebwerken darstellt.

Elektrische Weltraumantriebe haben darüber hinaus noch mehrere Vorteile: Es können enorme Mengen an chemischen Treibstoff eingespart werden, wodurch eine höhere Nutzlast transportiert werden kann oder Satellitenstarts auch deutlich kostengünstiger werden. Die Treibstoffersparnis liegt darin begründet, dass Ionenantriebe wesentlich höhere Ausstoßgeschwindigkeiten des Treibstoffs erzeugen als konventionelle chemische Antriebe.

Die Gießener Raumfahrt-Aktivitäten auf dem Gebiet der Ionentriebwerke für Satelliten und Raumfahrzeuge haben eine mehr als 50-jährige Tradition und sind in den vergangenen Jahren gezielt ausgebaut worden, unter anderem durch Kooperationen mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Einführung des in Deutschland einzigartigen Zweigs „Atom-, Plasma- und Raumfahrtphysik“ im Masterstudiengang Physik. In den Jahren 2012 bis 2014 hat das Land Hessen im Rahmen der Exzellenzinitiative LOEWE die Entwicklung von Ionentriebwerken und die Erforschung grundlegender plasmaphysikalischer Fragestellungen mit insgesamt rund 3,8 Millionen Euro gefördert.

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www.uni-giessen.de/fbz/fb07/fachgebiete/physik/einrichtungen/ipi/ag/ag5n

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Forschung