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Der selbständige Lehrstuhl Physik wird 1838 mit der Berufung Heinrich Buffs begründet. In einem Neubau seines Wohnhauses richtet Buff mit privaten Mitteln einen Hörsaal und Laborräume ein. Erst von 1844 an zahlt ihm der hessische Staat Miete und ersetzt die Kosten für das Mobiliar. Buff, der den Lehrstuhl drei Jahrzehnte innehat, ist in dieser Zeit einer der angesehensten Vertreter seines Fachs in Deutschland. Er befasst sich mit der Elektrizität, besonders mit Elektrolyten und mit gasdynamischen Problemen.
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1879 wird Wilhelm Conrad Röntgen als Nachfolger Buffs berufen. In seiner wichtigsten Arbeit während seiner Gießener Zeit gelingt der Nachweis der von Maxwell eingeführten magnetischen Wirkung des Verschiebungsstromes. Der Versuch gilt als Beweis der Maxwellschen Theorie und als Muster raffiniertester Messkunst. Mit der Anrordnung unternimmt der 1888 in Gießen, kurz vor seinem Weggang nach Würzburg, erste Versuche zur experimentellen Bestätigung der Lorentzschen Theorie der Dielektrika. Diese Experimente hat Röntgen selbst von der wissenschaftlichen Bedeutung höher eingeschätzt als die 1895 von ihm gefundene Strahlung, für deren Entdeckung er 1901 den ersten Nobelpreis für Physik erhielt.
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Nachfolger Röntgens wird 1889 Franz Himstedt, zuvor Ordinarius in Darmstadt. Von ihm stammen Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen elektrostatischen und elektrodynamischen Einheiten, die elektromagnetische Wirkung bewegter elektrischer Ladungen und über elektromotorische Kräfte.
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Otto Wiener erhielt den Ruf nach Gießen im Jahre 1895. Er wurde durch den experimentellen Nachweis stehender Lichtwellen in der Fachwelt bekannt. 1899 folgt er einem Ruf nach Leipzig.
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Der Nachfolger Wilhelm Wien, zuvor a. o. Professor in Aachen, bleibt nur zwei Semester in Gießen. 1900 weiht er den Neubau des Instituts ein und geht danach als Nachfolger von Röntgen nach Würzburg. 1911 erhält er den Nobelpreis für seine Strahlungsgesetze.
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1900 wird Paul Drude berufen, bekannt u.a. durch seine Arbeiten auf dem Gebiet der Optik und der elektrischen Wellen. Drude beschäftigt sich mit der Erweiterung der Maxwellschen Gleichungen zur Erklärung magnetooptischer Erscheinungen sowie mit der Beziehung der Dielektrizitätskonstanten zum optischen Brechungsindex. Die bedeutendsten Arbeiten in Gießen sind die über das „Elektronengas in Metallen“. Drude folgt 1905 einem Ruf nach Berlin.
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1905 erhält Walter König das Ordinariat für Experimentalphysik an der Universität Gießen. König befasst sich mit vielen unterschiedlichen Gebieten, mit optischen, elektrischen und magnetischen Eigenschaften von Festkörpern, mit Hydrodynamik, elektrischen Wellen und Meteorologie.
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Nachfolger Königs wird 1930 Walter Bothe. Ihm gelingt in Gießen die Entdeckung des angeregten Atomkerns. Er bleibt allerdings nur 2 Jahre in Gießen. Bothe erhält 1954 den Nobelpreis für Physik, 24 Jahre nach seiner wichtigsten Entdeckung, der künstlichen Kernanregung.
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1932 wird Christian Gerthsen als Ordinarius für Experimentalphysik berufen. Das wissenschaftliche Interesse Gerthsens gilt Stößen schneller atomarer Teilchen. Gerthsen hat die Idee, die Ionen mittels Umladung zweimal hintereinander die gleiche Spannung durchlaufen zu lassen; dies ist das Grundprinzip des Tandembeschleunigers. Er zeigt, dass Ionen genügend hoher Energie beim Zusammenstoß mit Atomen oder Molekülen die Emission charakteristischer Röntgenstrahlung anregen. 1939 wird Gerthsen an die Universität Berlin berufen.
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1941 wird Wilhelm-Hanle Institutsleiter. Hanles wissenschaftliche Arbeiten und Interessen überdecken ein weites Spektrum: Optische und elektrische Eigenschaften von Festkörpern, Wechselwirkung energiereicher Strahlung mit Materie, Plasmaphysik und kernphysikalische Probleme. Wieder aufgegriffen werden atomspektroskopische Arbeiten aus seiner Göttingen Zeit: Level-crossing („Hanle-Effekt“).
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Nachfolger Hanles wird 1969 Arthur Scharmann. Die Forschungsinteressen Scharmanns sind wie die seines Vorgängers sehr breit gefächert und liegen im Bereich der Festkörperphysik, der Atomphysik, der Kernphysik und auch der Medizinischen Physik. Er beschäftigt sich u.a. mit der Zerstäubung von Festkörpern beim Beschuss mit Ionen (Sputtern). Lumineszenzphänomenen anorganischer Kristalle, der Exoelektronenemission und der Festkörperdosimetrie. In seine Zeit als Institutsleiter fällt auch der Beginn der Gießener Aktvitäten auf dem Gebiet der Ionentriebwerke, die bis heute in der interplanetaren Raumfahrt verwendet werden.
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1996 wird Bruno Meyer auf den Lehrstuhl des I. Physikalischen Instituts berufen. Die Forschungsausrichtung des Instituts wird fokussiert auf Themen der modernen Festkörperphysik und der Materialwissenschaften. Dies beinhaltet die Materialherstellung, die Charakterisierung bis hin zur Herstellung von Bauelement-Prototypen. Zur Verfügung stehen u.a. diverse Dünnschicht-Technologien (Sputtern, Gasphasen-Epitaxie, Molekularstrahl-Epitaxie etc.), ein Reinraum zur Mikro- und Nanostrukturierung (Fotolithografie und Elektronenstrahl-Lithografie) sowie ein umfangreicher Gerätepool zur Festkörperanalytik.